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Die Tragödie der Belladonna

Die Tragödie der Belladonna

OT: Kanashimi no Beradona
ANIME: JAPAN, 1973
Regie: Eiichi Yamamoto
Darsteller: -

STORY:

Die schöne, doch arme Magd Jeanne liebt den Knecht Jean über alles. Doch wie es im Mittelalter so üblich war, gebührte dem Lehensherrn die erste Nacht. Die verläuft alles andere als liebevoll… Daher ist es wenig verwunderlich, dass sie sich nach der Vergewaltigung weinend am Spinnrad, neben ihrem schlafenden Mann, leise, ganz leise, Rache wünscht.

In diesem Moment erscheint ein winzig kleiner Phallus. Er verspricht Jeanne Macht und Stärke für die geringe Gegenleistung ihrer Seele. Als Vorgeschmack bietet ihr das kleine Teufelchen ein wenig Verzücken. Und tatsächlich, gerieben zwischen ihren Händen, ist es doch glatt ein Stückchen größer geworden… Doch Jeanne wendet sich ab, verstößt es und sagt, dass ihre Seele für immer und ewig Jean gehören würde und er sich zurück scheren solle, zurück in die Untiefen aus denen er gekommen war. Wie sie wünsche, verbeugte sich der Phallus, wann immer sie ihn benötige, er wäre gleich zur Stelle. Sie bräuchte nur zu rufen.

Von nun an lief es etwas besser für Jeanne. Ihre gesponnene Wolle war von einzigartiger Qualität, um die sich die Händler rissen und so war es Jean und Jeanne als einziges Bauernpärchen möglich, die hohen Steuern zu zahlen. Daraufhin wird Jean zum Steuereintreiber ernannt und aus den zwei Armen wurden angesehene Leute.

Jedoch, die Zeit verging und der Krieg kam. Der Fürst erhöhte die Steuern, doch niemand hatte mehr Geld. So auch die jungen Liebenden nicht mehr. In ihrer Verzweiflung ruft Jeanne unbewusst wieder den Teufel. Und siehe da, er ist größer geworden…

KRITIK:

Laut Poststempel dauerte es über 30 Tage, bis mir die Post gnädiger Weise die zugesandte Presse-DVD überreichte. Dies ist aber irgendwie auch passend, denn schließlich brauchte es auch mehr als 30 Jahre bis dieses Animationskunstwerk in deutschen Landen zur Verfügung stehen sollte. Gut Ding braucht eben Weile.

Kanashimi no Beradona ist ein besonderer Film und vor allem ein besonderer Anime. Beendet im Jahre 1973, war er seiner Zeit weit voraus. So sehr, dass selbst heutzutage die Bilder immer noch unglaublich auf den Zuseher wirken und von unleugbarer Kunstfertigkeit sind. Nicht zuletzt ist der Film bis heute Vorbild für alle avantgardistischen Animekünstler, so z.B. jenen des Studio 4° (Mind Game, Genius Party,…) und wurde als Inspiration für viele der berühmtesten Animes herangezogen (e.g. Gankutsuou: The Count of Monte Cristo. Tipp: Am besten einmal Google Bilder Suche verwenden, dann kann man sich ein Bild vom Stil machen!).

Besonders war er auch in der freizügigen Darstellung von Sexualität. Man kann sich die Überraschung der Eltern vorstellen, die 1973, als der Film für den goldenen Löwen der Berlinale nominiert war, mit ihren Kindern an den Händen ins Kino gingen um einen netten "Zeichentrickfilm" zu sehen. Zur damaligen Zeit waren Animationsfilme fast immer Kinderfilme (Fritz the Cat als Ausnahme fiel in die gleiche Zeit und löste ähnliche Diskussionen aus). Angeblich verließen die Leute damals fluchtartig das Kino. Kein Wunder: Rauch schlängelt sich lasziv zwischen den Beinen zu den Brüsten Jeannes, Landschaften verformen sich zu eindeutigen Symbolen und auch sonst zeigt der Film, was passiert, wenn man mitten im Wald seltsame Naturdrogen zu sich nimmt… (Harald findet sicher wieder ein paar nette Bilder *smile*).

Die Faszination des Movies liegt aber sicher auch in seinem Erzählstil. Ich würde ihn so beschreiben: Der Film ist wie ein Bilderbuch, welches langsam umblättert und einem zwischen den Seiten die Zeit lässt, sich selber Gedanken zu der Geschichte zu machen. So sind die meisten Szenen wenig bzw. gar nicht animiert. Dafür entstehen im Kopf die tollsten Gedanken. Kino zum Träumen. Wenn ihr also jemals einen Film sehen wolltet, der sich anfühlt wie ein Märchenbuch, dann ist das eure erste Wahl. Dies ist jedoch auch als Warnung für andere zu sehen: Wer gerne Mech-Wars, Animationsaktion mit Lasern und hüpfende Sailermoons sieht, hat hier nichts verloren. Zudem muss man offen dafür sein, dass die Story durchaus hin und wieder ins Psychedelische abdriftet; meiner Ansicht nach äußerst passend (schließlich ist die Hölle, wüster Sex und abgründige Drogen im Spiel), aber manch andere Rezensenten im Internet scheint dies zu verwirren.

Wie gesagt: Der Film stimuliert die eigene Fantasie, wer keine (mehr) hat, wird sich langweilen.

Die Tragödie der Belladonna Bild 1
Die Tragödie der Belladonna Bild 2
Die Tragödie der Belladonna Bild 3
Die Tragödie der Belladonna Bild 4
Die Tragödie der Belladonna Bild 5
FAZIT:

Ein Film wie ein Besuch im Museum. Trotz seines Alters hat diese Mischung aus expressionistischer Malerei, Jugendstilkunst, Symbolismus und Avantgarde nichts von seiner Faszination eingebüßt. Ein Muss für alle kunstinteressierten Anime-Freunde und endlich auch in Deutschland auf DVD erhältlich.

WERTUNG: 8 von 10 sich zwischen die Beine schmiegende Teufelchen
TEXT © Andreas Berger
Dein Kommentar >>
Opiumtea | 01.10.2010 04:22
habe mir soeben den film angesehen, der meinen kopf mit einem beinah betäubenden gefühl hinterlassen hat, ähnlich wie bei einem schlag mit einem knüppel. tatsächlich waren für mich gewisse szenen etwas langatmig und die flirrenden lichter sorgen dafür, dass man nach einer weile das gefühl hat selbst auf einem seltsamen trip zu sein. nichtsdestotrotz ist der film etwas, das man selten findet und nach schwerer verdauung könnte ich mich eventuell noch an ihn gewöhnen
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Harald | 04.04.2009 13:52
na, zufrieden mit den pics? *grins*
Andreas | 05.04.2009 11:52
hmmm, für dass, was der film an szenen hergibt, hast du dich eh ziemlich zurückgehalten :-) die sind ja schon fast brav...
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