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Der Tod kennt keine Wiederkehr

Der Tod kennt keine Wiederkehr

OT: The Long Goodbye
CRIME: USA, 1973
Regie: Robert Altman
Darsteller: Elliot Gould, Sterling Hayden, Mark Rydell, David Carradine

STORY:

Privatdetektiv Philip Marlowe bringt seinen Freund Terry Lennox über die Grenze nach Mexiko. Wieder zuhause wird er von der Polizei als vermeintlicher Fluchthelfer verhaftet, denn Lennox soll seine Frau ermordet haben. Der Versuch, Lennox‘ Unschuld zu beweisen, wird durch dessen angeblichen Selbstmord nicht eben erleichtert. Und je tiefer Marlowe in das mysteriöse Geschehen eindringt, desto mehr gerät er selbst in Gefahr.

KRITIK:

1973 machte sich der legendäre Robert Altman daran, seine ganz persönliche Version des Raymond Chandler Romans "The Long Goodbye" zu realisieren. Altman und Drehbuchautorin Leigh Brackett verlegten die Handlung aus den Vierzigerjahren in das L.A. der Siebziger, verzichteten auf verschiedene Nebenfiguren und nahmen an der literarischen Vorlage gravierende Änderungen vor.

So legt Altman bei seiner filmischen Umsetzung nur einen untergeordneten Wert auf die Aufklärung des Mordfalls. Vielmehr geht es hier um Werte wie Freundschaft, Solidarität und Integrität in einer verkommenen, von Gier und Geld regierten Welt, wo es so gut wie keine moralische Richtschnur mehr zu geben scheint. Obgleich ein Zyniker vor dem Herrn, hält Philip Marlowe selbst dann noch seinem Freund Terry Lennox die Treue, als er dadurch selbst mit der Polizei und dem äußerst brutalen Gangsterboss Marty Augustine in Konflikt gerät. Mit stoischer Ruhe erträgt er Drohungen, Demütigungen und menschliche Enttäuschungen bis zum bitteren Ende. Das einem dann aber klar macht, was für diesen Mann wirklich zählt. Marlowe fungiert somit in einer Gesellschaft am Rande des Abgrunds als einzige moralische Instanz. Er ist nicht mehr der harte und wortkarge Held, sondern ein totaler Außenseiter und Verlierer, der einfach nicht mehr zur modernen Welt passt, trotzdem oder gerade deswegen aber seinem eigenen Codex treu bleibt.

In Elliot Gould, dem in den Siebzigern gern für schwierige Rollen besetzten Charakterdarsteller, findet dieser untypische und für Chandler-Fans schlichtweg untragbare Philip Marlowe seine kongeniale Verkörperung. Tatsächlich spielt Gould - anders als der auf ewig mit dieser Rolle identifizierte Humphrey Bogart - die Rolle des Privatdetektivs knapp an der Grenze zur Karikatur. Sein Lieblingssatz: "It’s okay with me" kennzeichnet seine Einstellung zum ihn umgebenden Irrsinn. Folglich wurde der Film oft als Satire oder gar Abgesang auf den Film Noir gedeutet.

Diese Art der Neuinterpretation des Marlowe-Mythos und das Fehlen klassischer Elemente des hard-boiled-detective-Films, kombiniert mit einer unglücklichen Marketing-Strategie, die den Film als Actionreißer verkaufen wollte, führten dazu, dass "Der Tod kennt keine Wiederkehr" 1973 an den Kinokassen gnadenlos floppte.

Unverdient, wie man klar sagen muss. Denn obwohl der Film sich ruhig, ja fast entspannt entfaltet, punktet er durch das lässige Spiel seines Hauptdarstellers, durch eine ganze Reihe schillernder, abgedrehter und undurchsichtiger Nebencharaktere, einen interessanten Plot und last but not least durch Vilmos Zsigmonds ungewöhnliche Kameraarbeit.

Die ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass man beim Betrachten ständig das Gefühl hat, der Film spiele sich in einer Parallelrealität ab, allerdings in einer, die nur um ein paar Nuancen zur Wirklichkeit hin verschoben ist. Manche Sequenzen, wie etwa die verrückten, nackt tanzenden Nachbarinnen Marlowes wirken wie aus einem Traum entsprungen.

Dieses Gefühl wird noch verstärkt durch die von John Williams komponierte Filmmusik die - abgesehen vom Schlusslied - nur aus einem einzigen Lied mit dem Titel "The Long Goodbye" besteht. Diese Melodie ist im Film omnipräsent, allerdings in den unterschiedlichsten Variationen so z.B. als Musikberieselung im Supermarkt, im Autoradio, als Türglocke, ja sogar als Mariachi-Stück bei einem Besuch Marlowes in Mexico. Die damit erzielte Wirkung auf den Betrachter ist eigenartig und unterstreicht das traumartige Element des Films.

 

Wem all das als Empfehlung noch nicht reicht, der sei darauf hingewiesen, dass "unser" Gouvernator Arnold hier einen seiner ersten filmischen Kurzauftritte als Bodyguard von Marty Augustine hat. Er muß sich dabei sogar bis auf den Slip (gelb!) ausziehen! Tja, und dann wäre da noch die vermutlich schockierendste mißbräuchliche Verwendung einer Cola-Flasche in der gesamten Filmgeschichte. Aua!

Der Tod kennt keine Wiederkehr Bild 1
Der Tod kennt keine Wiederkehr Bild 2
Der Tod kennt keine Wiederkehr Bild 3
Der Tod kennt keine Wiederkehr Bild 4
Der Tod kennt keine Wiederkehr Bild 5
FAZIT:

Robert Altman schenkt uns einen fast schon experimentellen Detektivfilm voller seltsamer Figuren, einem seltsamen Soundtrack und einer mehr als seltsamen Atmosphäre. Braucht man Muße für. Hat man die, wird man allerdings reichlich belohnt.

WERTUNG: 7 von 10 unverrückbaren Kippen im Mundwinkel
TEXT © Monezza
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Matthias | 04.10.2009 20:45
Hört sich nach der Rezension eher nach nem 9 von 10 Film an!
Muss ich auf jeden Fall sehen.
monezza | 05.10.2009 15:38
würd mich dann interessieren wie er dir gefallen hat. es gibt kaum ein mittelfeld bei dem film. man liebt ihn oder man hasst ihn. ;-)
Gregor | 30.05.2012 20:54
Ich lieb ihn! (9/10)
monezza | 02.07.2013 13:59
Das freut mich. Da sind wir schon 2! :-)
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