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Steven Seagal: The Patriot

Steven Seagal: The Patriot

ACTION: USA, 1998
Regie: Dean Semler
Darsteller: Steven Seagal, Gailard Sartain, L.Q. Jones, Silas Weir Mitchell, Camilla Belle

STORY:

Steven Seagal ist Dr. Wesley McClaren - Heilpraktiker, Ex-Agent und Öko-Indianer. Als eine rechte Terrorgruppe in seinem Heimatdorf ein tödliches Virus freisetzt und die US-Armee das ganze Gebiet absperrt, kämpft er um das Überleben seiner kleinen Tochter und der gesamten Bevölkerung.

Außerdem bringt THE PATRIOT den Beweis, dass Seagal nur eine Brille tragen müsste, um die Augen nicht mehr zusammenzukneifen. Aber das nur nebenbei bemerkt...

KRITIK:

Mit THE PATRIOT schnupperte Steven Seagal anno 1998 das erste Mal die leicht muffige Direct-to-Video-Luft, die später noch zu seiner einzigen Sauerstoffquelle werden sollte. Nach den beiden Flops GLIMMER MAN und FIRE DOWN BELOW hatte sich Warner Brothers von Seagal getrennt und seine eigene Produktionsklitsche Seagal/Nasser hatte vermutlich nicht das nötige Kleingeld, um THE PATRIOT mit einer Leinwandauswertung zu verwöhnen. Auf jeden Fall ergriff Seagal die Gelegenheit beim Schopfe und nutzte die neugewonnene Freiheit um einmal mehr Themen anzusprechen, die ihm zum damaligen Zeitpunkt sehr wichtig erschienen - Umweltschutz, Homöopathie und seine indianische Abstammung - hust, hust.

Erschreckenderweise fällt eins sofort auf. Obwohl nur eine DTV-Produktion sieht THE PATRIOT sehr viel besser aus, vor allem mehr nach Kino, als der direkte Vorgänger FIRE DOWN BELOW - der immerhin noch im Kino gezeigt wurde. Eigentlich paradox, aber bei genauerer Betrachtung verwundert der gravierende optische Unterschied nicht weiter. Schließlich ist Dean Semmler ein renommierter Kameramann und sorgte schon bei MAD MAX II und III sowie DER MIT DEM WOLF TANZT für gelungene (Natur-)Aufnahmen und Atmosphäre. Der Mann ist talentiert, keine Frage und holte aus dem DTV-Budget wirklich gelungene Einstellungen heraus. Semler wusste einfach etwas mit der Kamera und der schönen Kulisse anzufangen.

Was er jedoch leider nicht wusste war, wie man einen Steven Seagal-Film dreht. Was eine Art ultrabrutale Mischung aus OUTBREAK und WALKING TALL hätte werden können, wurde so zum mäßig spannend Öko-Thriller, bei dem man vergeblich auf die gewohnte Action wartet. Formal ist erstmal nicht allzu viel falsch. Drehbuch und Regie nahmen sich viel Zeit um die Hauptfigur einzuführen, zu etablieren und bauen nach und nach sogar eine recht bedrohliche Atmosphäre, folgen also den üblichen Spielregeln. Bloß passt Seagal da nicht rein. Den Vergleich mit OUTBREAK kann THE PATRIOT in keiner Weise gewinnen und die einzige Komponente die ihn hervorgehoben hätte - Seagal nämlich - wird gnadenlos verspielt.

Als die Terroristen später beschließen, sich Seagals Tochter zu schnappen um an ihr nach dem Gegenmittel zu forschen, ging kurz mein Herz auf - wer sich an Seagals Liebsten vergreift, endet in der Regel unnatürlich verdreht, mit gebrochenen Handgelenken und nie wieder heilenden Knochenbrüchen auf dem Boden. Wer Glück hat, erlebt den Aufprall gar nicht mehr. Sollte es also endlich rund gehen? Weit gefehlt - nicht in THE PATRIOT, dem vermutlich lahmsten Seagal-Streifen der 90er Jahre. Nach einem kurzen, farblosen Gerangel ist schon alles wieder vorbei und die nächste gute Stunde dürfen wir wieder zusehen, wie Seagal durch die Gegend reitet, sich eine indianische Herkunft zurecht lügt und irgendwas von Wildblumen faselt.

