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Die Todeskralle des grausamen Wolfes

Die Todeskralle des grausamen Wolfes

OT: El Ritorno del Walpurgis
EUROHORROR: Spanien, Mexiko, 1973
Regie: Carlos Aured
Darsteller: Paul Naschy, Fabiola Falcon, Mariano Vidal Molina, Maritza Olivares

STORY:

Eigentlich ganz cool, wenn man in seinem Stammbaum einen aufrechten Ritter vorweisen kann, der es im finsteren Mittelalter wacker mit Hexen und Teufelsanbetern aufgenommen hat. Gar nicht mehr cool ist es jedoch, wenn dieser vom Scheiterhaufen weg von einer Hexe verflucht wurde und sich dieser Fluch Jahrhunderte später an einem arglosen Nachfahr erfüllt. Eben dieses Schicksal widerfährt dem adeligen und herzensguten Waldemar Daninsky, der fürderhin dazu verdammt ist, sich in Vollmondnächten in eine reißende Bestie zu verwandeln und selbst denjenigen nach dem Leben zu trachten, die er liebt..

KRITIK:

Kann es wirklich sein? Ich schreibe nun schon jahrelang für Filmtipps.at und habe noch keinen einzigen Paul Naschy-als Waldemar Daninsky-Flick reviewt? Schnellstens nachholen:

Allen Getreuen des Eurocultkinos brauche ich Paul Naschy sicherlich nicht mehr vorstellen. Für die Unwissenden kurz im Telegrammstil: Paul Naschy. Eigentlich Jacinto Molina. Der Vincent Price des spanischen Trash- und Horrorfilms. Wahlweise Hauptdarsteller, Drehbuchautor, Regisseur oder Produzent in zahllosen Genreproduktionen zwischen 1970 und 1992. Nicht selten war er sogar alles zugleich. Glühender und erklärter Hohepriester des Horrorfilms bis zu seinem Tode im Jahr 2009. Wirkte an und in solch unvergessenen Werken wie DIE STUNDE DER GRAUSAMEN LEICHEN und BLUTMESSE FÜR DEN TEUFEL mit. Neben dem Hexenmeister Alaric de Manarac war die tragische Figur des Lykantropen by curse Waldemar Daninsky die Rolle, die er am liebsten verkörperte. Seine Auftritte als tragischer Wolfsmensch brachten ihm auch den Spitznamen, ach was, Ehrentitel "Señor Lobo" ein.

EL RETORNO DEL WALPURGIS aka CURSE OF THE DEVIL aka DIE TODESKRALLE DES GRAUSAMEN WOLFES aus dem Jahr 1973 ist eigentlich schon das 7. Gastspiel Naschys als blaublütiger Werwolf Daninsky.

Die Geschichte ist jedoch im Wie alles begann-Stil gehalten und in sich abgeschlossen, so dass man den Film selbst dann vorbehaltlos genießen kann, wenn man noch nie zuvor einen spanischen Horrorfilm aus den gotischen Siebzigern im Player hatte. Also willkommen in der Welt von Waldemar Daninsky alias Paul Naschy.

Wer - wenn nicht Paul Naschy - hätte ein Drehbuch zu einem Film schreiben können, der es locker schafft, in seinen ersten zwanzig Minuten ein Ritterduell, die ungarische Blutgräfin Elizabeth Bathory, mehrere schwarze Messen, Hexenhinrichtungen, Zigeunerflüche, mit Hexen buhlende Phantome, einen blutbesudelten Tierknochenschädel sowie einen entlaufenen Axt-Irren unter einen Hut zu bringen? Erst danach findet DIE TODESKRALLE DES GRAUSAMEN WOLFES in aufreizender Allmählichkeit zu seiner klassisch-tragischen Werwolf-Liebesgeschichte, die alle Klischees vom Mann, der unter dem Fluch des Vollmonds leidet und tötet und wegen seiner verhängnisvollen Liebe zu einer Frau, deren Familie ebenfalls ins Verderben stürzt, tutto completto abhandelt.

Allerdings sind die ersten mit den an Zugbrücken aufgeknüpften Hexen, fluchaustoßenden Zigeunerweibern und Teufelsriten-a-gogo angereicherten zwanzig Filmminuten in ihrem unglaublichen Ausstoß an Groschenroman-Gruselmotiven dann doch bedeutend kurzweiliger als das altbekannte, absolut vorhersehbare Lykanthropendrama der zweiten Halbzeit.

Natürlich ist CURSE OF THE DEVIL trotzdem absolutes Pflichtprogramm für Eurocultisten, weil der Film jederzeit als Paul Naschys liebevoll zelebrierte Hommage an den Werwolf erkennbar ist.

Da stört es nicht, dass Wölfe in diesem Film von Schäferhunden dargestellt werden. Oder dass die Rüstungen und Waffen im mittelalterlichen Duell im Prolog der Geschichte eher nach Peter & Paul-Fest und Mittelaltermarkt Karlsruhe-Mitte aussehen. Oder dass Paul Naschy im Werwolfpelz eher drollig als bedrohlich wirkt. Völlig unerheblich auch, dass die zahlreichen Wolfsopfer ihre tödlichen Verwundungen häufig im Off erleiden und man diese dann nur repetativ als aufgeschlitzte Kehle oder zu rotem Brei zerhauene Gesichtshälfte zu sehen bekommt. Denn abseits von diesen budgetbedingten Widrigkeiten haben Naschys Phantasie (auch wenn sie hier einmal mehr lediglich altbekannte Genreversatzstücke zusammengesetzt hat) und Carlos (BLUTMESSE FÜR DEN TEUFEL) Aureds Inszenierung einmal mehr einige stimmungsvolle Bilder geschaffen, die in ihren zahlreichen guten Momenten für eine krude, aber herzblutangereicherte gotische Stimmung sorgen.

So hat auch dieser oft als Cheese belächelte (und verrissene) Daninsky-Streifen etwas, was vielen neuzeitlichen Genreproduktionen völlig abgeht. Nämlich Seele. Die ist in fast jeder Einstellung ebenso zu spüren wie Paul Naschys unerschütterliche Liebe zum Genre. Das macht das Ganze, so unbeholfen es dann und wann erscheinen mag, in meinen Augen sehr viel wertvoller und liebenswerter als so manches modernes ach so angesagtes Horrorfilm-Franchise...

Die Todeskralle des grausamen Wolfes Bild 1
Die Todeskralle des grausamen Wolfes Bild 2
Die Todeskralle des grausamen Wolfes Bild 3
FAZIT:

Der selige Paul Naschy zum siebten Mal in seiner Lieblingsrolle als tragischer Werwolf Waldemar Daninsky. Für Unwissende ist dies Trash von Annotobak. Für Eurocultisten ist DIE TODESKRALLE DES GRAUSAMEN WOLFES Nostalgie pur; dargeboten in einer vorjahrhundertlichen, so krude gotischen wie heillos trashigen Groschenroman-Geisterbahn, in welcher mit billigsten Mitteln unvergleichliche Atmosphäre geschaffen wurde. 

 

WERTUNG: 7 von 10 Vollmondnacht-Katern
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Erich H. | 10.11.2014 12:20
Yes, Naschy forever!
Und, so hoffe ich zumindest, deine huld- und liebevolle Kritik ebenso.
Chris | 10.11.2014 18:25
Vielen Dank! :-)
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