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Shaw Brothers Double Feature

Shaw Brothers Double Feature

OT: Der Shaolin-Gigant/Wang Yu - Der Tempel des roten Lotus
EASTERN: HK, 1980
Regie: Tony Liu Jun-Guk/Hsu Tseng-Hung
Darsteller: Chen Kuan-Tai, Yuen Tak, Johnny Wang Lung-Wei, Candy Wen Xue-Er, Chan Lau/Wang Yu, Chin Ping, Lo Lieh, Tien Feng, Lam Jing

STORY:

5 Shaw Brothers-Filme in einer Box, wenn das mal nicht was ist. Genaugenommen ist das was von Koch Media, denn die haben limitiert auf 2000 Stück eine Shaw Brothers-Box auf DVD rausgebracht. Und da mir sowieso mal wieder der Sinn nach ein wenig Rumgekloppe und zotigen Sprüchen stand, was lag da näher als ein zünftiges Shaw Brothers Double Feature in feinster Bahnhofskinomanier zu genießen? Eben. Auf geht's:

KRITIK:

Den Anfang unseres kleinen Double Features machen wir auch flugs mit DER SHAOLIN-GIGANT, der netterweise einen deutschen Trailer auf der DVD bietet – und das ist ja immer schon mal ein gutes Zeichen. Wenn es einem x-mal den Titel des Films entgegenschreit und die Handlung des Machwerks zu etwas gemacht wird, das sie nicht ist – in diesem Fall zu einem knallharten Racheepos -, kann das nur bedeuten, dass der Film eine Bahnhofskinoauswertung „genossen“ hat – und das ist definitiv ein gutes Zeichen, wenn’s um Filme geht.

Eins gleich vorweg, ein Racheepos ist DER SHAOLIN-GIGANT in keiner Weise. Komödie trifft’s eher, mit einem kleinen Schuss Rache und keinerlei Epos. Wobei das mit den Chinesen und dem Humor ja auch eher so‘ne Sache für sich ist. Chinesischer Filmhumor wirkt auf uns Menschen mit westlichem Humorverständnis gerne zu überdreht, zu slapstickhaft – ich persönlich, ich gebs gerne zu, kann damit nicht viel anfangen. Jetzt besteht allerdings ein Großteil des Films aus jener Art Humor, wollten die Macher – die ominösen, die – doch offensichtlich auf der Welle DRUNKEN MASTERs und Konsorten mitreiten.

Da stellt sich nun also die Frage, ist das schlimm? Iwo, in keiner Weise, lautet die Antwort. Wer mit jener Art Humor glücklich wird, umso besser, die doppelte Ladung Spaß. Doch auch jene die damit nichts anfangen können, dürfen sich freuen, denn unfreiwilliger Humor wird mindestens genauso groß geschrieben beim SHAOLIN-GIGANTen – dass weder Shaolin noch Giganten auftauchen, sollte im Übrigen selbstverständlich sein. Die völlig überdrehte Darstellung, die wahnwitzigen Situationen und Dialoge – ein wahres Fest. So entsteht gar der Eindruck, im alten China war es weitverbreitete Freizeitbeschäftigung Frauen mit Gold zu bewerfen… erinnert sich noch jemand an den MEISTER DER FLIEGENDEN GUILLOTINE? Der erweckte ja irgendwie den Eindruck, im alten China liefen viele Einarmige rum – naja, zum Gold werfen braucht’s ja auch nur einen Arm, nech. Und vergessen wir nicht die vielen subversiv schwulen Momente… neben den vielen offensichtlich schwulen Momenten. Unzählige, ja unzählige.

Die technischen wie optischen… nunja, Eskapaden, tragen ihr Übriges zur durchweg unterhaltsamen Atmosphäre des SHAOLIN-GIGANTEN bei – eins kann ich nämlich, ohne mit der Wimper zu zucken, da niederschreiben: dieser Film hat mit absoluter Sicherheit den interessantesten Tod eines Hauptcharakters, den ich seit langer Zeit erleben durfte. Und gleichzeitig den deftigsten Tritt in männliche Weichteile seit… ich weiß es gar nicht… so‘n Tritt hab ich eigentlich noch nie gesehen.

