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Birds of Passage

Birds of Passage

OT: Pájaros de verano
THRILLER: COL, 2018
Regie: Ciro Guerra, Cristina Gallego
Darsteller: Carmiña Martínez, Natalia Reyes , José Acosta

STORY:

Rapayet will heiraten. Doch die Familie seiner Auserwählten fordert eine Mitgift, die die finanziellen Möglichkeiten des jungen Mannes bei weitem übersteigt. Eine Lösung ist rasch gefunden. In der Gegend treiben sich Gringos herum, die für gutes kolumbianisches Gras gerne viele Dollars springen lassen. Rapayet steigt groß ins Geschäft ein ...

KRITIK:

BIRDS OF PASSAGE beginnt im klassischen World-Cinema-Stil. Wir wohnen einem exotischen Tanz-Ritual bei, das den Übergang eines Mädchens zur Frau markiert. Man lebt nach überlieferten Traditionen und hält sich an archaische Rituale. Man denkt in Kategorien von Familie, Clan, Stamm, Sippe und der verdammten Ehre. Dass die Frauen den Ton angeben, ändert nichts daran, dass diese Gesellschaft von toxischem männlichem Chauvinismus geprägt ist.

Wir befinden uns im nördlichen Kolumbien, in der trostlosen Landschaft der Guajira-Wüste, dem Stammesgebiet des indigenen Volks der Wayuu. In den späten Sechzigern begann hier der schwunghafte Handel mit Marihuana, das tonnenweise an die "Gringos" verkauft wurde. Die weit verzweigte Familie kommt zu Wohlstand. So heißt eines der fünf Kapitel des Films. Ein anderes heißt: Krieg. Ein anderes: Vorhölle. Happy End ist also eher keines zu erwarten.

Auch wenn das farbenfrohe Filmplakat in diese Richtung deutet: BIRDS OF PASSAGE vom kolumbianischen Regie-Duo Cristina Gallego und Ciro Guerra (THE SERPENT AND THE RAINBOW) ist glücklicherweise kein schönfärblerischer Ethno-Kitsch, der das naive Klischee vom "edlen Wilden" zelebriert. Ganz im Gegenteil: Ethnografische Beobachtungen kollidieren mit knallhartem Genre-Kino. Meditative Ruhe und traumwandlerische Bilder wechseln mit drastischer Gewalt, die der Handel mit illegalen Drogen mit sich bringt.

Im Laufe seiner 125 Minuten Laufzeit kommt der Film auf einen stattlichen Bodycount: Männer, Frauen, Kinder, ganze Familien werden von Kugeln durchsiebt, verbrannt, von Explosionen zerfetzt. Nein, das ist kein Spoiler. Eine Wahrsagerin sieht das bittere Ende voraus, schon sehr früh im Film. Nichts wird den fatalen Lauf des Schicksals aufhalten, nicht der Talisman, dem man Zauberkräfte zuschreibt, nicht die magischen Halsketten, die vor bösen Geistern schützen sollen, nicht die titelgebenden Vögel, aus deren Flugbewegungen man die Zukunft zu deuten glaubt.

Die Geschichte ist episch, sie umspannt zwei Jahrzehnte. Der Zuseher wird Zeuge, wie sich der kolumbianische Drogenhandel im Laufe der Jahre professionalisierte: Anfangs wurde das Gras (Kokain spielte damals noch keine Rolle) mit Mauleseln transportiert. Bald steigt man auf Pick-up-Trucks um. Die Autos werden immer größer, die Waffen immer schwerer, der Gewinne immer astronomischer. Flugplätze werden gebaut und Polizisten im großen Stil bestochen. Die Familie, die einst in zugigen Holzhütten in der Halbwüste wohnte und Ziegen hirtete, bewohnt nun ein riesiges, mit protzigem und ausgesucht geschmacklosem Luxus vollgestelltes Haus. Und bald wird der Reichtum seinen Tribut fordern. Happy End, wie gesagt, ausgeschlossen.

Birds of Passage Bild 1
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Birds of Passage Bild 5
FAZIT:

Der "Ethno-Thriller" BIRDS OF PASSAGE zeigt den Beginn des kolumbianischen Drogenhandels als surrealen, blutigen Bilderbogen. Ein drastischer, erschütternder semi-dokumentarischer Thriller, erzählt aus Perspektive der Indigenen. Ein früher Höhepunkt des Kinojahres 2019.

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