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Das Gift des Bösen

Das Gift des Bösen

OT: Twice-Told Tales
HORROR: USA, 1963
Regie: Sidney Salkow
Darsteller: Vincent Price, Joyce Taylor, Sebastian Cabot, Brett Halsey

STORY:

Episodenhorror der altehrwürdigen Sorte:

Heideggers Experiment - An seinem achtzigsten Geburtstag entdeckt Professor Heidegger zusammen mit seinem alten Freund Alex in der Gruft, in welcher Heideggers jung verstorbene Frau ruht, eine seltsame Quelle, deren Wasser imstande ist, Toten das Leben und Lebenden die ewige Jugend zu schenken. Sie kosten davon und eine Tragödie nimmt ihren Lauf...

Rappuccinis Tochter birgt ebenso wie der Garten ihres Vaters ein tödliches Geheimnis. Dies muss der junge Student Giovanni, der sich in das schöne Mädchen verliebt, schon bald am eigenen Leib erfahren...

Über dem Haus mit den sieben Giebeln lastet ein jahrhundertalter Fluch, der jedem männlichen Mitglied der Familie Pyncheon bislang das Leben kostete. Doch in dessen Mauern soll auch irgendwo ein sagenhafter Schatz verborgen sein. Den möchte Gerald Pyncheon um jeden Preis finden. Und wenn er dafür über Leichen gehen und sich einem rachsüchtigen Geist stellen muss...

KRITIK:

1962 hat Roger Corman die Anthologie TALES OF TERROR (aka SCHWARZE GESCHICHTEN) mit drei Episoden nach Erzählungen von Edgar Allan Poe inszeniert und in jeder davon spielte Horrorfilm-Legende Vincent Price die Hauptrolle.

1963 folgte mit den TWICE-TOLD TALES (aka DAS GIFT DES BÖSEN) ein kleines Déjà-Vu. DAS GIFT DES BÖSEN: ebenfalls ein dreigliedriger Episodenstreifen unter dem Banner klassischer, amerikanischer Schauermären und wieder drei (wie immer grandiose) Auftritte von Vincent Price. Nur die Produktionsfirma (Metro-Goldwyn-Mayer) war diesmal eine andere und Regie führte nicht Roger Corman, sondern Sidney Salkow, der kurz zuvor ebenfalls mit Price in der leading role den großartigen THE LAST MAN ON EARTH realisiert hat. Genrefüchse wissen, dass dies im Vergleich mit dem ungleich kostspieligeren und bekannteren Remake I AM LEGEND mit Will Smith die gelungenere Adaption des Romans von Richard Matheson darstellt. Die literarische Vorlage zu den TWICE-TOLD TALES lieferte ausnahmsweise nicht Edgar Allan Poe, sondern eine andere Persönlichkeit der amerikanischen Schauerromantik; nämlich Nathaniel Hawthorne (1804-1864).

Hawthorne, ein waschechter Nachfahre der historischen Hexenrichter von Salem, wurde passenderweise in Salem geboren und später auf einem Friedhof namens -die besten Klischees schreibt immer noch das Leben!- Sleepy Hollow beigesetzt. Obgleich Poes Name hierzulande sicherlich geläufiger ist, scheint Hawthornes Werk ebenfalls einen beachtlichen Einfluss auf die zeitgenössische amerikanische Literatur genommen zu haben. So widmete etwa Hermann Melville seinen berühmten Roman "Moby Dick" niemand Geringerem als Hawthorne.

Und die drei Geschichten, die uns Salkow mit vorliegender Anthologie stimmungsvoll, klassisch, gothic präsentiert, sind auch wirklich bemerkenswerte Dokumente früher, amerikanischer Schauerkunst, die selbst für erfahrene Genrehasen noch die ein oder andere überraschende Wendung bereit halten.

Episode Nummer 1, Heideggers Experiment, behandelt Freundschaft, Verrat und den Traum des Menschen von der Ewigen Jugend. Und ebenso wie bei Poe, nimmt der letztere auch bei Hawthorne einen bitteren Ausgang. In Sachen filmische Umsetzung rückt DAS GIFT DES BÖSEN schon während des Vorspanns in unmittelbare Nähe zu Cormans Poe-Verfilmungen. Das vorjahrhundertliche Setting, Price' charismatische Omnipräsenz, die Musik. Alles wie bei Corman - mit kleinen Abstrichen. Cormans Studiokulissen wirken doch einige Ticken lebendiger und stimmiger als Salkows Szenenbauten, die zwar ebenfalls liebevoll-düster gestaltet sind, aber allzu oft zu viel und zu plump Pappe und Leinwand offenbaren. Dadurch wird das Wesentliche eines altehrwürdigen Gothic-Streifens - nämlich die schauerromantische Atmosphäre- vielleicht nicht so optimal wie bei Corman und vor allem den italienischen Meistern Bava, Margheriti oder Freda transportiert, aber zum Glück nicht zerstört.

