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Cheyenne - This Must Be The Place

Cheyenne - This Must Be The Place

ROADMOVIE/DRAMA: IRL/IT/ FR, 2011
Regie: Paolo Sorrentino
Darsteller: Sean Penn, Francis McDromand, Shea Wigham, Harry Dean Stanton,.....

STORY:

Cheyenne ist ein ehemaliger, natürlich exzentrischer, Rockstar, der zurückgezogen mit seiner Frau von seinem Reichtum in Irland lebt. Als sein Vater, mit dem er seit 30 Jahren kein Wort gewechselt hat, im Sterben liegt, muss er sich aus seinem lethargischen Trott befreien und sich auf den Weg nach New York machen. Es wird eine Reise, die sein Leben verändern wird.

KRITIK:

Ja, bitte, gibt es denn das. Immer noch das Jahr 2011, und schon wieder der Film des Jahres. Den es bei der Viennale seltsamerweise nicht gespielt hat. So wie "We need to talk about about Kevin" und "Sleeping Beauty". Die Verantwortlichen werden schon wissen warum. Aber zum Glück gibt es ja noch andere Filmfestivals in unserem Lande. Und sogar einen regulären Starttermin im Januar. Denn diesen Film darf man einfach nicht versäumen.

Hin und wieder gibt es Charaktere im Kino, die man einfach niemals wieder vergessen wird. Es ist schon spät in der Nacht, also verzeihe man mir meine höchst unvollständige Liste, aber ich bin jetzt nun einmal zu faul um zu recherchieren. Ich denke da jetzt an Christoph Waltz als Hans Landa, an Marlon Brando als der Pate, an Anthony Hopkins als Hannibal Lecter usw. Und jetzt kommt Sean Penn als Cheyenne auf diese Liste.

Ein alternder Rockstar, der in seiner Villa haust, seine Tage mit Langeweile und Aktienkursen verbringt und irgendwie gebrochen vom Leben ist, ohne jemals wirklich einen Finger gerührt zu haben, außer vielleicht im Heroin oder dem einen oder anderen Cocktail.

Dieser Mann wird durch den Tod seines Vaters auf eine existenzielle Reise geschickt, für ihn um seine Wunden und offenen Fragen zu klären, und für die USA, die in diesem Roadmovie viel von ihrer Bandbreite zeigen dürfen. Es fällt dabei auf, dass Cheyenne unter all den schrägen Vögeln, denen er unterwegs begegnet, keineswegs der größte Außenseiter ist, dass jeder in seinem eigenen kleinen Drama gefangen ist und die Hauptrolle spielt.

Einsamkeit, Finanzwahn, Waffenwahn, Exzentrik, Rockmusik, Übergewicht, Glaube und zuletzt doch auch der Grund warum dieses Land so besonders ist, weil es all diese Ideen und Ausprägungen nebeneinander duldet, vom Juden, über den metrosexuellen Rockstar bis zum Nazi.

Und weil es letztlich doch das Land ist, welches die (meisten) Ideen gebärt, welche die Welt voranbringen, seien es auch noch so kleine wie der rollende Koffer.

Was ist also Cheyenne? Ist es eine Parabel auf die USA, die die Wunden ihrer inneren Zerrissenheit leckt, oder doch nur das (großartige!) Portrait eines schrägen Vogels, inbrünstig dargestellt vom (spätestens nach diesem Film) unvergleichlichen Sean Penn. Wahrscheinlich ist es beides zugleich. So wie sich auch Komik und Tragik die Waage halten. So wie sich der langsame Erzählton mit den durchkomponierten Bildern und komplizierten Kamerafahrten ausgleichen. So wie sich die Begeisterung eines Debütwerkes mit der Raffinesse eines eingesessenen Regisseurs (Paolo Sorrentino, dem wir den großartigen Il Divo zu verdanken haben) treffen.

