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Hatching

Hatching

OT: Pahanhautoja
HORROR: FIN, 2022
Regie: Hanna Bergholm
Darsteller: Siiri Solalinna, Reino Nordin, Jani Volanen

STORY:

Die 12-jährigen Tinja bemüht sich verzweifelt darum, den Anforderungen ihrer Mutter genügen. Die drillt ihre Tochter permanent als Athletin und will nach außen hin die Illusion einer perfekten Familie wahren. Eines nachts findet Tinja im Wald ein geheimnisvolles Ei und beschließt, sich darum zu kümmern. Doch das Ei wächst und wächst, bis schließlich etwas daraus schlüpft, das Tinjas Welt aus den Angeln hebt.

KRITIK:

Zu Beginn des Jahres sorgte der isländische Film Lamb für Aufsehen, bedingt durch seine wahrlich außergewöhnliche Prämisse: Im Film wird ein isländisches Paar nämlich zu Eltern eines Kindes, welches über einen Schafskopf mit Menschenkörper verfügt. Lamb bewegt sich dabei über weite Strecken in Drama-Gefilden und strapaziert durch lange Darstellungen des landwirtschaftlichen Lebens des Paares und seiner minimalistischen Inszenierung ganz bewusst die Geduld des Publikums. Der echte Horror entsteht dann erst in den letzten Minuten des Films, die große Kraft bezieht der Film aber aus seiner Symbolik und meditativen Atmosphäre.

Nun steht bereits der nächste ähnlich gelagerte Horrorfilm aus dem hohen Norden in den Startlöchern, um dem Kinopublikum wohligen Grusel zu bescheren, diesmal allerdings nicht aus Island, sondern aus Finnland. Hatching heißt das Regie-Debüt von Hanna Bergholm und weist durch die behandelte Thematik einige Ähnlichkeiten zu Lamb auf: Bei beiden Filmen werden Elemente des Folk-Horror und des Body-Horror in eine Drama-Handlung eingebettet.

Während bei Lamb der Horror aber bis auf die letzten Minuten des Films auf sich warten lässt, geht es bei Hatching schon deutlich früher (und härter) zur Sache. In der Tradition des Fantasy-Horror-Klassikers Company of Wolves (Die Zeit der Wölfe, Regie Neil Jordan, 1984) inszeniert Hanna Bergholm eine symbolische Parabel über die Fallstricke der Pubertät und den damit einhergehenden körperlichen sowie seelischen Veränderungen im Gewand eines Schauermärchens.

Während Company of Wolves als Interpretation des Rotkäppchen-Märchens größtenteils in einer reinen Märchen-Welt spielt, so findet der Horror bei Hatching in der sauberen finnischen Kleinstadtidylle einer gutbürgerlichen Familie statt. Nachdem nämlich das titelgebene Hatching stattgefunden hat, will die frisch ausgebrütete vogelähnliche Kreatur auch gefüttert werden, was bald zu ersten Opfern führt. Mit der Zeit beginnt sich die Kreatur auch zu verwandeln - aus Spoilergründen wird dies aber an dieser Stelle nicht weiter ausgeführt.

Dass das Design der Kreatur mitunter etwas an den Urvogel Gastornis erinnert, dürfte insofern nicht überraschen, da das Design auf das Konto von niemand geringerem als Animatronikkünstler Gustav Hoegen geht, welche sich vor allem wegen seiner Arbeit bei der Jurassic-World einen Namen in der Branche gemacht hat. Der Film profitiert allerdings nicht nur vom qualifizierten Personal hinter der Kamera, sondern auch die engagierten Darstellerinnen und Darsteller wissen vollends zu überzeugen (absolut grandios: Siiri Solalinna als Tinja in ihrer ersten Rolle) und erinnert durch die Einbindung von Coming-of-Age-Aspekten in absolut positiver Hinsicht an den schwedischen Vampir-Horror "So finster die Nacht" bzw. dessen US-Remake "Let Me In".

Durch die knappe Laufzeit von gerade mal knapp 80 Minuten verfügt "Hatching" über keine Längen und dreht kontinuierlich an der Spannungsschraube, genauso wie es sich für einen gelungenen Horrorfilm gehört. Da lässt es sich verschmerzen, dass gewisse Handlungsstränge nicht vollkommen aufgelöst werden und das Ende etwas abrupt daherkommt und einige Fragen offenlässt.

Hatching Bild 1
Hatching Bild 2
Hatching Bild 3
Hatching Bild 4
Hatching Bild 5
FAZIT:

Im Gewand eines Schauermärchens mit Anleihen bei Klassikern wie Company of Wolves erzählt Hanna Bergholm in Hatching eine eindrückliche Parabel über die Irrungen und Wirrungen der (weiblichen) Pubertät. Dabei überzeugt Jungdarstellerin Siiri Solalinna auf ganzer Linie und der flüssig inszenierte Film wartet zudem mit einigen überraschenden Gewaltspitzen auf.

WERTUNG: 8/10
Gastreview von Niklas Klocker
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