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Katharsis

Katharsis

THRILLER: ÖSTERREICH, 2010
Regie: Kawo Reland
Darsteller: Kawo Reland, Rudy Ruggiero, Barbara Kaudelka, Erwin Leder, Marie Christine Friedrich, Herman van Veen

STORY:

Erst spät klären sich im Puzzlethriller "Katharsis" die Handlungsfäden: Wird Paul Saibel wirklich von seiner Frau Lisa betrogen? Was hat es mit dem merkwürdigen Sprengstoffanschlag auf einen Fernseh-Sendemast auf sich? Wie eine Marionette lässt sich Paul in die erotische Affäre mit der geheimnisvollen Janette und tief in einen Strudel mysteriöser Ereignisse um seinen allmächtigen Bruder Sam und den Mordermittler Eric Scanetti ziehen. Nach einem Telefonat wird nichts mehr sein wie es war...

KRITIK:

"Katharsis" lautet der verheissungsvolle Titel des Erstlingsspielfilmes von Kawo Reland ("Bunnylove"). Ein Werk, das eigentlich schon in den Jahren 2004 und 2005 gedreht wurde, aufgrund der langen Nachbearbeitungszeit und verschiedenster anderer Umstände aber erst jetzt auf die Leinwand kommt. "Katharsis" ist ein in vielerlei Hinsicht bemerkenswerter Film. In dem gerade mal 30.000 Euro teuren Independent-Film gibt es eine schier unglaubliche Anzahl von Drehlocations sowie einen erstaunlich großen, internationalen Cast mit teilweise auch bekannteren Darstellern.

Dabei ist "Katharsis" kein Film der nach Aufmerksamkeit schreit. Vielmehr handelt es sich zum einen um eine nicht zu übersehende Hommage an Meisterregisseur David Lynch, zum anderen aber auch um eine vollkommen eigenständige aber gleichzeitig äußerst komplex strukturierte Geschichte, welche fast 90 Minuten lang die vollste Aufmerksamkeit des Zusehers verlangt. Anders gesagt bedeutet das: "Katharsis" ist kein leicht zu konsumierender Film, sondern sorgt aufgrund seiner Struktur für gewollte Orientierungslosigkeit beim Zuseher. Für ein Erstlingswerk ein ungewöhnliches Faktum, auch deshalb, weil der Film damit so ziemlich alles tut, um sich sämtlichen Parametern für eine massentaugliche Vermarktung zu entziehen. Wenn man vom fast immer funktionierenden "Sex-Parameter" einmal absieht... Und nichts desto trotz ist "Katharsis" - vielleicht gerade wegen dieser erwähnten Umstände ein durchaus sehenswertes, spannendes Mysterydrama, das nach seinem Ende nicht einfach aufhört, sondern im Kopf des Zusehers weiterläuft - sofern er es zulässt.

Zur Geschichte: Zu Beginn erhält ein Mann, Paul Saibel (Kawo Reland), den Anruf seines Bruders Sam, gespielt von Tiberius Stanciu. "Hast Du`s schon getan?" lautet die Frage des Bruders und das im Hintergrund stehende Bild, welches den Angerufenen zusammen mit seiner Frau zeigt, lässt uns zusammen mit der nächsten Szene, in welcher eine Schußwaffe zu sehen ist, sogleich in die richtige Richtung denken.

Was von dort an weg passiert, lässt sich nur schwer in Worten bzw Sätzen wiedergeben, denn von nun an bewegen wir uns durch mehrere Zeitebenen und Parallelhandlungen, welche zumindest in den folgenden 60 Minuten noch keinen sinnvollen Zusammenhang für die meisten Zuseher ergeben werden.

Kleiner Vorgeschmack:

Da wäre einerseits der Mord von Paul Saibel, begangen an seiner Frau Lisa Stiller (Celine Costa), einer beliebten Jazzsängerin. Während Paul zwecks Beseitigung mitsamt der Leiche im Kofferraum über die Landstraße rast, hat einige Kilometer entfernt ein mutmasslicher Terrorist nichts besseres zu tun, als einen Tankwagen zu klauen und damit einen Fernsehmast in die Luft zu sprengen. Dieser Umstand rettet Paul Saibel auch schließlich bei einer Polizeikontrolle aus der Gefahr, als Mörder seiner Frau entdeckt zu werden. Jener kontrollierende Zivilpolizist (Daniel Micheel) wird in seinem Handeln von nun an ebenfalls in der Storyline weiterverfolgt und so landen wir schließlich bei Sonderermittler Eric Scanetti (Rudy Ruggiero), der sich den Fall mit dem Sprengstoffanschlag etwas näher unter die Lupe nimmt.

Die Spur führt schließlich über Paul Saibels Bruder Sam, hin zu einem Mann namens "Lugman", gespielt von Erwin Leder (Underworld, Das Boot, Angst). Dieser scheinbar vom Wahnsinn Besessene gesteht den Sprengstoffanschlag auf den Fernsehmast und versucht den Ermittlern weißzumachen, dass der gesamte Planet durch die Vielzahl an existierenden Fernsehgeräten vom Teufel höchstpersönlich unterminiert wurde. Währenddessen macht im anderen Handlungsstrang Paul Saibel wiederrum Bekanntschaft mit der attraktiven Janette (Barbara Kaudelka in ihrer wohl freizügigsten Rolle). Janette ist wiederrum niemand anderer als eine Freundin von Lisa, Pauls ermordeter Frau. Paul und Janette beginnen eine Liebesbeziehung, aber irgendwie scheint die Sache nicht wirklich zu funken, denn es scheint für Paul schwieriger zu sein die Vergangenheit hinter sich zu lassen, als er dachte.