Der größte Schwachpunkt allerdings sind die Kämpfe – im Prinzip ja essentiell für einen Kung-Fu-Film. Schlecht choreographiert sind sie nicht unbedingt, technisch durchaus okay, optisch jedoch eher mau, ohne große Einfälle, Überraschungen oder wirklich atemberaubende Techniken, erinnert das Ganze doch eher an zünftiges Schwulenballet, denn kungfu’schen Rachefeldzug. Hinhören lohnt sich aber in jedem Fall, denn die Tonspur hat so manches Entenquaken zu bieten und wer parallel zum großen Finale Michael Jackson auflegt, bekommt eine Ahnung davon, was der Choreograph beim Ausarbeiten des Kampfes – wer den Anachronismus findet, darf ihn behalten – beim Ausarbeiten des Kampfes gehört haben dürfte.

Technisch macht der SHAOLIN-GIGANT auch eher wenig her, der Schnitt teils ein wenig konfus, das Drehbuch nicht gerade eine große Leistung – nicht, dass ich jemals CHINATOWN erwartet hätte – und die Kämpfe wie erwähnt, sind auch nicht das Gelbe vom Ei. Spielt aber für den Unterhaltungswert keine allzu große Rolle, denn dran bleibt man schon allein deshalb, weil man wissen will, was für’n Käse jetzt noch kommt. Zwar steigert sich das nicht in kosmisch absurde Höhne wie z. B. beim MEISTER DER FLIEGENDEN GUILLOTINE, unterhält aber dennoch die Laufzeit durch.

Er überzeugt also nicht unbedingt durch objektiv zu bewertende Qualitäten, unser SHAOLIN-GIGANT, macht aber vor allem durch seine trashigen Schauwerte eine durchaus gute Figur.

In diesem Sinne: „Vielleicht sollten hier alle ihre Namen ändern, was meinst du dazu?“ – „In was?“ – „In Arschloch!“

P.S.: Wer schon immer mal wissen wollte, was Beavis vor BEAVIS & BUTT-HEAD getrieben hat, er war Kung-Fu-Schüler im alten China.

Machen wir gleich weiter mit dem zweiten und abschließenden Teil unseres Shaw Brothers Double Features, nämlich WANG YU – DER TEMPEL DES ROTEN LOTUS oder wie ich ihn zu nennen pflege, Tempel des roten Lokus – eine durchaus zutreffende Konnotation. Schließlich ist das hier alles andere als ein unterhaltsames Kung-Fu-Filmchen sondern entpuppt sich bereits nach kurzer Zeit als äußerst langweilige und langwierige Schmonzette. Jaha, richtig gehört. Denn anders als es das trashige Intro mit seinen Ninja – sind das nicht eigentlich Japaner? –, Kung-Fu und Wurfpfeilen –von der Red Lady mal ganz zu schweigen – andeutet, haben wir es hier nicht mit einer Trashgranate à la DER SHAOLIN-GIGANT zu tun, sondern viel eher mit einer Soap Opera im Bollywoodgewand im Hong Kong-Kinogewand.

Während wir anfangs noch auf freudig trashige Unterhaltung hoffen dürfen, schließlich tritt die Rote Lady auf und die weiß Sachen, die weiß sonst keiner, ganz zu schweigen von der Aussicht auf eine zünftige Rachestory – nicht dass wir eben schon eine gehabt hätten… wobei, nee, so wirklich eigentlich auch nicht –, denn schließlich muss Little Wu ja seine Familie oder so rächen. Aber, nein, was uns dann erwartet ist ein albernes, stinklangweiliges Familiendrama mit leichtem Räuber- und Gendarm-Einschlag. Und wie das so bei Dramen üblich ist, liegt das Hauptaugenmerk auch beim roten Lokus… äh, Lotus oder so… auf der Handlung denn auf dem Austragen blutiger, brutaler, erbarmungsloser Kung-Fu-Kämpfe. Somit dauert es schließlich satte 40 Minuten bis man, als Freund trashiger Kung-Fu-Unterhaltung, mal wieder ein paar Leutchen beim Kämpfen zuschauen darf. Dazwischen gibt es eine Länge, die an Länge ganze Kurzfilme übertrifft – die 40 Minuten nämlich, bis mal wieder die Fäuste, bzw. die Schwerter, fliegen – und endloses Geseiere vermischt mit einer gehörigen Dosis Langeweile. Achso, die Langeweile, die sollten wir nicht vergessen.

