DRAMA: F/GB, 2007
Regie: François Ozon
Darsteller: Romola Garai, Lucy Russell, Michael Fassbender, Sam Neill, Charlotte Rampling
Angel Deverell, ein von sich selbst sehr eingenommenes Schulmädchen aus einem Kaff in England, mit einem Hang zum Schreiben schwülstiger Geschichten, wird über Nacht zur Bestseller-Autorin. Als literarischer Shooting-Star des beginnenden 20. Jahrhunderts kann sie sich neben einem opulenten Landsitz ("Paradise"), einer persönlichen Assistentin und einem Stab von Angestellten auch den Status als Sugarmama für ihre große Liebe, den vermeintlich verkannten Maler Esmé, leisten.
Angels Lebenstraum hat die Haptik von Zuckerwatte: aus wenig Substanz wird Pompöses gesponnen - gewisse Menschen bleiben an ihr "kleben" (und profitieren von ihr), doch zuviel Genuss des süßen Lifestyles verursacht allen Beteiligten Übelkeit...
Für den lebenserfahrenen Kinobesucher gibt es in diesem Film keine Überraschung, es steht außer Frage, dass das Korsett von Angels Traumwelt irgendwann einmal gesprengt werden muss. Doch: wird Angel dies überhaupt bemerken?
Die rührige Eingangsmelodie, der Blick auf ein verschneites englisches Dorf und die
stilisierte pinke Schrift im Vorspann lassen Kitsch erahnen,
und sind doch nur Vorboten für Heiratsanträge unter dem Regenbogen,
körndl-pickende Pfauen in der Einfahrt und über üppigen Dekolletes baumelnde Stoppellocken.
Francois Ozon hat einen State-of-the-Art Kostümschinken gedreht, der alle Stückerln spielt; laut Pressemappe "ein schillerndes Werk in der Tradition des großen Gefühlskinos der dreißiger und vierziger Jahre".
Was man besonders plakativ (im wahrsten Sinne des Wortes) an der Nachahmung der damaligen filmtechnischen Möglichkeiten erkennt: "Kamelritte" mit Fototapete der Pyramiden von Gizeh im Hintergrund zum Beispiel.
Die relative Newcomerin Romola Garai spielt sehr lebhaft und meistert glaubwürdig die Jahrzehnte vom kapriziösen Schulmädchen und bis zur augenberingten Bohemienne. Auch ihrem Gegenpart, Michael Fassbender als Esmé, nimmt man die Rolle des Pinsel schwingenden (ja: zweideutig!) Feschaks komplett ab, während Charlotte Rampling leider nur die Rolle der Spaßverderberin am Rande abbekommen hat.
Trotz Mangel an wirklicher Spannung oder gar Überraschungen vergehen die 137 Minuten kurzweilig und vergnüglich. Was braucht man mehr in der Hitze des Sommers?
Ein Leben wie ein Baiser: außen süß und innen viel Luft - man möchte Angel, die immer irgendwie wie ein Riesenbaby erscheint, nehmen und wachrütteln, bis man sich besinnt: ist ja nur ein Film.
Kinostart am 10. August 2007!