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Redacted

Redacted

FAKE-DOKU/KRIEGSFILM: USA, 2007
Regie: Brian De Palma
Darsteller: Sahar Allou, Happy Anderson, Lara Atalla

STORY:

An einem Checkpoint in der irakischen Stadt Sammarah vertreiben sich die Soldaten die Langeweile beim Wacheschieben mit Kartenspielen und Saufgelagen. Bis sie eines Tages auf die Idee kommen, ein 15-jährigen Mädchen zu vergewaltigen und ihre gesamte Familie zu massakrieren...

KRITIK:

Schon vor zwanzig Jahren nahm sich Brian De Palma eines Sexualverbrechens durch US-Soldaten im Krieg an. Der Streifen hieß CASUALTIES OF WAR (Deutscher Titel: "Die Verdammten des Krieges") und machte De Palma im Hollywood der Reagan-Ära zum Außenseiter.

Der Regisseur, der vor allem für handwerklich perfekte Thriller (THE UNTOUCHABLES, MISSION IMPOSSIBLE, THE BLACK DAHLIA etc.) bekannt ist, springt mit REDACTED auf den mittlerweile so angesagten YouTube-Ästhetik-Zug auf.

Das Ergebnis ist eine wilde Montage aus nachgestellten TV-Reportagen, Videotagebüchern, Helmkamera-Aufnahmen und pseudo-authentischem Bildmaterial von sogenannten Embedded Journalists.

Der Titel REDACTED bezieht sich auf die gängige Praxis amerikanischer Medien, Nachrichten zu zensurieren. Gezeigt wird nur, was die allmächtigen Zensurbehörden frei geben, alles andere wird "geschwärzt".

Natürlich nützt De Palma die Gelegenheit zu einer wütenden Abrechnung mit der amerikanischen Kriegspolitik - und tappt dabei prompt in die "Preaching-to-the-Converted"-Falle. Soll heißen: Die immer noch Bush-gläubigen Rednecks mit Gewehr und Bibel am Beifahrer-Sitz ihrer Pick-Up-Trucks werden sich REDACTED gewiss nicht ansehen. Die Zielgruppe sind wohl eher liberale Bildungsbürger, die den Krieg sowieso ablehnen.

Wie auch immer: In Venedig wurde die bisweilen polemische und brutale Medienkritik mit dem Silbernen Löwen für die beste Regie ausgezeichnet. Dass der Film trotzdem nicht in unsere Kinos kam, sondern direkt auf DVD erscheint, werte ich als weiteren Beweis für die Hasenfüßigkeit der heimischen Verleiher.

Punkteabzug gibt’s dennoch: Für die pathetische Musikuntermalung nämlich. Trotzdem: Für mutiges und kontroverses Politkino ist Regie-Veteran Brian De Palma immer noch zu haben. Gut so.

Redacted Bild 1
Redacted Bild 2
Redacted Bild 3
FAZIT:

Mutig, mutig, wie Brian De Palma ein Kriegsverbrechen mit den digitalen Mitteln des "YouTube-Kinos" nachstellt. Der semi-dokumentarische Anti-Kriegsstreifen wurde 2007 in Venedig ausgezeichnet und erscheint dieser Tage direkt auf DVD.

WERTUNG: 8 von 10 Bombenexplosionen
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Mehr filmische Auseinandersetzungen mit dem Irakkrieg auf FILMTIPPS.at
Jarhead
Jarhead
DRAMA/KRIEG: USA, 2005
8/10
Totschlag
Totschlag
DRAMA: DK, 2005
8/10
Operation: Kingdom
Operation: Kingdom
THRILLER: USA, 2007
7/10
Green Zone
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ACTION/THRILLER: USA, 2010
8/10
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Lukas | 29.07.2009 22:49
Hab ich gerade gesehen. Und bin total begeistert. Könnt' glatt drauf los schreiben.
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Nic | 13.12.2008 16:43
de palma war ja sehr enttäuschend in letzter zeit, kann mich kaum überwinden den anzusehen. gibt daneben einige filme mit dieser oder ähnlicher thematik, da wirds einem schnell zuviel :)
Ralph | 13.12.2008 18:52
Also ich finde, dass jeder DePalma, so schlecht er auch sein mag, sehenswert ist. Seine Optik ist einfach atemberaubend und solche Augenweiden sehe ich mir allemal lieber an als solide-gelungene Filme ohne besondere visuelle Handschrift. Style over Substance!!!!! ;-)
Nic | 13.12.2008 19:20
gilt das auch für femme fatale? :p
Harald | 13.12.2008 20:11
@nic: grundsätzliche zustimmung zur zwiespältigen filmbilanz de palmas in den letzten jahren. aber redacted ist ein kompletter neuanfang. und obendrein ein wirklich sehenswerter film zur irakkriegs-thematik
Ralph | 14.12.2008 01:43
Ja, das gilt sogar für Femme Fatale (obwohl der schon hart an der Grenze war, das muss ich zugeben;-). Aber zumindest der Anfang war doch großartig, oder....
Ralph | 14.12.2008 12:05
Da kommt mir eine Idee. Man sollte Femme Fatale und Snake Eyes hernehmen und nach dem Vorbild von Memento umschneiden. Dann würden beide Filme mit jeder Sekunde immer besser werden...
Marcel | 22.06.2011 12:28
Zwar mit dreijähriger Verspätung - aber DAS halte ich mal für eine geniale Idee!
Dr.Dan | 03.01.2012 15:57
Eine Anmerkung zur Filmmusik: Die ist nicht pathetisch, sondern sehr gezielt ausgewählt und plaziert. Es handelt sich um Händels Bearbeitung des Folia-Themas - und damit ruft sie einen bestimmten Kontext, die mit diesem Thema verbunden ist, auf. Herzlich, Dr. Dan
kapselan | 31.08.2012 19:03
"Redacted" ist De Palmas Abgesang auf UNSERE durchgeknallte, durch und durch verlogene Medienwelt !! Ein bitteres Vermächtnis des Altmeisters, der uns immer schon den Spiegel vorgehalten hat, das wir untätige, gelangweilte, blauäugige Voyeure sind, die Krieg als Unterhaltung sehen wollen: Bitteschön, da habt ihr den Salat! De Palma "benutzt" sattsam bekannte Bilder und Musik (z.B. selbe Geschichte wie Casualities, selbe Musik wie Kubricks Duell-Szene in "Barry Lyndon", der Skorpion aus "Wild Bunch" usw.) Sein wichtigster Dialogsatz: "Eine Kamera tut doch nix anderes als lügen!" Die Wahrheit gibts weder im Kino noch im TV, schon garnicht von der Politik. Die Wahrheit ist: Wir fressen Popcorn während eines Kriegsfilms!
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