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Maps to the Stars

Maps to the Stars

PSYCHODRAMA: D/CAN/USA, 2014
Regie: David Cronenberg
Darsteller: Julianne Moore, Robert Pattinson, Mia Wasikowska, John Cusack, Evan Bird

STORY:

Die zarte junge Frau mit den schwarzen Handschuhen entsteigt dem Überlandbus und klettert in die Limousine von Robert Pattinson. Sie heißt Agatha und ist zum Sightseeing nach Hollywood gekommen. Behauptet sie. In der Luxusvilla der Familie Weiss, deren Sohn als Kinderstar Millionen verdient und ein beträchtliches Charakter- und Drogenproblem sein Eigen nennt, liegen indes die Nerven blank. Es hat wohl mit der Ankunft Agathas zu tun. Und mit einem düsteren Familiengeheimnis, das nach und nach aufbricht ...

KRITIK:

Nach Billy Wilder und Robert Altman hat es also auch David Cronenberg getan: Eine Satire über die Hölle Hollywood gedreht. Das behauptet zumindest das Gros der Kritiken. Sagen wir mal so: Als "Satire" ist Maps to the Stars ungefähr so lustig wie ein akuter Blinddarmdurchbruch. Von einem eher deplatziert anmutenden Versuch in Gross-Out-Humor - Julianne Moore furzend mit Verstopfung auf der Toilette - sind Momente der Heiterkeit nämlich denkbar dünn gesät in diesem Film, der aus irgendeinem Missverständnis heraus als satirische Abrechnung mit der Traumfabrik vermarktet wird.

Wer die eher ermüdende Neoliberalismus-Groteske COSMOPOLIS bis zum Ende durchgesessen ist, wird mir zustimmen, dass Humor eher nicht die erste Eigenschaft ist, die man mit David Cronenberg verbindet.

Die gute Nachricht: Als das, was er wirklich ist - nämlich ein abgründiges Familien-Drama mit Horror-Anleihen - funktioniert MAPS TO THE STARS ganz hervorragend. Getragen wird der Film von einem großartigen Ensemble: Julianne Moore, John Cusack, Mia Wasikowska - und zum zweiten Mal in einem Cronenberg-Film: Robert Pattinson, der sich von seinem Twilight-Image allmählich freispielt.

Die gewohnt gestochen scharfen, klinisch-kalten Digitalbildkompositionen machen einen frösteln - und das, obwohl der Film zur Gänze bei Sonnenlicht spielt und bei jeder sich bietenden Gelegenheit Palmen und Swimming Pools ins Bild gerückt werden. Die Art und Weise, wie Cronenberg die Leere und Kälte hinter glamourös-dekadenten Oberflächenwelten seziert, bis die Szenerie etwas entschieden Unheimliches, Morbides bekommt, hat mich an den (sonst nicht vergleichbaren) THE COUNSELOR erinnert. Und bevor jetzt alle Buh schreien: Für mich war das ein Spitzen-Film, eines der missverstandensten und verkanntesten Meisterwerke der letzten Jahre.

Zwischen gespenstischem Familiendrama und psychotischem Horror-Trip packt Cronenberg auch wieder die härtere Keule aus: Tote tauchen aus der Badewanne auf, ein Kind wird erwürgt, eine Oscar-Statue wird als Mordwerkzeug zweckentfremdet. Nach Ausflügen in die Welt der Psychoanalyse und Hochfinanz interessiert sich Cronenberg wieder mehr für den menschlichen Körper und zitiert seine glorreiche Vergangenheit als Pionier des Body Horror.

Maps to the Stars Bild 1
Maps to the Stars Bild 2
Maps to the Stars Bild 3
Maps to the Stars Bild 4
Maps to the Stars Bild 5
FAZIT:

Fälschlicherweise als Satire vermarktet, entpuppt sich MAPS TO THE STARTS als düsterer, unheimlicher und verstörender Psycho-Trip ins finstere Herz der Traumfabrik. Beileibe nicht Cronenbergs schlechtester Film.

PS: Tipp für die aussterbende Minderheit der Zeitungsleser: Ein äußerst informatives und spannendes Interview mit David Cronenberg gibt's in der aktuellen Ausgabe der Wiener Stadtzeitung 'Falter'. Die Filmbesprechung, die spoilert wie Sau, gilt es allerdings erst nach dem Kinobesuch zu lesen. 

WERTUNG: 8 von 10 schwarzen Handschuhen
Dein Kommentar >>
Monika | 19.09.2014 09:56
Endlich wieder ein wirklichr guter Cronenberg-Film! Meine Favourites sind zwar nach wie vor mit Abstand Eastern Promises und A History of Violence. Aber nach den ziemlich enttäuschenden A Dangerous Method und Cosmopolis bin ich jetzt erlleichtert, dass mich Cronenberg doch noch packen kann. Und witzig, an The Counselor hab ich auch ein-, zweimal denken müssen. Und wie dort hab ich trotzdem auch hier ein paar wenige Male laut auflachen müssen. Vor allem bei John Cusacks Szenen. Aber ein befreiendes Lachen wars natürlich nicht.
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Ralph | 17.09.2014 15:31
Weiß nicht genau, was ich von dem Film halten soll. Es war ja wie gesagt weder Hollywood, noch Satire, sondern einfach ein Drama über ein paar Hinnige, das halt zufällig in Hollywoodkreisen gespielt hat. Aber hat schon gepasst, war wie jeder Cronenberg wieder mal was anderes, obwohl mir Cosmopolis mehr getaugt hat. Ich weiß nicht warum, aber es hat mich ein bissi an "The Skin I live in" von Almodovar erinnert. Oder sagen wir so es hat sich so angefühlt.

In einem sind wir uns aber einig. The Counselor war echt gut, ich versteh auch nicht was alle haben. :)
Harald | 17.09.2014 20:06
Ja, das Haut-Thema ...
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