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Sliver

Sliver

EROTIKTHRILLER: USA, 1993
Regie: Phillip Noyce
Darsteller: William Baldwin, Tom Berenger, Sharon Stone, Polly Walker

STORY:

Eine Frau in einem Luxusapartment in einem New Yorker Hochhaus wird von einem Mann, den sie zu kennen scheint, von ihrem Balkon gestürzt. Kurz darauf zieht die Lektorin Carly Norris (Sharon Stone) in die somit freigewordene Wohnung. Sie erfährt von dem Vorfall und hört auch, dass schon mehrere Menschen in diesem Hochhaus auf mysteriöse Weise ums Leben gekommen sind.

Doch noch weiß sie nicht, dass jemand sie in ihrer Wohnung per Videoüberwachung beobachtet. Tatsächlich wird das Treiben im gesamten Hochhaus komplett per Video von einem Unbekannten verfolgt. Doch wer ist dieser geheimnisvolle Spanner, ist er auch der Mörder und schwebt jetzt auch Carlys Leben in Gefahr?

KRITIK:

Der Erotikthriller SLIVER (1993) erschien fast zeitgleich mit dem Erotikthriller JADE. Und die Drehbücher zu beiden Filmen stammen von Joe Eszerhas, dem Drehbuchautor des ein Jahr zuvor erschienen Erotikthrillers BASIC INSTINCT, durch den Sharon Stone berühmt wurde. Auch sie spielt - rein zufällig versteht sich - in SLIVER erneut die Hauptrolle. - Tatsächlich war dies für sie direkt der nächste Film nachdem sie der Welt in BASIC INSTINCT ihre Intimrasur präsentiert hatte...

Ja, BASIC INSTINCT war 1992 der weltweit erfolgreichste Film des Jahres und da hatte es Hollywood natürlich mal wieder äußerst eilig für Nachschub zu sorgen. Nur ging die Rechnung in beiden Fällen nicht auf: sowohl JADE und SLIVER fielen nicht nur bei der Kritik durch, sondern floppten auch an der (amerikanischen) Kinokasse. Dies lag Joe Eszterhas zufolge jedoch nicht an seinen Drehbüchern, sondern an den zum Teil massiven Eingriffen, die entgegen seinem Willen, später an diesen vorgenommen wurden.

So stellt der erfolgreichste Drehbuchautor aller Zeiten die Sache jedenfalls in seiner Autobiografie "Hollywood Animal" dar. Und da ich diese soeben gelesen habe und den verrückten Ungarn für einen ziemlich coolen und smarten Typ halte, neige ich inzwischen dazu ihm das auch zu glauben. Denn wenn er in seiner, übrigens sehr empfehlenswerten, dicken Schwarte im Detail darlegt, wo wer was wie abgeändert hat, dann liest sich das wie eine genaue Darstellung sämtlicher Schwächen dieser Filme.

Nun, bei SLIVER waren diese Eingriffe wenigstens nicht so massiv, wie die, welche Friedkin entgegen seines Versprechens an JADE vorgenommen hatte. Und insgesamt weiß dieser Film auch wesentlich mehr zu gefallen. Probleme gab es hier wohl mit dem Regisseur Phillip Noyce,über den sich anscheinend alle beteiligten Schauspieler, insbesondere Sharon Stone, während des Drehs aufgeregt hatten.

Das erklärt vielleicht auch, weshalb diese hier durch die Bank weg äußerst schwach agieren. Selbst Sharon wirkt hier reichlich blass. Aber das mag auch daran liegen, dass man ihr nachdem sie in BASIC INSTINCT die ultimative Männer mordende Femme fatale verkörperte, ihre hiesige Rolle als eher unbedarftes Blondchen nicht so recht abnehmen mag.

Ansonsten ist SLIVER jedoch recht stylisch und schön flüssig inszeniert. Optisch gefielt mir der Streifen auf jeden Fall um Längen besser, als JADE. Und auch die Handlung ist hier, wenn auch anfangs recht zäh, weit weniger verkorkst. SLIVER geht auch von einer, wie ich finde, zwar sehr simplen,aber zugleich sehr reizvollen Prämisse aus. Der Film ist in etwa eine Mischung aus einem Hightech-Update von Hitchcocks FENSTER ZUM HOF und von Filmen Brian de Palmas, wie DRESSED TO KILL und BODY DOUBLE.

Wie bei DAS FENSTER ZUM HOF (und wie bei den meisten persönlichen Filmen de Palmas) geht es hier um das Thema Voyeurismus und auch dessen Nähe zum Film. So ist es z.B. schon sehr entlarvend, wenn auf dem heimischen Bildschirm Bildschirme erscheinen, die heimliche Blicke in Schlaf- und Badezimmer zeigen. Spätestens an dieser Stelle sollte jedem klar werden, dass die Zuschauer, und unter ihnen natürlich insbesondere die Betrachter solcher Erotikthriller, ebensolche heimlichen Voyeure sind, wie der große Unbekannte im Film.

Und zu diesem Thema bietet SLIVER wirklich ein paar sehr schöne Szenen. So nützt z.B. auch die heimlich observierte Carly ein, ihr von einem Unbekannten geschenktes, Teleskop dazu, um die Bewohner der umliegenden Häuser auszuspionieren. Und als sie eine Party veranstaltet, ist die größte Attraktion somit ein weit entfernt am offenen Fenster poppendes Pärchen. Und als Carly, nachdem sich ihre Gäste verabschiedet haben, noch einen letzten Blick auf dieses Pärchen werfen will, sieht sie , wie nun diese nun ihrerseits Carly mit ihrem (!) Teleskop dabei beobachten, wie diese sie mit einem Teleskop beobachtet...

Aber ein entscheidender Teil wurde auch an dem Drehbuch von SLIVER nachträglich geändert und das ist der Schluss. Wer wissen will, wie dieser ursprünglich gedacht war, dem rate ich dazu sich bei Amazon für wenige Euro "Hollywood Animal" zu kaufen. - Jedenfalls war das Ende in der originalen Drehbuchfassung für Hollywoodverhältnisse noch weit ungewöhnlicher, als der in BASIC INSTINCT. Und mit dem Originalschluss wurde leider auch ein Großteil des ursprünglichen provokativen Potentials des Films durch eine für Hollywood typische lachhafte Message ersetzt.

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FAZIT:

Der Erotikthriller SLIVER bietet allen Unkenrufen zum trotz eine ganz Reihe von recht interessanten und guten Ansätzen. Das Problem des Films ist nicht, dass er wirklich schlecht wäre, sondern, dass er nicht über diese Ansätze hinausgekommen ist.

WERTUNG: 6 von 10 per Kamera beobachtete Masturbationen in der Badewanne
TEXT © Gregor Torinus
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