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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Bellflower

Bellflower

DRAMA/ACTION: USA, 2011
Regie: Evan Glodell
Darsteller: Evan Glodell, Jessie Wiseman, Tyler Dawson

STORY:

Ein jeder hat so seine Vorbilder. Woodrow und Aiden hegen eine ungesunde Obsession für Lord Humungus, den muskelbepackten Ober-Bösewicht aus MAD MAX 2, denn: "Lord Humungus fights when he wants to fight, and he fucks when he wants to fuck". Das würden die beiden orientierungslosen Twentysomethings auch nur zu gerne tun. Doch weil sie sich die meiste Zeit besaufen oder an ihrem privaten Mad Max-Auto, komplett mit Flammenwerfer und Whisky-Zapfhahn (!) herumbasteln, läuft nicht viel in diese Richtung.
Als sich Woodrow, der sensiblere der Beiden, in die schöne Milly verliebt und von dieser tief enttäuscht wird, brennen bei ihm die Sicherungen durch. Auf Enttäuschung und Betrug folgen Hass, Rache und Feuer ...

KRITIK:

BELLFLOWER, geschrieben, inszeniert, produziert und geschnitten vom jungen amerikanischen Filmemacher Evan Glodell, ist merklich ein Herzensprojekt. Glodell, der auch die Hauptrolle spielt, hatte den Film für gerade mal 17.000 Dollar fertiggestellt - natürlich in guter alter DIY-Manier: Alles muss man selber machen. Angefangen vom Feuer- und Feuerwasser spuckenden Auto - im Film liebevoll "Medusa" genannt, über die Waffen bis hin zur Kamera, die er aus Flohmarkt-Bauteilen und russischen Linsen zusammenschraubte. Ein Heimwerker-Film, wenn man so will.

Das Ergebnis der Bemühungen sind überwiegend positive Kritiken und diverse Festival-Preise. Gemessen an seinen minimalen Kosten war der Film auch ein "Kassenknüller", der im US-Kino glatt das 10-fache seiner Produktionskosten einspielte. Mach das mal nach, Michael Bay :)

Auffälligstes Merkmal von BELLFLOWER ist sein prägnanter visueller Stil: Satt übersteuerte Farben, extrabreite Cinemascope-Fotographie (die selbstredend keine ist; gefilmt wurde ja digital) und ganz und gar analoge Dreckspritzer auf den Linsen verleihen den Film einen räudigen Garagenpunk-Charme.

Wie wollen wir BELLFLOWER nun einordnen? Genre-Grenzen sind dazu da, um niedergerissen zu werden. Die erste Hälfte ist typisches US-Indie-Kino, in dem die Nerds die Coolen sind und sich mit großer Hingabe weitgehend sinnbefreiten Freizeitaktivitäten widmen. Woodrow und Aiden bauen Waffen und Flammenwerfer, um ihre Mad Max-Karre aufzumotzen. Im Falle der Apokalypse will man schließlich gerüstet sein.

Bald nimmt BELLFLOWER die scharfe Wendung zum Liebesdrama, dann zum Roadmovie. Dabei lassen die Klassiker des existentialistischen Bleifußkinos, allen voran der mächtige TWO-LANE BLACKTOP schön grüßen, und auch MAX MAX wird ausgiebig zitiert.

Ich finde es schön, dass BELLFLOWER nimmt seine - ähm - leicht nerdigen Figuren ernst nimmt. Ohne jetzt die Lebensgeschichte von Evan Glodell, seines Zeichens Regisseur, Produzent, Waffenmeister, Chefmechaniker und Hauptdarsteller in Personalunion recherchiert zu haben, würde ich sagen, dass der Film stark autobiographische Züge trägt.

Und weil BELLFLOWER in der renommierten Störkanal-Edition veröffentlicht wurde, darf es niemanden wundern, dass es ziemlich "heftig" zugeht. Der Zwischentitel "No one gets out alive" deutet an, dass der Film nicht gerade auf ein Happy End zusteuert. Man sollte sich auf Realitätsverlust, schleichenden Wahnsinn und damit verbundene heftige Gewalt-Eruptionen einstellen. "Donnie Darkos kleiner Bastard-Bruder" urteilte der Filmwissenschaftler Marcus Stiglegger, und ich denke, das ist als Kompliment gemeint.

Bellflower Bild 1
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FAZIT:

An Männern, die in ihrer Freizeit Feuerwasser trinken und mit Flammenwerfern spielen, kann man sich leicht die Finger verbrennen. Nihilistisches Jugenddrama zwischen apokalyptischen Actionfilm-Motiven und blutigen Rachephantasien, erschienen in der Störkanal-Edition.

WERTUNG: 7 von 10 unfreiwillige Gesichts-Tattoos
Dein Kommentar >>
Pat Bateman | 29.03.2013 02:00

Wie konnte dieses Brett von Film so lange von mir unbemerkt bleiben?

9/10 Flammenwerfern
>> antworten
toxic | 15.05.2012 18:31
Wirklich ein hervorragender Film. Erwähnenswert ist noch der tolle Soundtrack der ein ums andere Mal leichte Erinnerungen an "Drive" aufkommen lässt. Und ich liebe 80er Synthies. In Anbetracht des geringen Budgets und der Detailversessenheit des Multitalents Evan Glodell würd ich auf fette

8 von 10 flammenden Auspuffrohren

raufgehen.
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