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Steven Seagal: Code of Honor

Steven Seagal: Code of Honor

ACTION: USA, 2016
Regie: Michael Winnick
Darsteller: Steven Seagal, Helena Mattsson, Craig Sheffer, Louis Mandylor

STORY:

Steven Seagal ist Veteran einer Spezialeinheit, der seine Familie bei einer Schießerei zweier befeindeter Banden verloren hat. Es blieb ihm also gar nichts anderes übrig, als einen Krieg gegen die Kriminalität in seiner Stadt zu starten. Während die Polizei zwar ermittelt, aber insgeheim recht froh ist, dass sie nicht mehr so viel zu tun hat, macht ein ehemaliger Kamerad Jagd auf ihn, um ihn aufzuhalten. Schließlich kommt es zum alles entscheidenden Duell - doch ist wirklich alles so, wie es scheint?

KRITIK:

Bei meinem kürzlichem Aufenthalt in England habe ich glücklicherweise Seagals neusten Film CODE OF HONOR auf DVD gefunden. Bis zur deutschen Veröffentlichung wollte ich nicht mehr warten, schon gar nicht, nachdem mir eine Kollegin vor kurzem erzählt hatte, dass es den Film schon "für lau" im Internet zu streamen gibt. Warum sollte ich länger warten, als die Säcke, die sich damit begnügen Filme im Briefmarkenformat auf ihrem Handy zu gucken und die Arbeit der Filmschaffenden nicht honorieren? Eben.

Außerdem hatte ich mich auf CODE OF HONOR riesig gefreut, denn der Trailer macht schon einiges her und verspricht deftige Seagal-Action. Die Geschichte des Films hört sich zwar extrem nach Marvels Punisher an, aber im Endeffekt spielt Seagal so gut wie immer einen Vigilanten, der ohne jede Gnade seine Gegner auslöscht. Die Parallelen waren also schon seit eh und je vorhanden, wenn man so will. 

Außerdem ist CODE OF HONOR seit einiger Zeit mal wieder ein Seagal-Film, der nicht von Keoni Waxman inszeniert wurde. Ich halte Waxman zwar für einen begabten Seagal-DTV-Regisseur und bin ihm dafür dankbar, dass er den Meister aus dem dunklen Loch der Ostblock-Mistfilme rausgeholt hat. Aber wie ich schon in der Besprechung zu MERCENARY: ABSOLUTION geschrieben habe, seine Film ähneln sich alle verdammt stark. Seien es die beliebten Überwachungskamera-Aufnahmen oder die unzähligen Aufenthalte in Stripclubs – also, in der Handlung. Wobei ich nicht bezweifeln würde, dass Seagal nach Drehschluss gleich dageblieben ist.

Ein bisschen Abwechslung kann also nicht schaden und außerdem hat Waxman laut der IMDb schon wieder mindestens zwei Seagal-Filme in Arbeit, so dass wir auf ihn auch gar nicht verzichten müssen. CODE OF HONOR-Regisseur Michael Winnick hingegen ist ein eher unbeschriebenes Blatt. Viel hat er vorher nicht gedreht, aber immerhin mit Christian Slater gearbeitet – was auch immer das heißen mag. Von dem Film GUNS AND GIRLS habe ich zumindest noch nichts gehört.

Ich muss es gleich loswerden, er macht seine Sache gar nicht schlecht. Wie erhofft, bringt er etwas visuell-frischen Wind in Seagals späte DTV-Ära. Einige gut konstruierte Luftaufnahmen – dank günstiger Drohnentechnik heutzutage selbst im DTV-Bereich kein Problem mehr – sehen sehr hübsch aus.

