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28 Years Later

28 Years Later

HORROR: GB/USA, 2023
Regie: Danny Boyle
Darsteller: Aaron Taylor-Johnson, Alfie Williams, Ralph Fiennes, Jodie Comer

STORY:

28 Jahre nach dem Virus-Ausbruch: Ganz Großbritannien steht nach wie vor unter der Knute des Rage-Virus, der große Teile der Bevölkerung in rasende Zombies verwandelt hat. Ganz Großbritannien? Nein, ein kleines, von Unbeugsamen bevölkertes schottisches Eiland hält die infizierten Tobenden mit Pfeil und Bogen auf Distanz. Wer aufs Festland will - zur Jagd, zur Brennholzbeschaffung-, muss waren, bis die Ebbe einen schmalen Damm freigibt. Und man tut gut daran, die Augen offen zu halten und genügend Pfeile mitzunehmen. Wie der zwölfjährige Spike, der heute mit seinem Vater zu seinem ersten Jagd-Ausflug ausrückt. Es wird nervenaufreibend, so viel darf verraten werden.

KRITIK:

28 Jahre waren es dann doch nicht. 23 Jahre nach 28 DAYS LATER, dem Film, mit dem Danny Boyle (Regie) und Alex Garland (Autor) einen beispiellosen Zombie-Hype lostraten, geht die Zombie-Apokalypse-Saga in die dritte Runde. Welche wiederrum den Auftakt zu einer neuen Runde Zombie-Apokalypse markiert. 28 YEARS LATER wurde nämlich back-to-back mit seiner Fortsetzung 28 YEARS LATER - THE BONE TEMPLE gedreht, der dann 2026 die Multiplexe rocken wird.

Aber bleiben wir vorerst mal in der Gegenwart. Diese Zeilen hab ich direkt nach dem Kinobesuch hochgradig euphorisiert in mein Handy getippt: 28 YEARS LATER toppt so ziemlich alles, was dieses Jahr im Kino zu sehen war und wahrscheinlich noch zu sehen sein wird. Atemlose Spannung, völlig irre, surreale Bilder und ein Finale, das im ersten Moment wie "Apocalypse Now" aussieht und dann zur (natur)philosophischen Meditation über das Leben und die Vergänglichkeit mutiert. Alex Garland und Danny Boyle, was für ein Dream-Team.

Und offenbar stehe ich damit nicht ganz allein da. Der filmaffine Teil meiner Facebook-Freunde hat 28 YEARS LATER ebenfalls am ersten Tag gesehen  und zeigt sich weitestgehend begeistert: "Emotional, hart, grausam, kompromisslos, toxisch (auch gesellschaftlich) und mit verstörend zarten, aber nicht weniger starken Zwischentönen. Wer hätte gedacht, dass ich mal mit leuchtenden Augen und heftig pochendem Herzen aus einem Zombiefilm stolpere? Ich nicht. Jetzt weiß ich es besser!", schreibt Facebook-Freundin Faye, und Christoph P. ergänzt: "Beyond brilliant schließlich der dritte Akt, der leise anarchisch gegen jede Erwartung angeht, er ist mit "meditativ" nur unzureichend beschrieben - und anrührend as fuck. Das kann man noch als Zombie-Horror bezeichnen, eher ist es aber Folk-Horror, was einige vermutlich irritieren wird."

Das mit der Irritation kann ich bestätigen. Ich habe den Film in dem von meiner transdanubischen Hood aus fußläufig erreichbaren, aber gänzlich un-boboesken Multiplex-Tempel gesehen. Im fast ausverkauften Saal war gegen Ende hin, als das anfangs frenetische Tempo massiv reduziert wurde, doch erhöhtes Handy-Leuchten und vereinzeltes demonstrativ genervtes lautes Ausatmen zu verzeichnen.

Vieles habt ihr, liebe Leute, wie erwähnt ja schon auf Facebook geschrieben. Dass der Film mit einer Kaskade von bis zu 20 in Serie geschalteten iPhones gedreht wurde, was atemberaubend geschnittene Multipositions-Sequenzen entstehen ließ. Dass der Soundtrack (Young Fathers) durch Mark und Bein geht. Und das ist keine Übertreibung. Ich habe so etwas wirklich selten erlebt: Dass ein Gesangsstück, vor 110 Jahren (!) aufgenommen, eine derartig creepy, durch und durch verstörende Stimmung erzeugt: "Boots-boots-boots-boots- moving up and down again".
Danke nochmal an Facebook-Freundin Faye fürs Ausfindig machen dieses Artikels: "That Terrifying Chant in 28 Years Later: Danny Boyle Explains How a 110-Year-Old Recording Came to Define the Film".

Man könnte jetzt noch stundenlang über die popkulturellen Referenzen referieren, die Danny Boyle sehr lustvoll, aber keinesfalls aufdringlich in den Film einfließen lässt. Was in den vielen Rezensionen ein wenig unterschlagen wurde: Dass der Film auch Humor aufblitzen lässt, einen sehr grimmigen freilich. Ausgesprochen lustig fand ich die Sequenz, wo Spike die Bekanntschaft eines unter Sprechdurchfall leidenden schwedischen Soldaten namens Erik macht, der u.a. von Wikingern erzählt. Erik der Wikinger, auch so eine popkulturelle Referenz. Und wie er dem Insel-Buben, der ohne Elektrizität aufgewachsen ist, mit seinen letzten 0,5% Akkustand ein Handy-Foto seiner Verlobten zeigt, das als Leistungsschau der Lippenaufpolsterungs-Branche durchgehen könnte. Und der Junge drauf: "Was ist mit ihrem Gesicht los? Ist sie gegen etwas allergisch?"

28 Years Later Bild 1
28 Years Later Bild 2
28 Years Later Bild 3
28 Years Later Bild 4
28 Years Later Bild 5
FAZIT:

Believe the Hype: 28 YEARS LATER ist tatsächlich so gut, wie überall behauptet wird. Alex Garland und Danny Boyle, was für ein Dream-Team. Für mich ganz klar einer der Filme des Jahres.

WERTUNG: 9 von 10 Morphium-Blaspfeilen
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