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Feuerstoss

Feuerstoss

OT: Una magnum speciale per Tony Saitta
GIALLO/COP-THRILLER: I, 1976
Regie: Alberto de Martino
Darsteller: Stuart Whitman, Martin Landau, Tisa Farrow, John Saxon

STORY:

Die kleine Schwester von Ottawas härtesten Cop wird ermordet. Captain Saitta vermutet den Täter im Umfeld des Colleges, welches seine Schwester besucht hat. Also gibt er seiner Magnum einen lockereren Sitz im Holster und knöpft sich angefangen mit dem Professor, der mit dem Opfer ein außereheliches Verhältnis gepflegt haben soll, die Reihen der Verdächtigen vor…

KRITIK:

Und wir knöpfen uns heute jenen Grenzgänger-Giallo mit dem ominösen Titel FEUERSTOSS vor. Hier wirkt nicht nur das Pseudonym "Martin Herbert" des vor allem wegen seines L´ANTICRISTO bekannten italienischen Regisseurs Alberto de Martino amerikanisch, sondern irgendwie die gesamte Produktion. Man merkt den Film seine italienische Schirmherrschaft kaum an. Nur in einigen wenigen Szenen schimmert sie (und damit auch der Giallo) durch.

Dennoch findet sich FEUERSTOSS in so ziemlich jeder Titellistung des gelben Genres und soll daher auch bei uns im entsprechenden Rahmen gewürdigt werden. Allerdings hat de Martino die zwar vorhandenen, aber sehr dezent eingesetzten Giallo-Elemente geschickt unter vielen Reminiszenzen an DIRTY HARRY und das Actionkino versteckt, so dass sie nicht gleich augenscheinlich werden. Die Tarnkappe eines amerikanischen Cop-Thrillers aus den 70ern sitzt perfekt: Da ist zunächst einmal der kanadische Schauplatz. Die wilden Verfolgungsjagden mit Amischlitten bei hohem Demolierungswert. Es wird sich mit Transvestiten handfest geprügelt, Zeugenbefragungen mit gezückter Magnum durchgeführt und Hubschrauber vom Himmel geschossen.

Zuvor im Vorspann wimmelt es nur so von amerikanischen Namen. Stuart Whitman, der in fast so vielen B- und C-Movies mitgespielt wie Jess Franco gedreht hat und hier perfekt den alt gedienten, harten Bullenknochen mit locker sitzendem Revolver spielt, ist natürlich ein waschechter Amerikaner. Aber die Herren Vincent Mann und Frank Clark, die laut den Credits das Drehbuch geschrieben haben, heißen in Wirklichkeit Vincenzo Mannino und Gianfranco Clerici. Letztgenannter hat ein paar Jahre später übrigens die Story zu Deodatos berüchtigten CANNIBAL HOLOCAUST geschrieben, aber das nur so nebenbei.

Bei FEUERSTOSS haben sich die beiden Drehbuchautoren auf alle Fälle an einer gewagten Kombination verschiedener Stilmittel probiert und letztendlich eine interessante Geschichte hinbekommen. Denn die Mixtur aus Bullenfilm, Racheflick, Giallo und Whodunit harmoniert viel besser als gedacht. All die Actionrandale und zu Schrott gefahrenen Autos, mit denen de Martino hier aufwartet, fußen letztendlich auf dem soliden Fundament eines undurchsichtigen und wendungsreichen Mordfalls mit vielen ambivalenten Figuren. Und da gibt es dann doch noch - untermalt von Trovajolis stimmungsvollen Score - ein paar rare, aber erlesene gialloeske Momente und Morde. Wobei einer davon viele Jahre später in Argentos DO YOU LIKE HITCHCOCK? als fast einstellungsgleiche Coverversion noch mal zu sehen ist; gerade so als hätte der Altmeister - wissentlich oder zufällig - in dieser Szene nicht Hitchcocks Werke, sondern FEUERSTOSS zitiert.

Dennoch gibt die eher amerikanisch orientierte, actionreiche Machart des Films dem Regisseur leider nicht allzu oft Gelegenheit zur eleganten oder morbiden Inszenierung, wie man sie von Gialli reineren Wassers gewohnt ist. Dafür kommt man in den Genuss eines wirklich grandiosen mit vielen Synchron-Stunts glänzenden Car Chase. Und welcher herkömmliche Schwarzer Handschuh-Thriller hat schon so einen im Repertoire?

PS: Leider ist die deutsche (auch unter dem Titel TOD IM COLLEGE) firmierende DVD von FEUERSTOSS massiv geschnitten; allerdings so geschickt (oder großflächig?), dass die Cuts dem Unbedarften ohne Infos aus der OFDB, nie und nimmer auffallen würden. Meine Bewertung gilt also auch für die geschnittene Fassung.

Feuerstoss Bild 1
Feuerstoss Bild 2
Feuerstoss Bild 3
Feuerstoss Bild 4
Feuerstoss Bild 5
FAZIT:

Dezente Giallo-Elemente unter der Tarnkappe eines Action-/Bullenfilms amerikanischen Zuschnitts aus den tiefen Siebzigern. Das bedeutet: Stuart Whitman als knallharter Cop im kanadischen Ottawa, wilde Autoverfolgungsjagden und locker sitzende 45er. Aber auch gelungenes Whodunit mit ambivalenten Figuren, gialloesken Momenten und vielen Twists. Für Genrepuristen gewöhnungsbedürftig, aber lohnenswert.

WERTUNG: 7 von 10 eingetretenen Scheißhaustüren
TEXT © Christian Ade
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