KAMMERSPIEL: USA, 2009
Regie: Agnieszka Wójtowicz-Vosloo
Darsteller: Christina Ricci, Liam Neeson, Justin Long, Chandler Canterbury, Celia Weston
Die Lehrerin Anna Taylor wacht nach einem schweren Autounfall im Leichenschauraum auf, wo sie gerade vom Bestatter Eliot Deacon vorbereitet wird. Anna glaubt, noch am Leben zu sein. Doch Eliot behauptet, dass sie wirklich tot sei und er nur deswegen mit ihr reden könne, da er die Gabe besitzt, mit Toten zu sprechen und ihnen so die Möglichkeit gibt, sich mit dem Tod abzufinden. Trotzdem will Anna nicht so recht an ihren Tod glauben. Und auch ihr Quasi-Verlobter Paul und einer ihrer Schüler, Jack, sind der festen Überzeugung, dass Anna noch lebt.
Einen sehr ungewöhnlichen Film hat sich Frau Wójtovicz-Vosloo als Langspielfilm-Debut nach eigenem Drehbuch ausgesucht und obwohl er nicht gerade der große Renner war, hofft die Community auf Neues von ihr, allerdings umsonst bislang. Es blieb ihr einziger Film. Doch wo gehört er eigentlich hin, dieser Film? Spooky Horror, Mystery-Thriller oder philosophisches Drama? Irgendwie passt alles.
Auf alle Fälle ist es ein Kammerspiel, das jederzeit auch auf einer Bühne stattfinden hätte können. Es ist auch ein Film, der handwerklich hervorragend ist - solide ist das Wort, das die Kritik am häufigsten benutzt hat. Besonders faszinierend ist auch, dass Ricci und Neeson trotz den sicherlich nicht besten schauspielerische Leistungen ihrer jeweiligen Karrieren eindrucksvolle charakterliche Tiefe schaffen.
Mann, der ich manchmal bin, muss ich auch gestehen, dass Christina Ricci als Leichnam (oder auch nicht) mich ernstlich über die Vorzüge von Nekrophilie nachdenken ließ. Aber das gehört hier nicht unbedingt her. Schon eher bemerkenswert die Tatsache, dass es dieser Film war, den Liam Neeson gerade drehte, als er "in echt" gerade den Tod seiner Ehefrau, der Schauspielerin Natascha Richardson, aufarbeiten musste. Aber wer weiß, vielleicht war dieser Film genau das rechte Vehikel dafür. Denn über den Tod nachdenken - das tut man, wenn man diesen Film sieht.
Die restlichen mitwirkenden SchauspielerInnen haben nur wenig Screen-Zeit und machen das Beste daraus. Ein atmosphärischer Film, wie er durchaus auch von M. Night Shyamalan hätte sein können, mit all den Vor- und Nachteilen seiner Filme. Die Verweigerung einer kompletten Auflösung des Plots und das damit verbundene Hoffen auf die Interpretationsfreude des Publikums ist allerdings auch die größte Schwäche des Streifens. Mit der schön-morbiden Christina Ricci und dem immer etwas nachdenklichen Liam Neeson hat sie wohl auch die idealen Darsteller gefunden. Trotz aller Bildschönheit hat die philosophische Sperrigkeit des Themas vermutlich doch ein wenig hemmend gewirkt.
Nahezu 100 Minuten Leichenhallenstimmung, einen sinisteren Leichenbeschauer und eine nackte tote Frau. Dazu noch Friedhöfe, Regennächte, verzweifelte Fast-Verlobte und rätselhafte Gespräche über das, was zwischen Leben und Tod ist, ah ja, und jede Menge Rätselraten. Sollte man einen Blick riskieren.