Und die Musik darf man natürlich auch nicht vergessen: Arvo Pärt trifft hier auf Talking Heads. Und die ganzen anderen Schauspieler dürfen trotz dem überragenden Sean Penn auch nicht unerwähnt bleiben. Vor allem muss man hier Shea Wigham nennen, der einen faszinierend schleimigen Gordon Gekko Klon (ja, genau, Michael Douglas als Gordon Gekko, sollte auch noch auf die Liste) gibt, und sich langsam zu einem der profiliertesten Nebendarsteller im amerikanischen Filmbiz mausert. Ich kann gar nicht aufhören diesem Film zu loben. Toll, toll, toll. Einfach toll.

Cheyenne - This Must Be The Place Bild 1
Cheyenne - This Must Be The Place Bild 2
Cheyenne - This Must Be The Place Bild 3
Cheyenne - This Must Be The Place Bild 4
Cheyenne - This Must Be The Place Bild 5
Cheyenne - This Must Be The Place Bild 6
FAZIT:

Cheyenne ist eine faszinierende Reise, eine emotionale Bereicherung, ein Film, der aus dem Zuseher einen besseren Menschen macht, weil er es durch seinen schrägen Hauptdarsteller als Identifikationsfigur erlaubt der eigentlich verrückten Welt völlig unvoreingenommen gegenüberzutreten. Zumindest solange, bis der Vorhang fällt. Großes, schönes Kino!

WERTUNG: 9 von 10 Haaren im Auge
TEXT © Ralph Zlabinger
Dein Kommentar >>
toxic | 13.09.2012 14:20
Home, is where i want to be
but i guess i'm already there
I come home, she lifted up her wings
Guess that this must be the place
I can't tell one from another
Did i find you, or you find me?
There was a time before we were born
if someone asks, this where i'll be, where i'll be.

Toller kleiner/großer Film mit einer Atmosphäre, die spät nachts wirklich am besten funktioniert. Und der Auftritt von David Byrne und seinen Talking Heads ist ein absolutes Gänsehauthighlight.
Sean Penn ist Geschmackssache. Hier auch nicht seine beste Rolle ever, aber nicht zu übertrieben. Ich fand hier passt wirklich fast alles. Toller Film, tolle Kritik.
8 von 10 brennenden SUVs
>> antworten
343t | 30.11.2011 19:40
Irgendwann ist auch mal gut!
Dass Sean Penn viel auf dem Kasten hat wissen wir bereits. "I am Sam" war ja schon grenzwertig.
Aber dann solch ein überdrehtes, schräges und zugleich auf die Oscar schielendes Porträt eines Freaks abzugeben...
Sorry, aber kann man nicht ernst nehmen.
Der Film schreit geradezu an allen Ecken "Ich bin so grotesk anders, aber dafür ist das genial!"

Nein, ohne mich. Außerdem: Wer den Trailer langweilig findet, wird von dem eigentlich Film auch enttäuscht werden. Denn er hat nichts weiter zu bieten.
Wer's mag...
Ralph | 30.11.2011 22:59
Dass I am Sam Hollywood-Kitsch war, sah man schon am Trailer. Kitsch entsteht dort, wo die Emotionen der Zuseher auf billigste Weise manipuliert werden. Das hat Cheyenne sicher nicht gemacht, ich fand den Film ausgesprochen kreativ, die beste Wundertüte seit Mary und Max. Aber ich gebe zu, das kann man sicher auch anders empfinden.
343t | 01.12.2011 18:23
Ich habe mich jetzt auch extra nicht auf den Film bezogen, sondern auf Sean Penn.
Er übertreibt es eben desöfteren.
Meinetwegen kann er noch so kaputte oder groteske Wesen spielen, aber ich kaufe ihm das langsam nicht mehr ab. Was ich natürlich bedaure.
>> antworten
Harald | 28.11.2011 22:17
Danke für die Kritik. Bin schon sehr gespannt. Obwohl ich mir irgendwie gewünscht hätte, statt Exzentrik und Komik etwas wie "erschütterndes Drama" zu lesen.
Über kaputte Rockstars kann ich nur lachen, wenn sie Aldous Snow heißen ;-)
>> antworten