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Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies

Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies

OT: Christina, princesse de l'érotisme
TRASH: P/F/LUX, 1971
Regie: Jess Franco
Darsteller: Christina von Blanc, Britt Nichols, Howard Vernon, Paul Müller

STORY:

Christina, die anscheinend ihren Vater nie wirklich kennen gelernt hat, reist nach dessen Tod auf sein Schloss zur Testamentseröffnung. Auf dem Weg dorthin rastet sie in einer Gaststätte und erfährt, dass im Schloss niemand wohnt und sie sich besser fern hält. Die Warnung ignorierend gelangt sie kurz darauf ins Schloss und trifft auf die ebenfalls im Sterben liegende Stiefmutter, ihren Onkel und eine lesbischen Freundin.

Nachdem auch die Stiefmutter gestorben ist, verschwimmen Realität und Traum endgültig. Christina wird nachts von einer Dame in schwarz - der "Königin der Nacht" - verfolgt und von ihr gerufen, sieht ihren toten Vater trotz Strick um den Hals wieder recht lebendig und wird auf einer schwarzen Messe geopfert...

KRITIK:

Was für ein seltsamer Titel für einen noch seltsameren Film. So sollte der Film vermutlich auch nie heißen. Aber dazu später.

Mit einer halben Flasche Wein sieht man alles lockerer, auch Filme von Jess Franco… oder besser - erst richtig. Inzwischen weiß ich, worauf ich mich bei ihm einlassen muss und mit was ich rechnen kann. Dennoch fällt es auch bei klarem Kopf nicht leicht, aus dem Gewirr, das Franco hier liefert, eine Handlung heraus zu filtern. Spätestens nach 20 Minuten verlässt Franco jeden narrativen Pfad und reiht scheinbar zusammenhanglos Visionen in minutenlangen, wunderschönen Fotografien aneinander, während alle Anwesenden in voller Tiefgründigkeit über Leben und Tod sinnieren.

Gedreht wurde "Una Vergine tra i Morti Viventi" 1971 in Portugal, finanziert haben ihn italienische, französische und liechtensteinische Geldgeber, seine Uraufführung erlebte er 1973 in Frankreich, vermutlich unter dem Titel "Christina, princesse de l'érotisme". So abenteuerlich seine Entstehung ist, so abenteuerlich ist sein weiterer Werdegang. Auf irgendwelchen Pfaden gelangte der Film 1980 in die Hände von Verleihern, die auf die grassierende Zombiewelle aufspringen wollten. Sie beauftragten daher Jean Rollin, ein paar Zombieszenen nachzudrehen und sie in dem Film zu schneiden. Diese Fassung gab dem Film dann seinen reißerischen deutschen Titel und führte natürlich dazu, dass alle gorehungrigen Kinogänger geradezu vor den Kopf gestoßen wurden.

In Francos Version tauchen natürlich keine Zombies auf, Untote schon, aber eben keine fleischfressende. Dafür gibt es einen passenden Soundtrack von Morricones Wegbegleiter Bruno Nicolai (und unverkennbar morricone-like), der leider mit einen Synthiedudelsoundtrack ergänzt wurde, den irgendwelche Studiomusiker in den 80ern dazu gepackt haben - und zwar immer dann, wenn Nicolai mal schweigt. Dass dieses Gedudel sowohl qualitativ als auch musikalisch deutlich weniger passt als der Originalsoundtrack, steht außer Frage, allerdings trägt die permanente, wabernde Soundkulisse auch wiederum dazu bei, den Zuschauer gaga zu machen. Delierend ist auch Francos Erkennungszeichen par excellence, seinem wilden Rumgezoome, dem er sich hemmungslos hingibt und das darüber hinwegtäuscht, dass die Kamera selbst vollkommen statisch ist.

"Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies" gehört sicher zu den merkwürdigsten 75 Minuten Film, die jemals belichtet wurden. Bei der Beerdigungszeremonie etwa gleich zu Beginn sitzt(!) die Tote auf einem Stuhl, ihr Bruder spielt in einer Weise Orgel, bei der man sich eher in einer Bar als auf einer Trauerfeier denkt (mit Kippe im Mund), und ihre Freundin - die nymphomanische, kettenrauchende Lesbe - lackiert sich dabei gelangweilt die Zehennägel.

Dafür liebe ich Franco.

Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 1
Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 2
Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 3
Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 4
Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 5
Eine Jungfrau in den Krallen von Zombies Bild 6
FAZIT:

Junge, Junge... Es ist ausgesprochen schwer, hierfür die passenden Worte zu finden. Selbstverständlich versagen bei diesem sleazigen, pseudogruseligen Stück Billigkino alle gängigen Bewertungskriterien. Trotzdem - oder gerade deswegen - ist Francos Film aber ein vollkommen verstörendes, morbid psychedelisches Werk, das zwar mit allen dramaturgischen Konventionen bricht, aber seltsamerweise dennoch eine Suggestivkraft entwickelt.

WERTUNG: 7 von 10 psychedelischen Zooms auf die Königinnen der Nacht
TEXT © Marcel
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Johannes | 22.01.2010 17:41
"seinem wilden Rumgezoome"... und das mit dem Fokus hat der gute Mann auch nicht wirklich drauf. :D

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Chris | 18.01.2010 22:12
Schön geschrieben. : )
Und ja, die Filme des guten alten Jess kann man mit normalen Maßstäben einfach nicht zu bewerten.
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