FILMTIPPS.at - Die Fundgrube für außergewöhnliche Filme

www.filmtipps.at
GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Communion - Messe des Grauens

Communion - Messe des Grauens

OT: Alice Sweet Alice
MURDER MYSTERY: USA, 1976
Regie: Alfred Sole
Darsteller: Linda Miller, Paula E. Sheppard, Niles McMaster, Mildred Clinton

STORY:

Die zwölfjährige Alice ist eiskalt, bösartig und hat ein Faible für verstörende Masken und scheußliche Puppen. Doch hat sie wirklich ihre kleine, verhasste Schwester auf dem Gewissen, die am Tage ihrer Erstkommunion bestialisch ermordet wurde? Und ist es tatsächlich Alice, die nun als kleine maskierte Gestalt im Regenmantel umgeht und unerbittlich weiter mordet...

KRITIK:

Seinen deutschen Zusatztitel "Messe des Grauens" verdient sich COMMUNION gleich zu Beginn: Während einer Kommunionsfeier in der Kirche wird eines der kleinen in weißen Kleidchen steckenden Mädchen geschnappt, stranguliert und in einer alten Truhe völlig humorlos verbrannt. Eine Szene, die in ihrer Garstigkeit überrascht und mir ein ähnliches unbehagliches WTF-Erlebnis beschert hat wie damals die Eröffnung in Jeff Liebermans BLUE SUNSHINE, als während einer harmlosen Party plötzlich ein Kerl dank eines fiesen Drogenflashbacks Haare und Verstand verliert und eine Dame mir nix, dir nix ins Kaminfeuer schleudert.

COMMUNION mutiert nach diesem feurigen Einstand zu einem der besten Gialli, der nicht in Italien gemacht wurde und den ohnehin kaum jemand als Giallo auf der Rechnung hat. Gemeinhin firmiert Alfred Soles Debüt unter dem Banner "Slasher".

Wer allerdings unter Slashern - so wie ich - einen maskierten Killer, kreatives Töten und strunzdoofe Teenager mit überschüssigen Hormonen und geringer Lebenserwartung versteht, der wird schnell feststellen, dass COMMUNION alles andere als ein typischer HALLOWEEN THE FRIDAY IM LETZTEN SOMMER-Schlitzerfilm ist. Zwar trägt auch COMMUNION's herrlich creepiger, ein bißchen an den Zwerg aus WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN erinnernder Killer neben einem gelben Regenmantel eine Maske, aber damit hätten sich die Gemeinsamkeiten zum Slasher auch schon fast erschöpft.

Obwohl die Handvoll Mordszenen und Messerattacken gar gialloesk sorgfältig, brutal und virtuos aufbereitet sind, stehen sie nicht zwingend im Vordergrund. Mit einigem Geschick und unverkennbaren Hang zum Nihilismus suhlt sich Sole in seinem Debüt viel lieber in den Abgründen der menschlichen Seele. Er macht aus katholischen Riten finstere Mordmessen; aus der Familie einen Hort der Entfremdung und aus Kindern psychopathische Zeitbomben.

Dabei verdient sich Pamela E. Sheppard in der Rolle der zwölfjährigen Alice in der Ewigen Tabelle der kleinen, bösen Filmmädchen locker einen der vorderen Plätze. Obwohl das Prädikat  "Kinderstar from Hell" in diesem Fall gar nicht vergeben werden kann: Pamela E. (wie Evil) Sheppard wirkt in diesem Film zwar kaum einen Tag älter als Zwölf, zählte aber seinerzeit tatsächlich bereits stolze 19 Lenze; als sie sich anschickte - im gelben Cape und mit Eiseskälte-  den Originaltitel ALICE SWEET ALICE als blanken Zynismus zu entlarven.

COMMUNION ist - und das hebt ihn letztendlich aus der Masse anderer Schlitzerfilme heraus - ein böses, kleines Murder Mystery, welches konsequent auf eine beklemmende Atmosphäre und eine antikatholische Haltung setzt. Die ebenfalls vorhandenen Whodunit-Komponenten werden zwar mit einer eher beiläufig inszenierten Demaskierung des Killers eine halbe Stunde (!) vor Schluss mehr oder weniger hergeschenkt, aber dafür glänzt man an anderen Stellen mit herrlich gialloesken Musikelementen und Messerattacken.

Dieses völlig furienhafte Attentat im Treppenhaus oder das lange Sterben im Abbruchhaus - das sind schon zwei schwarze Handschuhe bester Qualität.

Keine Frage, da hat Regisseur Alfred Sole ein finsteres wie bemerkenswertes Debüt geschaffen, das leider - falls es nicht völlig verkannt wurde - nie über einen leisen Geheimtippstatus hinausgekommen ist. Dies ist vielleicht die Erklärung, warum es Sole in der Folgezeit trotz dieses viel versprechenden Erstlings nur noch zu zwei weiteren Regiearbeiten gebracht hat. Die eine, TANYAS INSEL, handelt von einer Dreiecksbeziehung auf einsamen Eiland zwischen Tanya, einem Mann und -nicht lachen!- einem Affen und die andere ist FREITAG, DER 713., eine Horrorkomödie so lustig wie ne Bremsspur in der Unterhose. Aber dafür ist Sole heuer Produktionsdesigner bei der TV-Krimireihe CASTLE. 

 PS: Ach, Alices unglückliche kleine Schwester wird übrigens von einer ganz jungen Brooke Shields gespielt.

Communion - Messe des Grauens Bild 1
Communion - Messe des Grauens Bild 2
Communion - Messe des Grauens Bild 3
Communion - Messe des Grauens Bild 4
Communion - Messe des Grauens Bild 5
Communion - Messe des Grauens Bild 6
FAZIT:

Auch wenn die Produktion aus den USA stammt und der Killer in Maske und Regencape zur Tat schreitet; COMMUNION ist weit weniger Slasherflick als viel mehr ein düsteres, antireligiöses Murder Mystery, welches auf eine durchgängig beklemmende Atmosphäre und gialloeske Elemente setzt. Außerdem gibt es Pamela E. Sheppard (ein richtig böses Mädchen), überfallartige Messerattacken und einen Killer, der irgendwie an den Zwerg aus WENN DIE GONDELN TRAUER TRAGEN erinnert. Das alles macht aus Alfred Soles Debüt aus dem Jahr 1976 einen kleinen, aber bitterbösen Geheimtipp in Sachen perfider Schlitzerei, der Fans von Psychothrillern, Horrorfilmen und italienischen Gialli gleichermaßen ansprechen dürfte.   

 

WERTUNG: 8 von 10 gelben Regenmäntel
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Gregor | 06.02.2012 00:22
Schöne Kritik! Gehe auch mit Deiner Wertung konform. Meiner Meinung nach einer Giallo/Slasher-Grenzfall. Aber warum den nicht doch zur Rubrik "Giallo & Friends" packen?
Chris | 06.02.2012 16:41
Danke! Und stimmt: Giallo & Friends hätte auch gepasst. : )
>> antworten