Dazu kommt, dass Winnick es schafft, ähnlich wie Waxman, den Double-Einsatz relativ gut zu verschleiern. Wobei Seagal in CODE OF HONOR ungewöhnlich viel zu sehen ist, was aber daran liegt, dass es leider so gut wie keine Mann-gegen-Mann-Kämpfe mit ihm gibt. Die meiste Zeit sitzt oder liegt er irgendwo rum, in seinem für die Bart-Epoche typischen Outfit mit getönter Brille, Kopftuch, Kappe und Militärkleidung, und erschießt böse Leute mit einem Scharfschützengewehr. So gefällt sich Seagal inzwischen eben am besten – mal ganz davon abgesehen, dass er eh nicht mehr der Jüngste ist und mit seinem Gewicht so schon zu kämpfen hat.

Das bemerkt man leider sehr stark während seines Endkampfs, einem der gern gesehenen Messerkämpfe Seagals. Denn seine Techniken sehen nun mal sehr gut aus und machen auch Spaß – ich erinnere nur zu gerne an den legendären Kampf gegen Tommy Lee Jones in ALARMSTUFE: ROT. Hier hingegen wirken seine Bewegungen behäbig, als wären sie für ihn sehr mühsam – man kann ihn förmlich schnaufen sehen. Die mit Stuntdouble gedrehten Einstellungen wirken deutlich eleganter. Das Ganze macht es etwas schwer zu erkennen, ob Michael Winnick nicht verstanden hat, dass das Steckenpferd Seagals einfach seine Kampfkünste sind, ob Seagal keinen Bock drauf hatte oder ob Winnick bewusst weitestgehend auf Nahkämpfe verzichtet hat, um Seagal nicht allzu viel doubeln lassen zu müssen.

In CODE OF HONOR wird besonders deutlich, dass sich Seagal-Filme zwar immer noch um Seagal drehen, er aber nicht mehr im Mittelpunkt steht. In der frühen WB-Ära Seagals – also vor allem bei seinen Filmen wie NICO, DEADLY REVENGE - DAS BROOKLYN MASSAKER, HARD TO KILL und so weiter – war Seagal stets der Dreh- und Angelpunkt der Geschichten. Sie drehte sich nur um ihn. Inzwischen drehen sich seine Film häufig um andere Figuren, während er einfach darin vorkommt und durch sein bloßes Erscheinen einen Seagal-Film daraus macht. So dreht sich auch CODE OF HONOR eher um William Porter und Detective Peterson, als um Seagals Robert Sikes – auch wenn der mit seiner Selbstjustiz der Auslöser Ereignisse zu sein scheint.

Über weite Teile funktioniert Winnicks Drehbuch so auch relativ gut – Seagal legt Leute um und gleichzeitig gibt es eine recht spannende Geschichte um einen Polizisten, William Porter und eine exotische Tänzerin. Aber im letzten Drittel entgleitet Winnick der Film und die Geschichte wird zum groben Blödsinn. Jetzt kommen einige Spoiler, wer den Film also unvoreingenommen sehen will, sollte den nächsten Absatz überspringen, sonst verrate ich ihm den "großen" Twist.

Es wird am Ende von CODE OF HONOR angedeutet, dass Seagals Sikes und Porter dieselbe Person sind – da hat Winnick wohl FIGHT CLUB geguckt – und er durch den Verlust seiner Familie schizophren geworden ist. Was letztlich dazu geführt hat, dass er Verbrecher umnietet und sich gleichzeitig dafür jagt. Gleichzeitig wird diese Theorie im Film selbst wieder verworfen, weil nach dem finalen Duell der beiden, das in einer Explosion endet, eine Leiche gefunden wird, jemand anderes aber dem Kind der Tänzerin etwas von Porter schenkt – nämlich den Baseballhandschuh von Porters totem Sohn. Dazu kommt, dass die Polizei vom Militär zwei Akten geschickt bekommt – einmal die von Sikes und einmal die von Porter. Beide sind oder waren also zwei verschiedene Personen. Seagal wird wohl auch kaum in seinem eigenen Film das Zeitliche segnen - das gab es das letzte Mal in EINSAME ENTSCHEIDUNG und das war auch gleichzeitig das letzte Mal. Dann müsste Seagal dem Kind der Nutte etwas von Porter geschenkt haben. Was auch wenig Sinn ergibt, denn der kannte Porter zwar gut, hatte aber keine Ahnung, dass der Junge so an Porters Baseballhandschuh hängt. Alles in allem ergibt das kaum Sinn und macht einiges von dem relativ guten Eindruck des vorhergehenden Films ziemlich kaputt. Dadurch werden einfach zu viele Erinnerungen an die sinnlos komplizierten Ostblock-Film der frühen DTV-Ära geweckt.

