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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans

Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans

GROTESKE(?): USA, 2009
Regie: Werner Herzog
Darsteller: Nicolas Cage, Val Kilmer, Eva Mendez, Xzibit

STORY:

Während des Hurrikanes Kathrina rettet Cop Terence McDonagh (Nicolas Cage) heldenhaft einen Häftling aus einer überfluteten Zelle. Blöd nur, dass er sich dabei das Kreuz runiert... Ein Jahr später ist er ein drogensüchtiges, korrupt-kaputtes Wrack, dessen Leben immer mehr aus dem Ruder läuft...

KRITIK:

Pourqoui, Nicolas? Was ist nur mit dir los? Ich verstehe es nicht. Ist die Welt einfach unfair, oder machst du etwas falsch? Auf Foren motzen sich die Leute ihre Seele aus dem Leib, wenn einer deiner neuen Filme ins Kino kommt. Deine Einspielergebnisse sind nicht mehr ganz so konstant wie noch vor zehn Jahren und deine Filme der letzten fünf Jahre, naja Schwamm drüber.

Nein geht nicht. Wicker Man, NEXT, Ghostrider, Das Vermächtnis des geheimen Buches, Bangkok Dangerous und Knowing.

Ist nicht dein Ernst, oder? Ich meine okay, KNOWING war ein normaler Film, der halt nicht so gut gelungen ist und Das Vermächtnis hat 500 Mille eingespielt, das ist ja nachzuvollziehen. Aber der Rest?

Gut, ich hab sie alle gesehen. Und zugegeben, mir haben sie alle irgendwie doch gefallen, vor allem Bangkok Dangerous war wirklich nicht sooo schlecht, wie sie alle tun.

Du bist einfach ein Star, da müssen Film und Leistung nicht passen, da reicht es gesehen zu werden. Da muss man keinen Charakter darstellen, denn man ist schon im Vorhinein festgelegt. Aber warum bist du immer dieser schräge Loser? Das wollen die Leute nicht. Die Welt ist nämlich doch unfair, der Johnny Depp, dem du immerhin seine erste Rolle ermöglicht hast, darf das nämlich schon, aber beim Nicolas Cage ist das immer "schlecht".

Das sind alle Banausen. Vielleicht solltest du mal eine Kifferkomödie mit dem Depp machen, wo ihr ein Bruderpaar spielt, das... Naja, die Handlung wäre dann auch egal.

Oder du spielst unter Spike Jonze oder Werner Herzog. Nicht dass dann irgendetwas anders wäre, Crazy Cage wie gehabt, aber plötzlich lieben die Kritiker dich. Ja, ich kann das auch nicht nachvollziehen. Ist einfach so. Beste Leistung seit langem? Also höchstens seit Wicker Man. Trotzdem, die Kritiken überschlagen sich. 7,7 auf der IMDB, 95% auf rottentomatoes, 9/10 auf den meisten unserer Partnerseiten. Krieg ich da was nicht mit? Habe ich falsche Vorstellungen? Setzte ich gerade aufs falsche Pferd?

Vielleicht sollte Regieexzentriker Werner Herzog die Hauptrolle in dieser Kritik spielen, vielleicht liegt diese Welle der Begeisterung an ihm. Seinen zweiten Karrierefrühling vergönne ich ihm von Herzen, sein neuer Film ist auch wirklich wieder einmal nicht Standardware. Sein "Duell" mit dem Regisseur des originalen Bad Lieutenants, denn ich unverzeihlicherweise nicht gesehen habe, Abel Ferrara war schon ein Gustostückerl. "Wer ist das, den kenne ich nicht," soll der alte Menschenschinder gesagt haben, als Ferrara öffentlich ob der angekündigten Kopie seines Meisterwerkes beinahe vor Wut zerplatzt ist.

Aber außer dem Titel und der Grundprämisse scheinen die beiden Filme ohnehin nichts gemeinsam zu haben, außer hie und da kleine Anspielungen, man nenne es Hommagen an das Original.

Aber wenn ich mir den neuen Herzog ansehe, dann sehe ich da nichts Ungewöhnliches. Es ist ein weiterer, üblicher von den kleinen, exzentrischen Nicolas Cage Filmen. Wenn man die Lupe ansetzt und etwas finden möchte, so geht das auch noch.

