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Tropa de Elite

Tropa de Elite

ACTION: BRA, 2007
Regie: José Padilha
Darsteller: Wagner Moura, Caio Junqueira, André Ramiro

STORY:

Zur Unterstützung der regulären Polizei schickt die brasilianische Regierung eine Spezialeinheit namens BOPE in die Favelas. Die verfolgt die bewährte "Zuerst schießen, dann fragen"-Politik.
BOPE-Kommandant Nascimento will indes aussteigen: Nächtliche Panikattacken und die werdende Vaterschaft zwingen ihn dazu. Doch bis es so weit ist, muss noch der eine oder andere Dealer gefoltert und ein würdiger Nachfolger gefunden werden.

KRITIK:

Gutes Auftreten ist alles: Deshalb tragen die schneidigen Prachtkerle der titelgebenden Polizei-Elitetruppe dunkle Barette, armdicke automatische Waffen und ein todschickes Totenkopflogo auf der schwarzen Uniform.

Doch nicht nur outfit-technisch lässt die gute alte Gestapo grüßen: Falls du zur falschen Zeit am falschen Ort bist (was, wenn du in einer Favela wohnst, automatisch der Fall ist), musst du schon froh sein, wenn du nur einen Plastiksack über den Kopf gezogen bekommst. Denn wenn die BOPE-Leute einen schlechten Tag haben, knallen sie dich einfach so über den Haufen.

Im Ernst, gegen diese real existierende Spezialeinheit war selbst Charles Bronson ein Pazifist und die Marines aus Kubricks FULL METAL JACKET ein Haufen schwuler Emo-Warmduscher.

TROPA DE ELITE, das Spielfilmdebut des brasilianischen Dokumentarfilmers José Padilha, war ursprünglich als Dokumentation geplant. Das Problem war, dass keiner der BOPE-Leute vor der Kamera sprechen wollte. Also wurde das Drehbuch mit Hilfe zweier Ex-BOPA-Mitglieder zu einem Spielfilm umgeschrieben.

Genauer gesagt: Zu einem Actionreißer aus "Bullenschweinsicht” (Zitat Falter), in der ein offensichtlicher Faschist aus dem Off seine Sicht der Dinge darlegt: Unschuldsvermutung? Geh bitte! Weg mit den Verbrechern und den Korrupten! Wer dealt, muss halt damit rechnen, eine Kugel in den Bauch zu bekommen. Ob es den reichen linken Studenten mit ihrem naiven Gerede von Rechtsstaat und Gesetz passt oder nicht.

Der Film, der wohl nicht ganz zu Unrecht unter Faschismusverherrlichungsverdacht geriet und von der brasilianischen Rechten abgefeiert wurde, macht es einem auch wirklich nicht leicht: Verdammt, meinen sie das wirklich ernst? Wo endet die Realität, wo fängt die Fiktion an?

Vielleicht gelingt dem Film, gerade weil er einen bewusst unaufgeklärten Blickwinkel wählt, ein präziserer Blick auf die Realität von erdrückender Armut, allumfassender Korruption und Gewalt in den Slumvierteln, als wir westliche Bildungsbürger in unseren sanierten Altbauwohungen es uns vorstellen können.

Bleibt noch zu sagen, dass das Werk filmtechnisch alle Stückerln spielt: Die hektische Handkamera sorgt für Dynamik, harte Musik und Stakkato-Schnitte treiben das gewalttätige Geschehen voran, und es gibt zwei, drei Szenen, die einen mit offenem Mund zurücklassen ob ihrer Unmittelbarkeit und zynischen Brutalität. Ich sage nur: Die "Essenspause”...

In Brasilien war TROPA DE ELITE ein kontrovers diskutierter Kassenknüller, und 2008 folgte der Hauptpreis der Berlinale. Also auch ein Arthouse-Film, irgendwie...

Tropa de Elite Bild 1
Tropa de Elite Bild 2
Tropa de Elite Bild 3
Tropa de Elite Bild 4
Tropa de Elite Bild 5
FAZIT:

Umstrittener semidokumentarischer Actionreißer über eine Polizeieinheit, die in Rio den Drogenkrieg nach Gestapo-Manier führt. Harter Stoff in jeder Hinsicht. Läuft exklusiv im Wiener Top-Kino.

WERTUNG: 8 von 10 über die Bezirksgrenze getragener Leichensäcke
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Ralph | 01.11.2010 00:02
Erste Hälfte war gut strukturiert und gab einen verdammt guten Überblick über ein korruptes System. Zweite Hälfte beschäftigte sich mehr mit der faschistischen Spezialeinheit. War nicht minder interessant, aber tatsächlich hart an der Grenze. Ich frage mich aber nur ob die Rechten in Brasilien, die diesen Film abgefeiert haben nicht gesehen haben, dass sich die Probleme so auch nicht lösen lassen werden. Ist jetzt interepretationssache, aber ich denke der Film hat genau das gezeigt. Daher auch von mir 8/10. War sehr gut, echt.
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