Das Problem bei Filmen, die ihren Schwerpunkt auf Handlung legen, aber keinen Inhalt vorzuweisen haben, dürfte bekannt sein. Sie funktionieren einfach nicht, denn ohne ein sinnvolles Drehbuch – inklusive allem was dazugehört, wie Struktur, Höhepunkten, ausgefeilten Dialogen und allem voran Handlung – lassen sich nun mal keine 90 Minuten Filmlänge unterhaltsam füllen. Klar, die deutschen Dialoge, die oftmals ganz knapp am bloßen Klamauk vorbeischrammen regen wenigstens hier und da zum Schmunzeln an, doch das reicht bei weitem nicht, um den Drang die Vorspultaste – oder besser noch die Eject-Taste – zu betätigen zu unterdrücken. Nun denn, es ist des Rezensenten eherne Pflicht, also habe ich tapfer durchgehalten, nicht ohne größere Schmerzen in jeglichen wichtigen Bereichen meines Gehirns zu verspüren.

Denn selbst als unser Little Wu sich endlich einmal in Richtung Rache begibt, erwarten uns als Zuschauer lediglich fantasielose, extrem sinnlose Kämpfe – die auch noch ausnahmslos alle nach demselben Muster ablaufen sowie schwachsinnige Dialoge… nicht, dass die nicht auch vorher schon schwachsinnig gewesen wären. Wenn man dann auch noch dermaßen (ungewohnter) technischer Inkompetenz ausgesetzt ist, wie sie hier – also, im Film, nicht in der Kritik, newa – zu finden ist, dann ist es ganz vorbei. So manches Mal wacht man auf und fragt sich, ob man nicht plötzlich in einem Jess Franco-Film gelandet ist – was durchaus etwas Positives mit sich gebracht hätte –, schließlich hat der Maestro das mit dem Fokus auch nicht immer so richtig hinbekommen – wobei das bei Franco ja schon wieder Stil hat. Im Tempel der roten Loser… oder so… jedoch, bekommt man davon nur noch mehr Kopfschmerzen, als man sie ohnehin schon ob der gähnen Langeweile und dümmlichen Dumpfheit verspürt.

In diesem Sinne: „Wir zünden einfach Dragon Jins Schloss an. Dann sind wir die Sache los!“

P.S.: Wer schon immer mal sehen wollte, wie man jemanden ohrfeigt der zwei Meter weit weg steht, und das ohne die Spannweite von Dirk Nowitzki, ja, der muss sich wohl doch mal hier durchkämpfen.

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FAZIT:

Tja, fast als hätte ich nochmal GRINDHOUSE gesehen. Denn Rodriguez und Tarantinos nettes kleines B-Filmprojekt ist in etwa genauso aufgebaut wie mein selbstgebasteltes Donnerstagsabend-Double Feature. Zuerst mit jeder Menge Witz, Spaß, Action und Splatter ordentlich auf die Kacke hauen und dann mit endlosen lahmen Gequatsche über dies und jenes die Stimmung vermiesen. Gut, Splatter gab’s zwar auch beim SHAOLIN-GIGANTEN nicht, dafür aber reichlich Unterhaltung – ganz im Gegensatz zum roten Globus… äh Lotus. Der siecht genauso vor sich hin wie der, anfangs noch geneigte, Zuschauer während man sich fragt, warum man sich das noch länger antut. Fassen wir also zusammen: So ein thematisches Double Feature ist rein prinzipiell eine feine Sache, spaßig und mal was anderes, es kommt jedoch ganz genau auf die Filmauswahl drauf an, sonst kann aus einer spaßigen Runde Kung-Fu ganz schnell eine Runde gepflegter Langeweile werden. Oder kurz gesagt: DER SHAOLIN-GIGANT hui, WANG YU – DER TEMPEL DES ROTEN LOTUS pfui.

WERTUNG: 5 von 10 tödlichen Haarprachten.
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