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Frauen in Ketten

Frauen in Ketten

OT: Black Mama, White Mama
FRAUENGEFÄNGNISFILM: USA/PHILIPPINEN, 1972
Regie: Eddie Romero
Darsteller: Pam Grier, Margaret Markov, Sid Haig, Lynn Borden, Zaldy Zschornack, Laurie Burton

STORY:

Die schwarze Bordsteinschwalbe Lee wird während eines Gefangenentransportes an die weiße Revolutionärin Karen gekettet. Als diese von ihren Kumpanen befreit werden soll, geht leider einiges schief, weswegen die beiden zusammen fliehen müssen. Das stellt sich insofern als Problem heraus, als das sich beide weder leiden können, noch das gleiche Ziel haben. Auf ihrer beschwerlichen Flucht entwickelt sich dennoch langsam so etwas wie eine Freundschaft.

KRITIK:

Wer Inhaltsangabe und Filmtitel gelesen hat - und noch da ist -, wird wohl, dank mehr als offensichtlicher Parallelen, den ein oder anderen kurzen Gedanken an den wohl als Klassiker zu kategorisierenden Film FLUCHT IN KETTEN mit Tony Curtis und Sidney Portier verschwenden. Jener ist ja insofern ein wichtiger Film, als dass er, indem er sich mit dem amerikanischen Rassismus auf eine eindringliche Weise beschäftigt, eine Botschaft transportiert.

Wer Inhaltsangabe und Filmtitel gelesen hat, wird aber auch - und ich vermute einfach mal munter drauf los, auch ohne Exploitationfilm-Erfahrung - gemerkt haben, dass FRAUEN IN KETTEN, mal abgesehen von den offensichtlichen Berührungspunkten mit Stanley Kramers Werk so viel zu tun hat wie die Praline mit der literarischen Abendunterhaltung einer Emma-Abonnentin - eine Botschaft dürfte also höchstwahrscheinlich nicht mal mit gutem Willen auszumachen sein.

Dieser Verdacht erhärtet sich, sobald man seine Aufmerksamkeit auf den Regisseur richtet, in diesem Fall auf Eddie Romero. Ich gebe es gerne zu, ich habe bis zu diesem Moment - also, nicht diesem, sondern jenem als ich auf der Fernbedienung Play drückte - noch keinen einzigen Film von Herrn Romero - Eddie, that is - gesehen. Ein schneller Blick in die Filmographie offenbart jedoch, dass Eddie noch nichts zusammengewerkelt hat, das auch nur im Entferntesten Erfolg auf einen Oscar hätte - was ja in gewisse Weise positiv aufzufassen ist, denn die Francos und Mikels dieser Welt haben das ja auch nicht geschafft.

Für das Drehbuch - das dieses Mal tatsächlich aus mehr als Bierdeckeln zu bestehen scheint - zeichnet H.R. Christian verantwortlich, der ein paar Jahrzehnte später das Drehbuch zu DAS SCHWEIGEN DER LÄMMER verfasste. Der beste Beweis, dass für das Drehbuchschreiben Übung von Nöten ist und ergo jeder Mal klein anfängt - manche eben kleiner als andere.

Gedreht wurde FRAUEN IN KETTEN auf den Philippinen, wo sich, so vermute ich stellvertretend für alle Leser, die Handlung abspielen soll - auch wenn der Support Cast fast komplett aus Mexiko zu kommen scheint.

Wo auch immer Lee und Karen durch die Pampa rennen ist auch eher nebensächlich. Wichtig ist, es herrscht Revolution - das jedoch wenig erfolgreich, doch dazu später mehr - und so eine Revolution wird nirgends gerne gesehen und Revolutionäre gerne auch mal weggesperrt.

Erfreulich, so gibt sich der erste Teil denn als waschechter Lagerfilm aus, mit allem was dazu gehört, mit Ausnahme francoscher Folterexzesse - man kann ja schließlich nicht alles haben -, sprich Gruppenduschen, lesbischen Wärterinnen und Konfiszierung der Oberbekleidung - was noch viel erfreulicher ist, da Margaret Marvokv (Karen) durchaus zu der hübscheren Sorte Frau zu zählen ist.

Mit der Flucht der beiden und dem ersten recht blutigen Shoot-out wandelt sich FRAUEN IN KETTEN denn vom Lagerfilm zum Chicks-on-the-run Flick und damit gleichzeitig zum waschechten Trashklopper. Denn mit der Flucht der beiden geht außerdem jedwede Logik verloren und ebnet den Weg für Rangeleien unter Kettenkumpaninnen, reichlich Schießereien und spontane Schwanzvergleiche (!) auf abgelegenen Landstraßen - überzeichnete Charaktere gibt's sowieso inklusive.

