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Die Zeit der Geier

Die Zeit der Geier

OT: Il Tempo degli Avvoltoi
ITALOWESTERN: Italien, 1967
Regie: Nando Cicero
Darsteller: George Hilton, Frank Wolff, Pamela Tudor, Eduardo Fajardo

STORY:

Im Grunde beginnt DIE ZEIT DER GEIER recht romantisch. Nämlich im Heu. Dort liegt nämlich der heißblütige Rancharbeiter Kitosh mit der Frau eines Kollegen. Als der tatsächlich Angetraute hinzukommt, wird's allerdings weniger heimelig. Es setzt vier Peitschenhiebe (und zwei Zugaben) vom Don und Rancheigner Mendoza zur Abkühlung. Doch als der Womanizer neben der Badewanne von Mendozas eigener Frau erwischt wird, ist endgültig Schluss mit Lustig. Mit einem Brandzeichen versehen wird Kitosh vom Hof gejagt. Kurz darauf schließt sich Kitosh dem stets schwarzgekleideten, sadistischen Outlaw Tracey an. Der verstrickt Kitosh immer tiefer in einen Strudel aus Verbrechen und Gewalt; bis es in einer Steinkapelle zum Showdown mit Don Mendoza kommt...

KRITIK:

Frank Wolff in der Rolle des "Schwarzen Tracey".  Ein unter Blutrausch, Misogynie und epileptischen Anfällen (!) leidender schwarzgekleideter Killer, gibt in Nando Ciceros DIE ZEIT DER GEIER den Takt vor.

Dies ist ein recht grimmiger Grundton, wenn man den kaum verhohlenen Frauenhass betrachtet, den Wolffs Figur in ihren vielen niederträchtigen Ausfällen gegenüber der weiblichen Darstellerriege (siehe die "Glockenszene" mit Pamela Tudor, die "Teller-Eintopf"-Szene mit der hinreißenden Femi Benussi und den flammenden Abschiedsgruß gen der blinden Maria Grazia Marescalchi) offenbart. Es genügt auch ein kurzer Blick auf den Leichenberg, den Wolffs Sechsschüsser in diesem Film auftürmt, um zu wissen, dass DIE ZEIT DER GEIER einer der dreckigeren Vertreter seiner Zunft sein möchte.

Die Figur des "Schwarze Tracey" ist sicherlich der passende Sadist für einen solchen. So böse gezeichnet, dass Wolff sich sogar eine latente Lustlosigkeit im Spiel erlauben kann, um ihr vollauf gerecht zu werden. Oder ist es gerade diese unbeteiligte Miene, die die Dinge manchmal so ungemütlich werden lässt? Wobei wir an dieser Stelle die Kirche auch im Dorf lassen sollten: In ganz so tiefe nihilistische Abgründe wie etwa Corbucci beim Ende seines LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG taucht Nando Cicero hier dann doch nicht. Und auch wenn der "Schwarze Tracey" ein Schweinehund vor dem Herrn ist, so ist er noch lange kein Frank, Duncan oder Loco.

Trotzdem ist DIE ZEIT DER GEIER freilich kein Western für Leute, die ihre Filme mit grundehrlichen, heroischen Identifikationsfiguren bevorzugen. Aber so ist er eben, der Italowestern. Betont anti-heroisch und stolz darauf, der dunkle, dreckige Vetter des amerikanischen Western zu sein. Von dieser Warte wird DIE ZEIT DER GEIER keinen Fan enttäuschen; allerdings auch nicht zwingend begeistern.

Ohne Frage verfügt dieser Film über eine kultige Darstellerriege und ein passables Skript. Zweifelsohne wurde er routiniert in Szene gesetzt. Doch verlässt sich Cicero im Grunde zu sehr auf die altbekannten Szenarien. Szenarien, denen diesmal allerdings etwas die atmosphärische Schützenhilfe des Scores fehlt. Hier haben wir nämlich den seltenen Fall, dass ein von Piero Umiliani komponierter Soundtrack nicht überzeugen kann.

Dennoch ist DIE ZEIT DER GEIER alles in allem ein annehmbarer Genrebeitrag geworden; mit einer Extraportion Ruppigkeit hier und dort. Prächtigen bildgewaltigen Pathos (wie bei Leone), klamme, beunruhigende Düsternis (wie bei LEICHEN PFLASTERN SEINEN WEG) oder echte Überraschungen (wie bei TÖTE, DJANGO) gibt es indes nicht. Oder vielleicht doch: Wer hat auf George Hiltons Gesichtsausdruck geachtet, als ihn Eduardo Fajardo am Anfang des Films mit der Peitsche züchtigt? Und wer hat ihn sonst noch als irgendwie irritierend aufgefasst?

Die Zeit der Geier Bild 1
Die Zeit der Geier Bild 2
Die Zeit der Geier Bild 3
Die Zeit der Geier Bild 4
Die Zeit der Geier Bild 5
FAZIT:

Frank Wolff gibt hier einen memorablen Killer. Die Komponente "Epilepsie" in der Kombination "Blutdurst" und "Misogynie" ist neu. Diese Formel - personifiziert in der Gestalt des "Schwarzen Tracey" gibt durchaus den Takt vor; in diesem routiniert gemachten Italowestern von Nando Cicero. Wir dürfen also mit einer Extraportion Ruppigem rechnen. Ein Meisterwerk indes sollte niemand erwarten; dazu sind die Szenarien doch zu sehr nach bekanntem Schema aufbereitet und der Score zu langweilig. Für Freunde der Zunft ist DIE ZEIT DER GEIER dennoch jeden Cent wert. Weil: Ein Film, indem Hilton und Wolff gemeinsam Leichenberge produzieren, die hinreißende Femi Benussi betört und ein Eduardo Fajardo die Peitsche schwingt, kann natürlich nicht schlecht sein. Liegt dank Koch Media nun endlich auch auf DVD vor; gut so!

WERTUNG: 6 von 10 epileptischen Anfällen
TEXT © Christian Ade
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