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Die ewigen Momente der Maria Larsson

Die ewigen Momente der Maria Larsson

OT: Maria Larssons eviga ögonblick
DRAMA: S, 2008
Regie: Jan Troell
Darsteller: Maria Heiskanen, Mikael Persbrandt, Jesper Christensen, Callin Öhrvall

STORY:

Schweden Anfang des 20. Jhd: Eine einfache Frau betritt einen Photoladen. In ihren Händen hält sie eine Kamera. Benutzt hat sie das wertvolle Gerät nie. Maria Larsson, so der Name der Frau, ist hier um den Apparat zu veräußern. Sie hat zu Hause einige Mäuler zu Stopfen. Und das wenige Geld, das ihr Mann ab und wann nach Hause bringt, reicht vorne und hinten nicht. Doch Herr Petersson, der Inhaber des kleinen Ladens, stellt Bedingungen. Er will die Kamera erst kaufen, nachdem Maria ein paar Photographien erstellt hat. Maria willigt ein und entdeckt durch die Photographie eine Welt, die sie sich nie hätte erträumen hätte lassen…

KRITIK:

Mit "Die ewigen Momente der Maria Larsson”, gelang dem schwedischen Altmeister Jan Troell ein faszinierendes Frauen- und Gesellschaftsporträt gleichermaßen. Die gesellschaftlichen Umweltzungen die Anfang des 20 Jhd. Europa erschütterten, die aufkommende Industrialisierung, marxistische Ideen, der Krieg, all das fließt in den Film hinein.

Vor diesem Hintergrund erzählt Jan Troell die Geschichte der Maria Larsson, ihre Entdeckung der Photographie, aber auch ihr Alltag, ihre Wünsche und Sehnsüchte. Und ganz nebenbei wird, wunderbar unpathetisch, auch noch eine zarte Liebesgeschichte erzählt.

Man hätte aus der Story auch ohne weiteres einen kitschigen Kostümschinken voll bedeutungsschwangerer Dialoge machen können doch Regisseur Jan Troell ist viel zu sehr Künstler, als das zuzulassen.

Was beim Ansehen des Films dem Zuseher als erstes ins Auge sticht ist die Natürlichkeit, die vor allem von den weiblichen Schauspieler ausstrahlt wird. Gegen den weitverbreiteten Trend, dass selbst in mittelalterlichen Historienschinken die Frauen immer aussehen, als würden sie aus dem Schönheitssalon kommen, wirken die in "Die ewigen Momente der Maria Larsson” gezeigten Frauen weitaus natürlicher. Außerdem muss man den Machern zu Gute halten, dass es ihnen gelang, die Figuren vielschichtig zu gestalten. Es gibt keine plumpen Bösewichte, keine schwarz-weiß Malerei. Im Gegenteil.

Das beste Beispiel hierfür, stellt wohl Marias Ehemann dar. Maria ist gefangen in einer unglücklichen Ehe. Ihr Mann ist sowohl den Weibern als auch dem Alkohol verfallen. Es kommt schon mal vor, dass er ihr im Suff eine knallt. Schon oft spielte Maria mit dem Gedanken ihren Mann zu verlassen. In der damaligen Zeit natürlich so gut wie eine Unmöglichkeit. Doch immer wieder gibt es auch schöne Momente. Wenn bei einem Volksfest Maria mit ihrem Mann, der ein begnadeter Tänzer ist, wild über den Tanzboden fegt, beispielsweise.

Marias Mann ist mehr als nur ein ungehobelter Trinker und Tunichtgut. Er hat auch noch andere Seiten, kann liebevoll sein, würde für seine Familie alles tun. Und dennoch…

Man sieht schon, es sind komplexe Figuren die sich in "Die ewigen Momente der Maria Larsson” tummeln. Und nicht nur das. Was "Die ewigen Momente der Maria Larsson”, von vielen historischen Filmen, die in den letzten Jahren ins Kino oder auf DVD raus kamen unterscheidet, ist dass der Film Inhalt über Substanz stellt. Wer, so wie ich, ein grundsätzliches Interesse für historische Filme mitbringt, dem wird wohl nicht entgangen sein, dass das Niveau solcher Produktionen in den letzten Jahren oftmals sehr zu wünschen übrig ließ. Die Macher setzten auf Effekte, Action und Schmalz, anstelle sich einfach darauf zu konzentrieren einen guten Film abzuliefern.

Und diesem Trend setzt sich "Die ewigen Momente der Marie Larsson” entgegen. Jan Troell schuf ein wunderbar vielschichtiges Zeit- und Frauenporträt, das ohne den Griff in den Schmalztopf und lästige Erklärungen auskommt. Jan Troell fordert seine Zuseher. Es wird nicht versucht durch gezwungen klingende Dialoge zu erklären, was passiert. Der Zuseher muss sich selbst ein Bild machen.

Noch einem Trend stemmt sich Jan Troell entgegen: Er wählt die Langsamkeit. Lässt sich Zeit beim Aufbau seiner Figuren, hält auch oft nur mit der Kamera drauf. Der eine oder andere wird diese Langsamkeit sicherlich als langweilig empfinden. Aber so ist das nun mal. Nicht jeder hat einen Sinn für kleine Details, kleine Gesten, für die kurzen Momente. So wie nicht jeder einen solchen Blick für Motive hat wie Maria Larsson.

Interessant ist auch, dass der Film auf einer wahren Geschichte beruht. Und Troells Ehefrau die literarische Vorlage zu dem Film ablieferte. Aber das nur so nebenbei..

Die ewigen Momente der Maria Larsson Bild 1
Die ewigen Momente der Maria Larsson Bild 2
Die ewigen Momente der Maria Larsson Bild 3
Die ewigen Momente der Maria Larsson Bild 4
FAZIT:

Das Porträt einer starken Frau der sich durch die Photographie eine neue Welt erschließt und das Porträt einer Gesellschaft im Umbruch. "Die ewigen Momente der Maria Larsson" ist ein ruhiger, bedächtiger Film, über die Schönheit die im Detail liegt. Und über Liebe und vertane Möglichkeiten. Großartige Schauspieler, komplexe Figuren und eine sensible Erzählweise machen den Film alles in allem sehenswert.

WERTUNG: 7 von 10 Porträts
TEXT © Gerti
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