Abgekürzt sei an dieser Stelle noch auf folgende auftretende Figuren verwiesen:

Rebecca Sunshine (Marie Christine Friedrich), ein ständig zugekokster Möchtegern-Fernsehstar, Claude Ami (Arthur Denberg), ein Transvestit, der gerne so sein würde wie Lisa, die ermordete Jazzsängerin. Weiters eine verkorkste Psychologin (Andrea Schramek), die von Visionen geplagte kleine Tochter (Lena Micheel) jenes Zivilpolizisten der Paul Saibel auf der Landstrasse kontrollierte und ein als "Gewissen" fungierender Priester, von niemand geringeren gespielt als Weltstar Herman van Veen. Ach ja und da wäre noch der skurill-unheimliche Mann mit Zylinder, dessen Gesicht wir kein einziges Mal zu sehen bekommen, der die "Wahrheit" aber zu kennen scheint... (Manuel Girisch)

Ist Ihnen das jetzt schon alles zuviel? Dann ist es möglicherweise nicht der richtige Film für Sie. Sind Sie neugierig geworden? Dann sehen Sie sich ihn an und lassen Sie sich überraschen, was neben dem üblichen Kabarett- und Plattenbaufilm noch so alles aus Österreich kommt... Sie werden erstaunt sein.

"Katharsis" ist ein über weite Strecken sehr dunkler, eng kadrierter Film, der mit seinem fantastischen aber großteils bösen Score für eine sehr dichte Atmosphäre sorgt, die wohl nicht ganz zufällig an Filme wie Lost Highway oder Mulholland Drive erinnert. Neben der Musik sei auch das großteils sehr professionell agierende Ensemble hervorgehoben, allen voran die Hauptdarsteller Kawo Reland, Barbara Kaudelka, vorallem aber Erwin Leder, der mit seiner mitreissenden Darstellung des Medienhassers Sigfried Lugman von allen Darstellern am meisten in Erinnerung bleibt.

Auch Marie Christine Friedrich liefert als zugekokster Möchtegern-Fernsehstar eine beeindruckende Performance ab. Positiv erwähnt werden muss auch der Schnitt des Films, der an vielen Stellen zwar mehr Entspannungs- oder besser gesagt Nachdenkpausen für den Zuseher bieten hätte können, jedoch im großen und ganzen die Filmhandlung sehr zügig und interessant zur Geltung bringt. Die verrückte (und wohl schnellste in meinem Leben je gesichtete) Schnittsequenz am Ende des Films, ist in Kombination mit dem orchestralen Sound ein wahrer Leckerbissen für Cineasten.

Nichts desto trotz hat Katharsis als Erstlings-Spielfilm freilich auch seine Schwächen. Die finden sich beispielweise in der budgetbedingt nicht immer ganz optimalen Ausstattung mancher Szenen, sowie da und dort bei etwas fragwürdigen Kostümen. Im übrigen kann man auch die Besetzung der beiden Polizisten hinterfragen, bei denen man sich etwas mehr Lebendigkeit gewünscht hätte, um hier einen größeren Kontrast zur introvertiert angelegten Figur von Paul Saibel zu erzielen. Nicht unerwähnt bleiben sollte vielleicht auch die Tatsache, dass Katharsis eine Indpendentproduktion aus den Jahren 2004/2005 ist und damals der Gebrauch von HD Kameras noch so gut wie nicht gegeben war. Das doch sehr weiche DV-Bild lässt auf einer großen Leinwand vorallem in den totalen Einstellungen eine gewisse Schärfe vermissen. Allerdings ist auch das ein Umstand der nicht weiter ins Gewicht fällt und relativ bald kaum mehr auffällt. Trotz dieser Kritik: Sehenswert ist Katharsis allemal!

Katharsis Bild 1
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FAZIT:

"Katharsis" ist ein außergewöhnlicher Puzzlethriller (Definition der ausführenden Produktionsfirma) aus Österreich und aufgrund seiner schwierigen Struktur eine besondere Herausforderung für den Zuseher. Um die gesamte Geschichte in allen Ebenen chronologisch richtig zu erfassen (inklusive der Bedeutung aller im Film vorkommenden Figuren), ist fast 90 Minuten lang die geistige Mitarbeit des Zusehers gefragt. Katharsis ist bewusst darauf ausgelegt den Betrachter nach einiger Zeit die Orientierung verlieren zu lassen um ihm am Ende eine Chance zu geben, diese wieder zufinden. Wenn der Zuseher das möchte, ist er gezwungen den gesamten Handlungsablauf noch einmal Revue passieren zu lassen und alles richtig zu decodieren. Wem das gelingt, wird erstaunt sein, an wieviele Details die Filmemacher gedacht haben. Gelingt es nicht, so wird der Film als sehr ungewöhnlicher Independentfilm aus Österreich, in Form eines einzigen großen Mysteriums in Erinnerung bleiben. Auch das kann freilich interessant sein.
Zu sehen ab 15.4.2011 im Wiener Schikaneder-Kino.

WERTUNG: 8 von 10 Puzzleteilen
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Dein Kommentar >>
gudrun | 24.12.2010 11:39
Dem kann ich mich nur anschließen, ein wirklich sehenswerter Film!
>> antworten
HomeMovieCorner | 12.12.2010 19:56
Verd... den wollte ich auch rezensieren! Aber so gut wäre der Film bei mir nicht weggekommen. Aber wahrscheinlich deswegen, weil ich mit Lynch wirklich nicht viel anzufangen weiß. "Katharsis" ist aber schon sehr sehenswert, vor allem das Schauspiel hat mir wirklich getaugt.
chris lumis | 22.02.2014 00:23
wo bekommt man den film???
Harald | 22.02.2014 07:41
ich würd den Regisseur direkt kontaktieren. Facebook
oder sowas.
>> antworten