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Maniac

Maniac

HORROR: F/USA, 2012
Regie: Franck Khalfoun
Darsteller: Elijah Wood, Nora Arnezeder, America Olivo

STORY:

Tagsüber restauriert er Schaufensterpuppen. Nachts wird er von Wahnvorstellungen heimgesucht und jagt junge Frauen durch die Straßenschluchten von L. A. Die junge Fotografin Anna ahnt nicht, dass sie Freundschaft mit einem Psychopathen geschlossen hat ...

KRITIK:

Ich hab's ja immer schon geahnt: Frodo Beutlin ist in Wahrheit ein kleiner perverser Maniac.

Skepsis war da durchaus angesagt, als ruchbar wurde, dass ausgerechnet Elijah Wood die Nachfolge von Joe Spinell, dem Hauptdarsteller in Williams Lustigs Original-MANIAC von 1980 antreten würde. Aber was soll ich sagen: Wood ist gut. Ernsthaft, eine bessere Besetzung könnte ich mir gar nicht vorstellen: Ein schmächtiger, schüchterner, leicht verschroben gekleideter, aber nicht unattraktiver junger Mann, höflich, freundlich, unauffällig, Einzelgänger, der perfekte Mörder von nebenan also.

Den gesamten Film hindurch nimmt die Kamera den Blickwinkel von Frank - so heißt der von Elijah Wood stets mit gehetztem Blick gespielte Frauenmörder - ein. Das wird sich auch bis zum bitteren Ende nicht ändern. Der Zuseher sieht, was der Mörder sieht. Okay, dieses Spiel mit der Täter-Perspektive ist so alt wie das (Horror-)Kino selbst. Aber selten wurde es so konsequent durchgezogen wie hier.

Wie sich das Remake im Vergleich zum Original schlägt? Schlagt mich, aber ich habe William Lustigs kultisch verehrten Slasher-Meilenstein, der in Deutschland auf dem Index steht, bis heute nicht gesehen. Aber ich gelobe, diese unverzeihliche Bildungslücke mit sofortiger Wirkung zu schließen und noch heute die US-DVD aus dem Hause BLUE UNDERGROUND zu bestellen. Genau, bei jenem von William Lustig gegründeten Label, das sich mit großer Hingabe abseitigen Horror-Klassikern widmet.

Filmaffine Facebook-Freunde kritisieren die im Vergleich zum Original etwas zu glatt polierten Oberflächen. Auch die gnadenlose Wucht des Originals würde nicht mehr erreicht werden. Dafür soll das Remake auf anderen Ebenen umso prächtiger und eigenständiger funktionieren. Während sich William Lustig noch Gewaltpornographie vorwerfen lassen musste, entdeckte der Rezensent der deutschen Wochenzeitung Die Zeit "hinter grellen Splattereffekten ein erschütterndes Psychodrama".

Halten wir also fest: Ein irrer, skalpsammelnder Frauenmörder findet Anno 2012 Eingang ins Feuilleton. Und der Film kommt trotz beinharter Effekte ohne Schnittauflagen durch die FSK und direkt in unsere Kinos.

Ein bisschen Namedropping gefällig? Produzent Alexandre Aja (THE HILLS HAVE EYES) hat sich William Lustigs Segen fürs Remake geholt. Auf dem Regiesessel setzte er Franck Khalfoun, dessen P2 - Schreie im Parkhaus Kollege Erich kürzlich wohlwollend besprochen hat. Der Mann hat eine eigenständige Handschrift. Visuell kann man MANIAC durchaus als ein kleines Kunstwerk bezeichnen, irgendwo zwischen blutrünstigem Neo(n)-Giallo und eiskaltem New Wave-Videoclip (und entsprechendem Soundtrack).
Auch wenn der Vergleich ansonsten hinkt, hat mich die Bildsprache sehr an Darren Aronofskys gefeierten BLACK SWAN erinnert. Mit dem Unterschied freilich, dass dort nicht Schaufensterpuppen mit menschlichen Skalps dekoriert werden ...

Maniac Bild 1
Maniac Bild 2
Maniac Bild 3
Maniac Bild 4
Maniac Bild 5
FAZIT:

"Hat sie nicht schönes Haar?" Elijah Wood schmückt Schaufensterpuppen mit Frauen-Skalps. Alexandre Ajas MANIAC-Remake ist ein kleines, perverses, visuell erstaunlich kunstvolles Biest zwischen blutspritzendem Giallo und urbanem Neonlicht-Albtraum. Zeichen und Wunder - Uncut im Kino!

WERTUNG: 8 von 10 Tabletten gegen Migräne
Dein Kommentar >>
Gregor | 15.01.2013 13:24
War schon sehr gespannt und habe den gestern gesehen. Wie Harald habe auch ich schändlicher Weise noch nicht das Original gesehen und werde mir den jetzt bestellen.

Das Remake ist auf jeden Fall optisch herausragend und im Zusammenspiel mit dem genialen Score ist die Atmosphäre perfekt. Den Auftakt fand ich den besten seit DRIVE. Allerdings finde ich, dass der Film anschließend leider langsam ein wenig nachzulassen beginnt.

Ist mir alles ein wenigt zu überladen mit Migräneanfällen, Stahlbürstengeschrubbel, Blicken in den Spiegel, Halluzinationen und traumatischen Erinnerungen. Letztere hätte man sich echt besser schenken sollen.

Weniger wäre da wohl tatsächlich mehr gewesen. dafür hätte man sich ein wenig mehr auf ein stringentes Drehbuch konzentrieren sollen. Den der Plot wird mit zunehmender Laufzeit ähnlich wirr und unentschlossen, wie Frodo.

In ignoranter Unkenntnis des Originals fällt mir als nächstbester Vergleich Fulcis NEW YORK RIPPER ein. Der ist im Vergleich zu MANIAC-Remake auf jeden Fall noch eine ganze Ecke härter, konsequenter und bei aller an den Haaren Hergezogenheit auch noch schlüssiger und origineller.

Trotzdem gebe auch ich MANIAC ebenfalls 8/10, da der Film trotz einiger Schwächen die tendenziell perfekte Vermählung von Giallo und Slasher darstellt.
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Stefan | 04.01.2013 01:18
Komme gerade aus dem Kino und bin immer noch überrascht,
mit welcher Konsequenz dieses Remake angegangen wurde...
Gerade für Kenner des Originals gibt es einige Querverweise
zum Klassiker der "Video-Nasties", ebenso ist die
Grundstimmung ähnlich nihilistisch und düster geraten.
Ich bin sehr gespannt auf die Kritik zum Original-"Maniac", den
ich trotz Wood's toller Leistung im Remake immer noch eine Spur
dreckiger und düsterer empfinde.

8 von 10 Paraldosen zum killen von lästigen Stubenfliegen. ;-)
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thomas | 02.01.2013 22:04
Tolle Kritik,lustig das ich auch an Black Swan denken musste.Black Swan der Schocker für Kommerzialrats gattinnen,Maniac für Hartgesottene Hausmeister Frauen:))
Harald | 02.01.2013 22:12
danke!
Black Swan hat mich weniger geschockt als betört. Maniac ist da schon
ein anderes Kaliber.
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