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Four Flies on Grey Velvet

Four Flies on Grey Velvet

OT: 4 Mosche di velluto grigio
GIALLO: ITALIEN, 1971
Regie: Dario Argento
Darsteller: Michael Brandon, Mimsy Farmer, Jean-Pierre Marielle, Bud Spencer

STORY:

Der Schlagzeuger Roberto wird von einem unbekannten Mann verfolgt. Als der Musiker seinen Verfolger in einem Theater stellt, kommt es zu einem Handgemenge mit scheinbar tödlichem Ausgang. Von der Empore aus hat eine maskierte Gestalt das Geschehen fotografiert. Diese plant allerdings nicht, Roberto mit den brisanten Bildern zu erpressen; nein, sie hat viel Schlimmeres mit ihm vor…

KRITIK:

FOUR FLIES ON GREY VELVET aus dem Jahr 1971 ist der fulminante Schlusspunkt von Argentos Tiertrilogie, die er mit THE BIRD WITH THE CRYSTAL PLUMAGE begonnen und mit DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE fortgeführt hat.

Auch wenn Argento in der Folgezeit noch gewaltigere Marken setzen sollte; die Anzahl der genialen Momente in FOUR FLIES ON GREY VELVET ist bereits ziemlich beeindruckend. Den Vorspann nutzt Argento noch zu einer kurzen SPIEL MIR DAS LIED VOM TOD-Reminiszenz und dann geht es auch schon in die Vollen. Ohne große Umschweife der "Mord" im Theater und Robertos Alptraum beginnt.

Im ersten Drittel baut Argento meisterhaft eine beklemmende Drohkulisse auf, die in einem gespenstischen Park mit dem Attentat auf eine Erpresserin ihren ersten unheimlichen Höhepunkt findet. Argento hat in Interviews schon öfters betont, dass er seine Filmmorde irgendwie mit Sex assoziiert. Vielleicht kredenzt er deswegen den Mordsequenzen oftmals derart ausdauernde und genüssliche Vorspiele wie bei der genannten Parkszene. Diese und der letzte von Robertos Nemesis verübte Mord sind jedenfalls ganz hohe Giallo-Schule.

Doch verblassen sie fast vor der monströs-grandiosen Schlusssequenz, die den Tod in einer erbarmungslosen Zeitlupe zeigt. Intensiver geht es kaum - ein Moment im Genre, der den Atem raubt.

Ursprünglich sollten DEEP PURPLE die Musik zu FOUR FLIES ON GREY VELVET beisteuern, aber die Band war seinerzeit terminlich verhindert. So ging der Zuschlag einmal mehr an den Mann, der schon die Scores für die beiden Vorgängerfilme komponiert hat: nämlich Ennio Morricone; unbestritten einer der besten.

Für THE BIRD WITH THE CRYSTAL PLUMAGE und DIE NEUNSCHWÄNZIGE KATZE hat er schöne Titoli geschrieben; sich ansonsten aber mehr ins Atonale verlegt. In der Filmmusik von FOUR FLIES ON GREY VELVET findet sich hingegen viel Melodisches. Und auch Rockiges aus den Siebzigern - schließlich ist unser Held ein langhaariger Drummer. Doch Höhepunkt des Scores ist sicherlich der Soundtrack zur Agonie am Ende des Films. Die alles niederwalzende SloMo-Brachialität des Finales kommt schon visuell einem Hammerschlag gleich, aber in Verbindung mit Morricones Musik schreibt die Szene dann endgültig Filmgeschichte.

Zweifelsohne - FOUR FLIES ON GREY VELVET hat große Augenblicke. Und hätte der Film seine makabre, bedrohliche Stimmung, die im ersten Drittel noch allgegenwärtig ist, konsequent weitergeführt und wäre die Intensität nicht irgendwann im Mittelteil etwas verloren gegangen; Argento hätte schon 1971 mit FOUR FLIES ON GREY VELVET und nicht erst 1975 mit DEEP RED seine erste vollkommene Göttergabe abgeliefert. So aber reicht es "nur" zu einem sehr guten Film, der aber auch in seinen schwächeren, weniger intensiven Momenten das Gros seiner Genrekollegen hinter sich lässt. Und schließlich spart sich Argento den größten Trumpf bis zuletzt auf…

Aus der ordentlichen Besetzung stechen insbesondere der Franzose Jean-Pierre Marielle in einer köstlichen Rolle als chronisch erfolgloser, schwuler Privatdetektiv und natürlich -unübersehbar- der ehemalige Olympia-Schwimmer Carlo Pedersoli heraus. Pedersoli kennt man natürlich besser unter seinem Künstlername Bud Spencer. Und was soll ich sagen? Es gibt wohl -abgesehen von Terence Hill- kaum einen anderen Schauspieler, der so tief in einer Schublade steckt wie der gewichtige Haudrauf. Deshalb fällt es schwer ihn in einer ernsten Rolle zu akzeptieren, obgleich sein Part in FOUR FLIES ON GREY VELVET ein verschrobener ist. Zumindest mir ging es so, dass ich jedes Mal, wenn der Hauptdarsteller ihn aufsucht, halb erwartet habe, dass Buddy ihm entweder gleich einen Topf Bohnen anbietet oder ihm mit Schmackes die Bügelfalte glättet.

Was natürlich nicht passiert. Passiert ist allerdings eine Auflösung, die letztendlich doch ziemlich an den Haaren herbeigezogen wirkt. Und dass obwohl Argentos alter Spezi und Lehrling Luigi Cozzi (THE KILLER MUST KILL AGAIN) dem Meister nicht nur als Regieassistent, sondern auch als Co-Drehbuchautor zur Seite stand und dabei mit den vier Fliegen auf grauem Samt, die den Killer überführen werden, einen wirklich raffinierten Geistesblitz gehabt hatte.

Four Flies on Grey Velvet Bild 1
Four Flies on Grey Velvet Bild 2
Four Flies on Grey Velvet Bild 3
Four Flies on Grey Velvet Bild 4
Four Flies on Grey Velvet Bild 5
Four Flies on Grey Velvet Bild 6
Four Flies on Grey Velvet Bild 7
FAZIT:

Im letzten Teil der Tiertrilogie gibt Argento schon einmal den Vorgeschmack auf das ein paar Jahre später folgende Opus Magnum DEEP RED. Die Zeitlupenagonie des intensiven Finale zählt zu den denkwürdigsten Szenen im Genre überhaupt.

WERTUNG: 8 von 10 berstenden Windschutzscheiben
TEXT © Christian Ade
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