Auch die folgende Sequenz in der Wissenschaftler Seagal fieberhaft - höhö - nach einem Gegenmittel forscht ist nicht gerade von Spannung geprägt. Zwar hat sich Dean Semler einige nette Einstellungen einfallen lassen, aber selbst wenn Seagal voller Wut und Verzweiflung sein Arbeitszimmer zerlegt, will das nicht so recht ziehen - immerhin hätte er in der selben Zeit auch ein paar Terroristen zerlegen können. Dass letztlich der Wildblumentee die Lösung bringt ist nach den zahlreichen vorangegangenen Anspielungen letztlich auch keine Überraschung. Die Auflösung um das Heilmittel ist in etwa genauso dezent platziert wie die „Öko- und Indianer sind die besten“-Botschaften mit denen THE PATRIOT gut 90 Minuten langweilt.

Im Übrigen ist die Botschaft des Films - "Indianer über alles, der weiße Mann ist der Teufel" - in etwa genauso fragwürdig wie die frühen US-Western, in denen die Indianer stets die bösen Meuchelmörder waren, die nichts als den Skalp der armen Weißen erbeuten wollten. Darüber hinaus sind Seagals Binsenweisheiten in Sachen Homöopathie und Naturschutz - Rettet die Wale und so - wieder einmal äußerst platt, aber immerhin noch halbwegs geschickt in die Handlung eingeflochten. Von seinen 90er-Naturschutzfilmen dürfte THE PATRIOT immerhin der kompetenteste sein, wenn es darum geht, die Botschaft in die Handlung zu integrieren. Wenn er jetzt auch noch der interessanteste wäre, hätten alle Seiten gewonnen.

Gewonnen hat vor allem Seagal, denn immerhin beweist er mit seiner Rolle in THE PATRIOT, dass er wenigstens halbwegs so tun könnte, als würde er schauspielern. Sollte ihm also irgendwann jemand die Waffe auf die Brust setzen und beweisen müssen, dass er es kann, dann... würde Seagal ihn vermutlich entwaffnen und verstümmeln, aber ihr wisst worauf ich hinaus will. Die Beziehung zu seiner Tochter nehme ich ihm ab und auch ansonsten wirkt Seagal nicht ganz so psychopathisch-arrogant wie normalerweise - was vermutlich auch mit der Synchronisation zu tun hat. Denn in THE PATRIOT wird Seagal ausnahmsweise von Manfred Lehmann gesprochen und dessen warme Stimme lässt gleich an Bruce Willis denken - schauderhaft. Versteht mich nicht falsch, ich mag Bruce Willis' deutsche Synchronstimme, aber eben für Bruce Willis. Steven Seagal ohne seinen gewohnten Stammsprecher Ekkehardt Belle ist wie ein Aikidogriff ohne Gelenkhebel oder Steven Seagal ohne Pomade im Haar.

In diesem Sinne: "Wenn Du Fehler machst, hast Du das von deiner Mutter. Wenn Du alles richtig machst, hast Du das von mir."

Steven Seagal: The Patriot Bild 1
Steven Seagal: The Patriot Bild 2
Steven Seagal: The Patriot Bild 3
Steven Seagal: The Patriot Bild 4
Steven Seagal: The Patriot Bild 5
Steven Seagal: The Patriot Bild 6
FAZIT:

THE PATRIOT hat im Prinzip alle Voraussetzungen für einen guten Seagal-Film: Böse Terroristen zum Verdreschen, CIA-Vergangenheit und Wildblumensud. Dazu sieht THE PATRIOT auch optisch ziemlich gut aus, bietet schöne Landschaftsaufnahmen und teils geschickte Einstellungen, wie man sie von einer Direct-to-Video-Produktion eigentlich nicht erwarten würde sowie ein in die Ausstattung investiertes Produktionsbudget.

Letzen Endes dabei herausgekommen ist leider nichts weiter als ein müder OUTBREAK-Klon im Gewand eines schwülstigen Öko-Thrillers, schamlos verkauft als Steven Segal-Film. Wenn man keinen Actionklopper erwartet, durchaus noch akzeptabel, aber Seagal-Fans werden definitiv enttäuscht und unbefriedigt zurückbleiben. Daher höchstens Komplettisten und jenen zu empfehlen, denen die üblichen Seagal-Filme zu brutal sind.

WERTUNG: 4 von 10 selbstgebackenen Kuchen.
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