Die Revolutionäre, die vermutlich aufgrund der absoluten Unfähigkeit der örtlichen Behörden den Aufstand proben, dürften mit ziemlicher Sicherheit die schlechtesten und dämlichsten Revolutionäre sein, die je auf dem Antlitz der Erde wandelten. Ohne Grund, Sinn oder Verstand wird sich da freudig in Schießereien gestürzt und Mensch und Gerät vergeudet - immerhin, den Zuschauer kann's dank der Schauwerte dieser Shoot-outs freuen.

Die Welt in der sich diese Abziehbilder bewegen ist indessen äußerst platt und düster - in Bezug auf die Charakterverteilung zwischen Mann und Frau. In Folge dessen sind Männer entweder prollige Doofe oder doofe Prolls und Frauen naive Nutten oder selbstbestimmende Persönlichkeiten - die dann doch von Männern gerettet werden müssen. Könnte man ja fast als sozialkritische Ambition gelten lassen.
Davon abgesehen jedoch - und das kann man Christian zu Gute halten - verfügt FRAUEN IN KETTEN nicht nur über durchaus gewollte Komik, sondern ebenso über eine gewisse Dynamik und Atmosphäre, die für ein flottes Tempo sorgen.

Dafür sorgt auch Romeros Inszenierung. Dabei verausgabte er sich zwar nicht, setzte Christians Skript jedoch angemessen um. Auch wenn er damit für einige äußerst trashige Momente sorgt - die im Drehbuch vielleicht sogar noch ernst geklungen haben könnten -, gibt es immer wieder mal - kurze - Szenen , die sogar an einen richtigen Film erinnern - allerdings ohne zu langweilen.

Die Kameraarbeit ist indes solide und routiniert. Künstlerische Kniffe gibt es nicht zu bestaunen. Und mir kann keiner einen Shot durch einen Busch hindurch, während eines Dialoges, der ca. 90% des Bildes einnimmt als anspruchsvollen Kunstkniff verkaufen - so was versucht schon Jess Franco immer, wenn er mal wieder den Fokus vergessen hat. Größere Patzer sind dafür jedoch auch selten, so dass es für einen Film dieser Klasse herzlich wenig zu beanstanden gibt.

Auch die Darstellerriege kann sich zum kleinen Teil sogar blicken lassen - nicht nur vom Aussehen her. Pam Grier hatte zuvor schon in THE BIG DOLLHOUSE und WOMEN IN CAGES Frauenlager-Luft schnuppern können und auch in Ärsche hat sie schon getreten. Sie war zwar zu diesem Zeitpunkt  - ebenso wie Markov - bei weitem keine Charakterdarstellerin, kann aber wirklich und tatsächlich schauspielern. Heilloses Overacting bleibt einem von Grier und Markov also erspart. Für Pam Grier war FRAUEN IN KETTEN ein wichtiger Schritt auf ihrem Weg zur Blaxploitation-Ikone. Die Klassiker COFFY und FOXY BROWN folgten im Jahresabstand.

Sid Haig - jüngerem Publikum wahrscheinlich am ehesten als Captain Spaulding aus dem HAUS DER 1000 LEICHEN bekannt - machte aus Ruben das, was er eben auch aus Spaulding machte - er gab ihm seine ganz eigene Note und kreierte eine grandios abgedrehte und schmierige Figur.

Der Unterstützungscast besteht jedoch, wie von ähnlichen Produktionen gewohnt, größtenteils aus relativ untalentierten Oberpfeifen - Verbrechen gegen das Schauspiel, oder die Menschlichkeit à la EINE FRAU KENNT KEINE GNADE erwarten den Zuschauer dennoch nicht.

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FAZIT:

Trash par excellence, allerdings der gehobenen Klasse - so könnte man Eddie Romeros FRAUEN IN KETTEN am ehesten beschreiben. Ein wahrlich gelungenes Beispiel unterhaltsamer Exploitation-Kunst. Hier ist wirklich alles versammelt was dazu gehört - doofe Dialoge, doofe Typen, Brüste und mächtig Randale.
Darüber hinaus verfügt er sogar über ein Erzählmuster und genug Dynamik um die ein oder andere Szene auch rein mittels - zwar stark beschränktem, aber immerhin vorhandenem - filmischen Können unterhaltsam zu gestalten.
Quasi fast ein richtiger Film, mit so gut wie allem was das Exploitation-Kino so sympathisch macht.

In diesem Sinne: "He, du Flittchen. Verdammt, ich rede mit dir!" - sprach die Nutte.

Seit 1. April 2021 (kein Scherz) ist FRAUEN IN KETTEN als Blu-ray aus dem engagiertem Hause OFDB Filmworks zu haben. Als Extras gibt's Audiokommentare und Interviews mit Sid Haig (RIP) und Margaret Markov.

WERTUNG: 8 von 10 ihrem Gehirn verlustig gegangene Vergewaltiger.
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