Immerhin kann CODE OF HONOR noch mit einer gelungenen Ausstattung aufwarten und sieht für einen DTV-Actioner ziemlich gut aus. Es gibt einige verschiedene Sets und recht gute Schauspieler. Eines der Sets ist – wie sollte es anders sein – ein Stripclub, in dem eine der sinnlosesten Szenen des ganzen Films spielt. Nachdem mehrere Minuten lang blanke Titten und das Gesicht Seagals in Nahaufnahme sich abgewechselt haben, jagt Seagal den Laden in die Luft um eine Gang auszuschalten. Netterweise hat er eine Bombe gezündet, die nur die Gangmitglieder tötet und die Tänzerinnen verschont – eventuell braucht Seagal die ja hinterher noch. Aber hey, ich beschwer mich nicht über die Gratis-Möpse.

Was jedoch gar nicht geht, ist der übermäßige Einsatz von CGI-Blut und -Treffern. Das sieht schon bei teuren Produktionen wie THE EXPENDABLES richtig scheiße aus, aber bei einer Produktion die kein Geld für sowas hat, sieht es auch noch viel, viel beschissener aus. Als hätte jemand Frame für Frame mit MS Paint Blutflecken aufgemalt und dazu kommt, dass sich die Darsteller manchmal nachträglich bewegen, wodurch die Blutflecken auch noch verrutschen. Wann lernen es die Leute endlich – wer sich keine Squibs leisten kann, sollte die Leute halt einfach unblutig umfallen lassen. Das sieht allemal besser aus.

In diesem Sinne: "Oh, and the scary Guy in the back isn't tipping."

Steven Seagal: Code of Honor Bild 1
Steven Seagal: Code of Honor Bild 2
Steven Seagal: Code of Honor Bild 3
Steven Seagal: Code of Honor Bild 4
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Steven Seagal: Code of Honor Bild 9
Steven Seagal: Code of Honor Bild 10
FAZIT:

CODE OF HONOR ist gar kein schlechter Seagal-Film. Zumindest wenn man sich damit abgefunden hat, dass die NICO-Zeiten und selbst die Zeiten eines URBAN JUSTICE schon lange vorbei sind. Besser als hier oder auch in MERCENARY: ABSOLUTION wird's wohl kaum noch werden. Es ist schade, dass Seagal sich vornehmlich auf das Erschießen von Leuten konzentriert und kein einziges Handgelenk bricht. Sein Kampfstil ist immer noch unvergleichlich und brutal, aber es macht sich langsam bemerkbar, wie fertig der Meister eigentlich ist. Dadurch sieht sein Aikido leider arg nach altem Mann aus – aber das ist immer noch besser, als bloßes Rumgeballer. Die Geschichte von CODE OF HONOR geht klar, bis sie sich mit dem End-Twist in totalen Schwachfug verwandelt, aber bis dahin hat Seagal immerhin schon einen ordentlichen Bodycount angehäuft. Alles in allem kann ich CODE OF HONOR noch empfehlen, auch wenn der Trailer schon fast lässiger daher kommt.

WERTUNG: 5 von 10 Bomben unterm Stuhl.
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Hockeymask86 | 19.04.2017 16:03
Wie immer unterhaltsame Kritik. Wann kommen neue Kritiken zu den Ergüssen des Meisters.
Johannes | 20.04.2017 11:00
Danke, bald geht es weiter. :)
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