OT: Arabella l'angelo nero
GIALLO/EROTIKTHRILLER: ITALIEN, 1989
Regie: Stelvio Massi
Darsteller: Tinì Cansino, Francesco Casale, Ida Galli, Valentina Visconti
Der Schriftsteller Francesco Veronese (Francesco Casale) heiratet die dralle Schönheit Arabella (Tinì Cansino). Doch ihr Glück ist nur von sehr kurzer Dauer, denn bereits auf der Rückfahrt von der kirchlichen Trauung kommt es zu einem Verkehrsunfall, der Francesco an den Rollstuhl fesselt. Der Begriff Verkehrsunfall ist hier durchaus doppeldeutig gemeint, denn Schuld war der Fellatio bei der Autofahrt!
Fortan sucht sich die nymphomane Arabella ihre perversen sexuellen Abenteuer vorrangig im Rotlichtmilieu. Dabei folgt ihr ein Mörder mit schwarzen Handschuhen, der mit einer Schere sowohl die Genitalien ihrer Sexpartner, als auch die von Arabella weniger genehmen Personen verstümmelt. In dem Fall ermittelt die lesbische Inspektorin Gina Fowler (Valentina Visconti), die sich durch die Scherenmorde erneut mit den Gespenstern ihrer Vergangenheit konfrontiert sieht ...
KRITIK:Dieser Giallo von Stelvio Massi stammt aus dem Jahre 1989. Das war eine für das Genre recht schwierige Zeit: Die meisten der alten Heroen aus den 70ern, die damals wahre Meisterwerke produziert hatten, bekamen nun immer größere Probleme überhaupt noch einen Film im Genre zu produzieren. Und wenn sie dann doch wenigstens einmal einen Giallo fürs Kabelfernsehen drehen durften, zeigte das Ergebnis meist nur noch wenig von dem Stil aus den längst vergangenen, glorreichen Tagen.
Auch Stelvio Massi hatte mit seinem DAY-KILLER bereits 1974 einen waschechten Giallo abgeliefert. Der Film hatte aber auch bereits gezeigt, dass die mögliche Fallhöhe in Bezug auf Herrn Massi nicht allzu dramatisch war. Denn schon der DAY-KILLER zeigte sich ganz entschlackt von unnötigen Firlefanz wie Style oder gar Virtuosität. Stattdessen konzentrierte er sich lieber auf seine, im Rahmen einer leidlich spannenden Story dargebotenen, sleazigen Morde ("Auf der Klitoris fand sich das grob eingeritzte Fruchtbarkeitssymbol" - !!!).
Und wie die Inhaltsangabe zu ARABELLA bereits erkennen lässt, ist sich Herr Massi auch Ende der 80er ganz treu geblieben. Somit gehört er zu den wenigen Gewinnern des Genres, die sich auch noch in dieser späten Epoche ungehindert entfalten konnten. Das Ergebnis ist eine wahre Sleaze-Granate, in sich in ihrer ungehemmten Schmierigkeit gar Krachern wie GIALLO A VENEZIA und THE NEW YORK RIPPER annähert.
Im Gegensatz zu Landi und Fulci versucht Massi jedoch in keinster Weise zu schockieren. ARABELLA ist kein Gore-Spektakel, sondern ein extremst sleaziger Erotikthriller. So dienen auch die in Genitalien gerammten Scheren lediglich der weiteren Ausschmückung der allgegenwärtigen Schmierigkeit und Perversion.
Zur Verdeutlichung einmal die allererste Szene im Detail: ARABELLA geht zu einer alten, verwitterten Villa, in der ein reges Treiben in Form von Fetisch- und S&M-Sex herrscht. Schon kurz darauf hat auch unsere Heldin zwei stramme Stecher in Lederkluft gefunden. Aber dann zückt einer der bösen Jungs ein Messer und will ARABELLA auf einmal nicht mehr an die Wäsche, sondern an die Kohle. Wie gut, dass gerade in diesem Moment eine Polizeirazzia das Gebäude stürmt. Aber die Erleichterung ist für ARABELLA nur von kurzer Dauer. Zwar flüchten die bösen Jungs, aber sie selbst wird wegen des Verdachts auf Prostitution festgenommen. Und da der dafür verantwortliche Bulle nicht so viel von Nutten hält, vergewaltigt er ARABELLA gleich noch mal auf die Schnelle am Polizeiwagen.
Ja, hier hat sich ganz offensichtlich einer mächtig ins Zeug gelegt, um so viel schmuddelige Ideen in die knapp 90 Minuten hineinzupressen, wie überhaupt nur möglich war. Das Ergebnis ist dermaßen überzogen, dass es schon wieder Spaß macht! Und erstaunlicherweise schafft es Massi auch noch um das schmuddelige Treiben herum eine halbwegs spannende, twistreiche Handlung zu basteln. Den beiden leading Ladies ARABELLA und Gina schaut Mann natürlich sowieso gerne zu. Und auch wenn die Produktion insgesamt ziemlich billig wirkt, so gelingen Stelvio Massi gerade in den Nachtszenen auch noch ein paar ganz atmosphärische Bilder.
Sicherlich ist dies kein Film für feingeistige Cineasten und auch nicht für heißblütige Verfechter der politischen Korrektheit. Aber die Liebhaber sleaziger Gialli und Erotikthriller können bei diesem ungehemmten Schmuddelspass durchaus einen Blick riskieren.
Nach DAY-KILLER schießt Stelvio Massi auch bei ARABELLA, BLACK ANGEL wieder extrem niedrig. Doch dafür trifft er diesmal voll ins Schwarze! Das Ergebnis ist natürlich nichts für Feingeister, aber durchaus zu empfehlen für Liebhaber von derben Sleaze. Ist dies einfach nur ein weiterer pervertierter Giallo oder gar der schuddeligste Erotikthriller aller Zeiten?