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Schön, nackt und liebestoll

Schön, nackt und liebestoll

OT: Rivelazioni di un maniaco sessuale al mapo della Squadra mob
GIALLO: ITALIEN, 1972
Regie: Roberto Bianchi Montero
Darsteller: Farley Granger, Sylva Koscina, Silvano Tranquilli, Annabella Incontrera

STORY:

SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL sind sie: Die verheirateten Damen der feinen Gesellschaft Roms. Und allesamt notorische Fremdgeherinnen. Doch da gibt es einen schattenhaften Sittenwächter. Einer mit Schlapphut, schwarzen Handschuhen und Nylon vor dem Gesicht. Er tötet sie mit einem Stilett und hinterlässt bei ihren Leichen Fotografien, die seine weiblichen Opfer in flagranti beim Ehebruch zeigen…

KRITIK:

Der werte Kollege Marcel hatte ja mit IL TUO VIZIO È UNA STANZA CHIUSA E SOLO IO NE HO LA CHIAVE unlängst einen schönen Giallo mit XXL-Namen vorgestellt und ich biete beim Titelschwanzvergleich RIVELAZIONI DI UN MANIACO SESSUALE AL CAPO DELLA SQUADRA MOBILE an. Okay, nach Worten hat IL TUO usw. gewonnen, aber RIVELAZIONI blablabla hat mehr Buchstaben.

Doch viel wichtiger als diese Spielerei ist, dass wir hiesigen Genrefans einmal mehr dem engagierten und feinen, feinen Camera Obscura-Label zum ewigen Dank verpflichtet sein müssen. Warum? Zum einen dafür, dass sie die schöne, einst vom seligen Sazuma begonnene Italian Genre Cinema Collection weiterführen; zum anderen dafür, dass sie mit SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL (so der kürzere deutsche, aber WTF-Titel von RIVELAZIONI siehe oben) einen richtig seltenen Giallo den Klauen der schweren Zugänglichkeit entrissen und in Tipptopp-Qualität auf den Markt gebracht haben.

Insider wissen, dass es sich bei SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL um jenes Schlitzer-Mystery handelt, von dem auch eine als PENETRATION betitelte Hardcore-Fassung in den ganz dunklen Kanälen kursiert. Allerdings ist das wieder einer jener obskuren "Hardcorefassungen", die nur entstanden sind, weil irgendwelche windige Bahnhofskinodiener in den Siebzigern Szenen aus billigen Pornos in einen Nichtporno rein geschnitten haben, um diesen auch der Regenmantelfraktion schmackhaft und somit doppelte Kasse zu machen.

Camera Obscura hat diese Szenen außen vorgelassen und das ist auch gut so. Denn auch ohne störende filmfremde Fickschnipsel haben wir es bei SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL nicht nur mit einem urtypischen Black Glove-Giallo reinsten Wassers, sondern auch mit einem ziemlich sleazigen Vertreter seiner Art zu tun. Es gibt viele Sexszenen, viel Nudity - kredenzt von illustren Genresternchen wie Susan Scott, Femi Benussi oder Krista Nell - und sie alle müssen nackig über die Stilettklinge eines Killers springen, den Montero geradewegs aus Bavas BLUTIGE SEIDE in seinen eigenen Film gebeamt haben zu scheint.

Dazu schleicht mein Lieblingspsychopath Luciano Rossi (der Giggler aus DEATH WALKS AT MIDNIGHT) durch das Szenario; in einer Paraderolle als Leichenpräparator Gastone, dem die nekrophile Devianz schon aus den irren Augen lacht.

Und der Score von Gaslini? Ist die intonierte psychosexuelle Mordobsession.

Also alles im grünen Bereich bei Monteros schwarzbehandschuhtem Ehebrecherinnentribunal? Nun ja. Im Grunde schon. SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL ist jederzeit ein passabler Giallo. Auch wenn es Makel gibt. Lange Zeit präsentiert sich die simpel gestrickte Story alles andere als raffiniert. Über die eigentliche Motivation des Killers darf auch nach Abspann noch spekuliert werden und die deutsche Synchroniation wird zwar in weiten Teilen von professionellen Sprechern bestritten, denen allerdings ein wenig gehaltvolles, bisweilen gar trashiges Skript vorgelegen hat. Mit seiner ständigen Bedienung an nackter Haut und Stilettmorden garantiert Montero zwar immer nette Genreunterhaltung, der aber lange der letzte Dreh fehlt. Das Aha-Erlebnis kommt spät, aber es kommt. Mit einem bösen Twist kurz vor dem noch böseren Ende…

Schön, nackt und liebestoll Bild 1
Schön, nackt und liebestoll Bild 2
Schön, nackt und liebestoll Bild 3
Schön, nackt und liebestoll Bild 4
Schön, nackt und liebestoll Bild 5
FAZIT:

Monteros SCHÖN, NACKT UND LIEBESTOLL ist ein Giallo mit Sleaze und schwarzen Handschuhen. In der Hauptrolle sehen wir den einstigen Hitchcock-Star Farley Granger und namhafte, nackte Genresternchen springen in Damenfußballmannschaftstärke über des Killers Stilett. Dennoch spult das Murder Mystery über weite Strecken lediglich Genreroutinen ab, bis er mit seinem bösen Finale quasi im letzten Moment das Steuer herumreißt und aus dem Wellental der netten Durchschnittlichkeit auftaucht, um sich eine ganz knappe Sieben zu sichern.

WERTUNG: 7 von 10 blutbesudelte Wendeltreppenstufen
TEXT © Christian Ade
OK? MEHR DAVON:
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Horror-Sex im Nachtexpress
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SEXPLOITATION: I, 1979
7/10
Dein Kommentar >>
firetrain | 29.07.2010 18:58
Juchuu, es wird tatsächlich gehalten, was der
desaströse Titel verspricht! Ich möchte zu gerne mal
eine Person kennenlernen, die damals solche kultigen
Filmtitel hervorgezaubert hat. Wenn man sie denn
mittlerweile aus der Anstalt entlassen hat...
Ja, die Freude war gross als dieser Film in meinem
Briefkasten landete - edle Verpackung, top
restauriert und ein witziger Audiokommentar von
meinem liebsten Filmgelehrten Christian Kessler! Der
Mann ist unschlagbar gut - und witzig dazu...
Die Message des Films ist in heutigen politisch
korrekten Zeiten unter aller Kanone: Ausschliesslich
Frauen gehen fremd, und dafür müssen sie mit dem
Tode bestraft werden! In den Siebzigern war alles
möglich - deshalb liebe ich sie auch so sehr... Aber
egal: ich will Titten, Blut, schöne Frauen (in
diesem Film gibts VIELE schöne Frauen), coole Typen
und einen wahnsinnigen Mörder! Luciano Rossi als
Leichenbalsamierer gibt auch wieder alles - der Mann
ist unbezahlbar... Gerade sah ich ihn als kichernden
Killer in DEATH WALKS AT MIDNIGHT und jetzt diese
grandiose Vorstellung! Muss man gesehen haben (den
Film selbst soundso)...
>> antworten
Nic | 16.05.2010 16:55
ansprechender titel. wird dieses versprechen gehalten? :)
Chris | 17.05.2010 17:53
Yeah, die deutsche Titelschmiede! Herrlich! Gelogen haben sie diesmal auch nicht; wenngleich der Erotikteil jetzt nicht ausufert. Mir gefällt auch der englische Titel, der die Quintessenz des Ganzen wahrscheinlich noch besser trifft. Der lautet SO SWEET, SO DEAD.
>> antworten