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Die Liebesfälscher

Die Liebesfälscher

OT: Copie conforme
DRAMA: FR,BE,IT, 2010
Regie: Abbas Kiarostami
Darsteller: Juliette Binoche, William Shimell, Jean-Claude Carrière

STORY:

Irgendwo, in einem der hinteren Winkel der Toskana trifft ein Schriftsteller auf eine wunderschöne Kunstexpertin. Er ist auf Lesereise durch Italien, sie lebt dort seit fünf Jahren. Vorsichtig beginnen die beiden miteinander zu flirten, haben schon bald die ersten kleinen Reibereien und werden von der Wirtin einer Trattoria prompt für ein Ehepaar gehalten. Die Frau lässt die Wirten in dem Irrglauben und "spielt" die vernachlässigte Ehefrau. Eine Lüge, oder etwa doch nicht?

KRITIK:

Es gibt Filme, die haben ein Geheimnis. Auf den Zuseher kann so etwas großartig wirken, es kann ihm aber auch genervt zurücklassen. Je nachdem wie er sich dem Film nähert. Jemand der sich dem Film nur rational nähert wird ständig nach einer Logik, einer Erklärung die der Film vielleicht gar nicht bietet, suchen, während jemand der den Film mit allen Sinne sieht und sich von den Bildern, vom Film selbst berühren lässt, den Film auf sich wirken lassen kann.

Auch die Liebesfälscher ist so ein Film. Nähert man sich ihm nur mit Logik, hat man schon verloren. Und auch mit Realismus hat "Die Liebesfälscher" auf dem ersten Blick wenig zu tun, die Welt die Regisseur Abbas Kiarostami uns führt ist ein Konstrukt, voller Metaebenen.

So spielt der Film mit Versatzstücken aus Philosophie und Kunst, es geht um den Unterschied zwischen Original und Fälschung und ja, es geht auch darum wie man sich Dingen annähert, also über den Verstand oder über den Bauch. Das klingt nach einem überkonstruierten Arthousefilm und ist es vielleicht ja auch. Aber ein verdammt gut gemachter.

Allein schon die bis aufs kleinste Detail durchkomponierten Bilder, mit denen "Copie conforme" aufwartet, machen den Film zu einem Erlebnis. "Copie conforme" ist einer dieser Filme, bei dem die Kulisse nicht nur zum Hintergrund verkommt, sondern Teil des Ganzen ist. So kunstvoll sah man selbst die Toskana, die ja nicht ungern von Filmemachern besucht wird, wohl selten in Szene gesetzt.

In einem nur auf Realismus getrimmten Film hätte das wohl kaum so funktioniert. Natürlich helfen schöne Bilder auch nicht wirklich, wenn der Inhalt nur aus Allgemeinplätzchen bestehen würde. Und auch dies umschifft "Copie conforme" gekonnt, auch wenn der Film anfangs vielleicht einen anderen Eindruck vermitteln mag. Je weiter der Film voranschreitet, desto mehr kristallisiert sich hinaus, dass es in ihm um die Beziehung zwischen Mann und Frau geht.

Der Film handelt von der Unfähigkeit zweier Menschen, aufeinander zuzugehen, sosehr sie es sich auch wünschen mögen. Nichtigkeiten führen zu Streits, macht der eine einen Schritt auf den anderen zu, rennt dieser weg und umgekehrt. Das ist bedrückend anzusehen, wird einem doch vor Augen geführt, wie schwer es ist, eine Beziehung längerfristig zu erhalten und wie unsanft das Erwachen nach dem anfänglichen Liebesrausch sein kann.

Auf der einen Seite sieht man immer wieder junge, fröhliche Ehepaare, die ihre Hochzeit ausgelassen feiern und im Kontrast dazu beobachtet man Eheleute (?) die sich mit gegenseitigen Anschuldigungen überhäufen. Ist das auch das was die Frischvermählten in 15 Jahren erwarten wird?

Illusionen machen sich die Figuren im Film ja nicht gerade. Und auch die ganzen hochtrabenden Überlegungen nach denen man sein Leben ausrichten soll, die funktionieren in der Realität ja auch nicht. Ein weiteres Thema das der Film anschneidet. Unter diesen Gesichtspunkten ist "Copie conforme" ein verdammt desillusionierender Film.

Und dabei ist man von Filmen dieser Art ja oft gewohnt, dass sie mit Botschaften wie "Sieh die Welt mit Kinderaugen" und dergleichen aufwarten.

Das ist besonders interessant, da "Die Liebesfälscher" eigentlich "nur" als Vehikel für Juliette Binoche, die übrigens großartig spielt und für ihre Darstellung in Cannes ausgezeichnet wurde, dient. Zumindest gibt Regisseur Kiarostami im Making-Of freimütig zu, dass er eigentlich nicht an die Geschichte als Film glaubte und der Film nur Dank Binoche überhaupt zustande gekommen ist.

Trotzdem kann ein interessanter, vielschichtiger Film heraus. Sicher, nicht jeder wird mit ihm seine Freude haben und viele werden bereits nach fünf Minuten entnervt ausschalten und damit in eine "Falle" tappen die von Kiarostami bewusst gelegt wurde. Aber das ist eine andere Geschichte.

Alamode-Film hat "Die Liebesfälscher" gerade auf DVD veröffentlicht. Als Einzel-DVD und als Bestandteil der Abbas Kiarostami-Edition, die zudem noch mit "Der Geschmack der Kirsche", "Der Wind wird uns tragen" und "Ten" aufwartet.

Die Liebesfälscher Bild 1
Die Liebesfälscher Bild 2
Die Liebesfälscher Bild 3
Die Liebesfälscher Bild 4
Die Liebesfälscher Bild 5
Die Liebesfälscher Bild 6
FAZIT:

In "Die Liebesfälscher" lässt Ausnahmeregisseur Abbas Kiarostami Juliette Binoche und William Shimell in der Toscana aufeinandertreffen. Heraus kam ein Film, dem man sich nicht auf rein rationaler Ebene nähern sollte und der eine Vielzahl von Interpretationen zulässt. "Die Liebesfälscher" ist ein Film, der den Zuseher einlädt neue Dinge zu entdecken und sich selbst seine Gedanken zu machen. In gewisser Weise ist "Die Liebesfälscher" aber auch ein überkonstruierter Arthouse-Film, mit dem sicher nicht ein jeder etwas anfangen kann. Aber gut gemacht, gespielt und gefilmt ist der Film allemal.

WERTUNG: 8 von 10 Spiegelungen
TEXT © Gerti
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