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Der Geist des Bienenstocks

Der Geist des Bienenstocks

OT: El Espiritu de la Colmena
DRAMA: E, 1973
Regie: Victor Erice
Darsteller: Ana Torrent. Fernando Fernan Gomez

STORY:

Die junge Ana lebt mit ihrer Familie im Jahre 1940 in einem kleinen, ländlichen Dorf in Spanien, wo es sehr ruhig zugeht. Eines Tages wird im Dorfkino James Whales "Frankenstein" mit Boris Karloff gezeigt und Anas Fantasie beginnt sich zu entfalten...

KRITIK:

Ein leiser und trotzdem unglaublich eindringlicher Film, den uns da Meisterregisseur Victor Erice, der in seinem ganzen Leben erst drei abendfüllende Spielfilme gedreht hat, serviert.

Der spanische Bürgerkrieg ist vorbei, das Land befindet sich in einer Art Depression, die Menschen leben apathisch und zurückgezogen, flüchten sich in eskapistische Zustände, wie etwa Anas Mutter, die an einen fernen Geliebten, der niemals antwortet, Briefe schreibt.

Oder ihr Vater, der sich den ganzen Tag nur mit seinem Bienenstock beschäftigt und diese Erlebnisse des Abends literarisch verarbeitet. Das tägliche Leben scheint wie ein Bienenstock zu funktionieren, jeder macht seine Arbeit, keiner beschwert sich.

Mitten drin die kleine Ana, die durch ihre manchmal auch traumatischen Erlebnisse sinnbildlich für das ganze Land steht, welches sich von seinen Strapazen erholen muss, gleichzeitig aber auch das Keimen einer neuen Generation repräsentiert, die mit neuen Gedanken in einer neuen Welt aufwächst. Ganz hervorragend verkörpert von der jungen Ana Torrent, die mit ihren sechs Jahren, diesen Film mehr als nur zu tragen vermag.

Es mag sich nicht so anhören, aber wir haben hier ist eine sozusagen subtile Version von dem kürzlich erschienenen ähnlich gelagertem Streifen Pans Labyrinth. Allerdings ist El Espiritu de la Colmena wesentlich schwieriger zu deuten, wesentlich vaguer in seinen Aussagen, was sich sicher mit seinem Entstehungsdatum noch unter dem Franco-Regime erklären lässt, man musste Filme je schließlich durch die Zensur bringen...

Der Geist des Bienenstocks Bild 1
Der Geist des Bienenstocks Bild 2
Der Geist des Bienenstocks Bild 3
FAZIT:

Wem Pans Labyrinth dann doch eine Spur zu naiv oder plakativ war, der wird bei diesem leisen und poetisch-hypnotischen Meisterwerk sicher auf seine Kosten kommen, das (beinahe) ohne Gewalt einen ähnlich starke Wirkung erzeugt.

WERTUNG: 9 von 10 elegischen Momenten
TEXT © Ralph Zlabinger
Dein Kommentar >>
Ralph | 21.07.2007 15:10
Danke für diesen Link, der Artikel enthält wirklich interessante Aspekte zu diesem wirklich sehr beeindruckenden Film.
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Harald | 21.07.2007 10:45
hab den Film nicht gesehen. Aber dieser Essay zum Film ist hochinteressant. Vor allem der Aspekt, wonach repressive Regime künstlerisch wertvolle Filme ganz gezielt fördern, um ihr Image im Ausland aufzupolieren, nach dem Motto: "Schaut-mal-was-für- hochwertige-Filme-wir-produzieren-hach-wie-liberal-und-aufgeschlossen-unser-Land-doch-ist" war mir neu.

Wirklich kritische Filme hat der alte Franco natürlich nicht zugelassen.
Arrabals wütender "Faschismus-Abrechnungsfilm" Viva La Muerte wurde ja im französischen Exil gedreht.
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