Unter der recht simplen Handlung verbirgt sich ein ausgezeichnetes Sittenbild der amerikanischen Gesellschaft im zerstörten New Orleans. Die Armut, die Musik, die morbide Stimmung und Gelassenheit an diesem Ort stehlen Cage, seinen Problemen und seinem Mordfall doch beträchtlich die Schau. Nur wissen muss man das. Ich dachte es geht um Cage, ich hatte die falschen Erwartungen und ich nehme an, den meisten Leuten bei der Viennale ging es ähnlich, wie ich in deren Gesichtern lesen und aus der Meinung meiner Begleiter entnehmen konnte.

Diesen Film sollte man nicht ernst nehmen. Dieser groteske Totentanz einmal mehr um den Untergang der Vereinigten Staaten passt nicht ins Konzept unserer kulturbedingten Rezeption von Kritikerlieblingen. Wenn die Rezeption "Meisterwerk" schreit, wollen wir (natürlich sind "wir" bei Filmtipps die Ausnahme, denn dieser Film passt perfekt in unsere Nische;-) ernste Filme sehen. Wir erwarten das.

Werner Herzogs "Bad Lieutenant" entzog sich so dermaßen radikal (offenbar nicht nur) meiner Erwartungshaltung, dass ich ihn nur schlecht finden konnte. Und belanglos. Und als Nicolas Cage Fan auch nicht sonderlich originell, sondern eher als weitere typegecastete Onemanshow, wie ich sie ohnehin gewohnt war.

Und doch hat Werner Herzog tatsächlich durch eine Ebene hier und eine Anspielung da schon wieder etwas irgendwie "Eigenes" kreiert. Aber wie bei so vielen Filmen, deren Geschmack erst mit der Zeit reift, muss man wohl erst einmal die Enttäuschung verarbeiten und die Eindrücke sich so langsam setzten lassen.

Es passiert mir nicht zum ersten Mal, dass ich einen Film beim Anschauen nicht mochte, aber mit der Zeit, vor allem je mehr ich darüber nachdenke, oder je mehr dieser Film in mir arbeitet, zu einer ganz anderen Auffassung gelange. Nicht ohne Grund musste ich einige Zeit warten, bis ich diese Kritik schreiben konnte. Ich bin noch nicht soweit mich den Lobpreisungen meiner Zunft anzuschließen, aber die unmittelbare Enttäuschung hat sich längst verflüchtigt. Kannst mich ja doch noch überraschen, Nic ;-)

Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 1
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 2
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 3
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 4
Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 5
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Bad Lieutenant: Port of Call New Orleans Bild 7
FAZIT:

Nicolas Cage ist Nicolas Cage ist Nicolas Cage. Ob ihn die Kritiker und das Publikum lieben oder nicht. Ob Michael Bay oder Werner Herzog Regie führen. Vielleicht schafft aber nur ein Herzog die Sphären des vorgefertigten Starcharakters und die Sphäre der individuellen Filmhandlung so in einander zu verschmelzen, dass es bei Nicolas-Cage-Nichtfans zu einer bekömmlichen Melange wird. Cage ist wohl so was wie der Kinski der Gegenwart (ich weiß, das ist ein Armutszeugnis für die Gegenwart;-). Und Bad Lieutenant der Woizek der Gegenwart. Nicht einmal die Tragik nimmt man heute noch ernst, nichts ist heilig. Das fast schon "postapokalyptische" New Orleans als Schnittpunkt der postmodernen, modernen und vormodernen Welt ist perfekt gewählt. Der darin wandelnde, "zivilisierte" Mensch der zur drogenabhängigen Witzfigur verkommt ebenso.

Das Happy End ist sowieso ein Scherz. Gott, ist dieser Film zynisch. Eine Art Crank 2 für Erwachsene. Aber auch warmherzig. Ich weiß es nicht. Chaos. Alles. Vielleicht also doch genial. Wird sich zeigen.