So deckt sich der im Mittelpunkt des zweiten Segments Rappaccinis Tochter stehende Garten in seiner unverhohlenen Unwirklichkeit prächtig mit dem märchenhaften Charakter dieser Episode. Rappaccinis Tochter ist ohnehin ein Glanzstück klassischer, düsterer Schauerromantik und unbestritten der Höhepunkt der TWICE-TOLD TALES.

In dieser halbstündigen, ständig mit neuen Überraschungen und Abgründen aufwartenden Episode werden meisterlich ein Mad Scientist-Plot, eine tragische Liebesgeschichte und eherne Märchenmotive mit düsterer Obsession vermengt. Ein fast schon halluzinatorischer Garten mit seltsamen Gewächsen und todgeweihten Eidechsen bringt als besondere Würze einen Hauch von Psychotronik mit, bevor am Ende die griechische (respektive: italienische) Tragödie perfekt gemacht wird. Selbstverständlich spielt Vincent Price den teuflischen Vater und Botaniker und die hinreißende Joyce Taylor dessen wunderschöne, aber todunglückliche Tochter. Außerdem sehen wir hier einen blutjungen Brett Halsey, dessen Karriereherbst ihn viel später in die Niederrungen von Fulcis kruden, letzten Splattereien führen würde. Gorehounds haben ihn als alten, meist bösen Mann in Filmen wie DEMONIA, WHEN ALICE BROKE THE MIRROR und dem Gore-"Best Of" NIGHTMARE CONCERT erlebt. Vor allem bei Rappaccinis Tochter, welche unlängst sogar zu Musical-Ehren gekommen ist, kann sich DAS GIFT DES BÖSEN bedanken, dass am Ende dieses Textes keine 7, sondern eine 8 steht. Ein Lehrbeispiel in Sachen Schauerromantik.

Den Abschluss dieses Episodenfilms bildet Das Haus mit den sieben Giebeln. Den zu Grunde liegenden Roman von Nathaniel Hawthorne hat niemand Geringeres als H.P. Lovecraft himself explizit als Inspirationsquelle für das eigene, bahnbrechende Werk ausgewiesen. Auch in bewegte Bilder gefasst ist das Ergebnis sicherlich eine kleine Delikatesse für den geneigten Gruselfilm-Connaisseur, obgleich kein so (be)rauschendes Fest wie die Vorgängerepisode.

Vergleichsweise herkömmlich im Sinne von klassisch kommt der Haunted House-Plot um eine unerfüllte Liebe, einen alten Familienfluch und eine geheime Schatzkammer daher. Geisterstimmen, Reinkarnationen, Schuld und Sühne erwarten den Zuschauer im zwischen Gänsehaut und Herzschmerz oszillierenden Haus mit den sieben Giebeln. Mit von der Partie ist ein äußerst skrupellos agierender Vincent Price, der sich endlich am unrechtmäßigen Blutschatz seiner Familie bereichern will, sich dann aber mit einem rachsüchtigen Geist konfrontiert sieht.

Damit kann man fraglos den nostalgischen, schaurig-schönen Gruselabend - und für einen solchen ist die DVD aus dem Hause Ostalgica ein Garant - wunderbar ausklingen lassen.

Das Gift des Bösen Bild 1
Das Gift des Bösen Bild 2
Das Gift des Bösen Bild 3
Das Gift des Bösen Bild 4
FAZIT:

DAS GIFT DES BÖSEN bündelt drei Geschichten des amerikanischen Düster-Literaten Nathaniel Hawthorne. Jede davon wird von einem famosen Auftritt der Horrorfilmlegende Vincent Price aufgewertet. Wer Cormans Poe-Verfilmungen liebt, wird auch diese Anthologie mögen. Ganz besonders sei den Schauerromantiker(innen) unter euch die in düsterer Märchenhaftigkeit delirierende Episode Rappaccinis Tochter ans Herz gelegt.

 

WERTUNG: 8 von 10 giftigen Sträuchern
TEXT © Christian Ade
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