WERTUNG: 7 von 10 Leguanen
TEXT © Ralph Zlabinger
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Dein Kommentar >>
Mascha | 29.11.2011 12:34
Fand den Fiolm ehrlich ernüchternd. Gute Ansätze, aber irgendwie hat man das Gefühl, der Film hört in der Mitte auf. Plötzlich ist alles geklärt, Cage's Arsch gerettet, alles löst sich (fast) in Wohlgefallen auf. Leider habe ich aber eh das Gefühl, dass Cage einfach keine Drehbücher liest- oder wie kann man sich den Schmarrn, der nach Lord of War kam erklären? Guter Sketch dazu übrigens: youtube.com/watch?v=eExfV_xKaiM
>> antworten
Djan | 12.09.2011 00:31
bringing out the dead und leaving las vegas die beiden besten rollen von nic cage...und werner herzog ist echtn abgefahrener regiesseur
Djan | 12.09.2011 00:32
regisseur :-)
>> antworten
! | 24.03.2011 20:40
warum gibt es denn ein happy end

er hätte komplett abgefuckt aber glücklich mit seinem Gangsterboss enden sollen...

wie schade
>> antworten
! | 24.03.2011 19:55
miesderpsychopath

verynice
>> antworten
6uellerBpanda | 21.08.2010 22:09
bei cage weiß man ja nie woran man ist. da legt er
einen schlechten film nach den anderen hin und man
schreibt ihn schon ab und dann kommt er mit "bad
lieutnant". meiner meinung nach bleibt aber
"bringing out the dead" sein bisher bester film.
anyway guter film und ein toller cage.
>> antworten
membrano | 16.08.2010 16:47
definitiv eine überraschung.
die forderung nach dem "film des jahres" kann ich jedoch nicht unterschreiben.
dazu ist mir die handlung zu verworren.
>> antworten
Christian Z. | 06.03.2010 19:17
Ich find den Film klasse abgedreht. :)

'Schieß nochmal... seine Seele tanzt noch!'

Kult!

Danke an Werner Herzog und Nicolas Cage.

Greetz aus Graz,

Christian Z.
>> antworten
Harald | 05.03.2010 23:22
Freaky fucked up Feelgood-Thriller from Hell. Absolut genial.
9/10 Glücksbringerpfeifen.
>> antworten
oldboy | 08.12.2009 02:37
Klasse Rezension! merci :)
Ralph | 08.12.2009 12:37
Danke schön:-)

>> antworten
Nic | 21.11.2009 11:41
hehe 6/10. erinnert an uwe boll und seine ambitionen einen guten genrefilm hinzubekommen..wirkt am ende aber nur lächerlich ;)
Harald | 21.11.2009 14:52
also bei einer wie auch immer gearteten boll/herzog-kooperation sitze ich in der ersten reihe. Dann bitte noch uli lommel, roland klick, jörg buttgereit und wenzel storch dazu. die deutsche film-boygroup des wahnsinns.
Ralph | 21.11.2009 15:18
@ Also irgendwie geb ich dir da schon recht. Herzog hatte schon immer leichte anflüge hin zum amateur oder diletantenfilm. Am schlimmsten ist sein Nosferatu (zumindest von den filmen, die ich gesehen hab), da fährt die Kutsche zu einem Schloss mitten in einer Steinwüste, aber wenn der Kinski aus dem Fenster schaut, erblickt er einen prächtigen Wald. Solche Unstimmigkeiten, die einfach unprofessionnel sind (und einem sher leicht die Illusion rauben), ziehen sich duch den ganzen Film (une durch sein ganzes Werk). Ich denk mir nur, der Herzog scheißt da einfach drauf, das interessiert ihn nicht;-)
Harald | 21.11.2009 18:35
Hehe, schön gesagt. Das "draufscheissen" hat er wohl von Kinski gelernt. Von ihm ist ja dieses wunderschöne Zitat überliefert: "Nie wäre mir in den Sinn gekommen, das, was ich ausdrücken wollte, in die Zwangsjacke eines dieser idiotischen, fürs Publikum zusammengeschusterten Film-Handlungen zu verschnüren; mit ihrer pedantischen und diktatorischen Logik und 'Continuity'. Der Versuch PAGANINI in die übliche Form eines Films einzuzwängen, hieße ihn lebendig einzumauern. Denn er lebte – in mir.“
Nic | 21.11.2009 18:38
genauso wenig besteht ein zwang alles zu einem Film zu machen wofür man die Rechte bekommt ;)
>> antworten
Harald | 21.11.2009 09:37
Schöne Rezension, danke. Aber ich erwarte mir trotzdem nichts Geringeres als den Film des Jahres. Ernsthaft.
Ralph | 21.11.2009 16:16
Ich danke. Anschauen lohnt sich auf jeden Fall, aber einordnen ist ein bissi schwer...
>> antworten