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Die letzten Zwei vom Rio Bravo

Die letzten Zwei vom Rio Bravo

OT: Le pistole non discutono
ITALOWESTERN: D, 1964
Regie: Mario Caiano
Darsteller: Rod Cameron, Horst Frank, Àngel Aranda, Vivi Bach

STORY:

Der etwas in die Jahre gekommene Sheriff Pat Garrett heiratet eine junge schöne Frau. Die Hochzeitsfeierlichkeiten werden allerdings jäh unterbrochen von Pistolenschüssen. Genau neben der Kirche, in der die Trauung stattfindet, wurde von Billy und seinem Bruder George eine Bank ausgeraubt. Die beiden im Sterben liegenden Bankbeamten können dem gerade noch rechtzeitig hereinstolpernden Sheriff in ihren letzten Lebenssekunden verraten, wer den Überfall zu verantworten hat.

Als ehrbarer und von allen geschätzter Mann des Gesetzes zögert Garrett natürlich keine Sekunde, seine Frau im Brautkleid sowie sämtliche Hochzeitsgäste stehen zu lassen, um sich im Alleingang an die Verfolgung der beiden Bösewichte zu machen. Obwohl Billy und sein Bruder die Grenze nach Mexiko bereits passiert haben und der Sheriff keine gesetzliche Befugnis für eine weitere Verfolgung der bösen Jungs hat, entschließt sich Garrett zu einer unerbittlichen Verfolgungsjagd quer durch die Wüste …

KRITIK:

Bereits die den Film einleitende Titelmelodie, die stark an Western-Vorbilder aus den USA erinnert, lässt erahnen, dass es sich bei "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" nicht um einen klassischen Italowestern handelt, sondern in seiner Machart mehr an die amerikanischen Filme dieses Genres angelehnt sind. Wer also nicht entsetzt ist, wenn in den Credits steht, dass es sich um einen Morricone-Soundtrack handelt und dann ein Sänger mit einer schmalzigen Elvis-Stimme zur Einleitung etwas über "Lonesome Billy" singt, der wird wohl kein allzu großes Problem mit dem Film haben.

Wem es sauer aufstößt, wenn Cowboys, Banditen und Mexikaner saubere, schön rasierte und leider keine von der Sonne gegerbten Charaktergesichter haben, dem sei empfohlen, sich von "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" rein gar nichts zu erwarten. Die ganze Story ist mehr als flach, die Charaktere in allerbester Schwarz-Weiß-Malerei-Manier dargestellt und die Filmmusik nervt. Daran kann auch der gute Horst Frank nichts mehr ändern, der bedauerlicherweise in diesem Film so farblos und fad wie ein Schluck Wasser wirkt.

Rod Cameron verkörpert in der Rolle des Pat Garrett den moralisch absolut unfehlbaren Superhelden, der sich ohne Rücksicht auf eigene Bedürfnisse oder familiäre Verpflichtungen ganz ehrbaren Motiven wie der Verbrecherjagd und dem Schutz von Schwächeren hingibt. Wie toll, dass es solche Männer gibt!

Skurrile bis schwachsinnig anmutende Szenen wie z.B. dass Garrett als er von Billys Bruder George mit dem Messer bedroht wird, diesem zur Ablenkung einfach mal seine Zigarre entgegen wirft (und ihn aufgrund dieses genialen Schachzugs natürlich festnimmt), bietet der Film zur Genüge.

Zwei arme Waisenkinder - eine (ziemlich) blonde junge Frau (Vivi Bach sollte zumindest den Peter Alexander oder Raumschiff Orion-Fans bekannt sein) und ihr minderjähriger naseweiser Bruder - gewähren dem Sheriff und seinen Gefangenen zeitweise Unterschlupf und geraten dabei selbst in Gefahr. Aber: Kein Problem für den unerschrockenen Pat Garrett!

Gegen eine Meute von bis an die Zähne bewaffneten Mexikanern, die zahlenmäßig mindestens um das 10-fache überlegen sind, kämpft unser Held gemeinsam mit einem Kind, einer Frau, einer Haushälterin und zwei weiteren Bediensteten die ganze Nacht lang.

Zum Teil fühlt man sich gerade bei den Szenen, die im Haus der beiden Waisen spielen, in die Achtzigerjahre zurückversetzt und glaubt, eine Folge aus "Unsere kleine Farm" zu sehen. Nur eben ohne Michael Landon.

Plötzlich stellen George und die blonde Miss Sauberfrau fest, dass sie denselben Song mögen. Er beginnt, diesen auf der Mundharmonika zu spielen, woraufhin sie sich fröhlich beschwingt singend ans Klavier setzt und in die Tasten haut.

Naja. Wer's mag…...

Der zur selben Zeit entstandene "Für eine Handvoll Dollar", der zum Teil Kostüme und Kulissen von "Die letzten Zwei..." wiederverwertete, war weitaus innovativer.

Zitat (der zu Allem entschlossene Pat Garrett in Richtung seiner frisch Angetrauten): "Jeder, der hier etwas auf 'm Kerbholz hat, geht rüber nach Mexiko und schon ist er sicher. Da muss endlich mal was geschehen! So geht das nicht mehr!
(sieht seiner Frau in die Augen): "Wenn's auch vielleicht nicht der passende Augenblick ist ..."

Die letzten Zwei vom Rio Bravo Bild 1
Die letzten Zwei vom Rio Bravo Bild 2
Die letzten Zwei vom Rio Bravo Bild 3
Die letzten Zwei vom Rio Bravo Bild 4
Die letzten Zwei vom Rio Bravo Bild 5
FAZIT:

Koch Media hat mit der Veröffentlichung von "Die letzten Zwei vom Rio Bravo" eine sehr gute DVD von einem der ganz frühen Pionierfilme auf den Markt gebracht, der für Western-LiebhaberInnen und HistorikerInnen sicherlich eine interessante Sache ist. Wen dieses Review nicht abschreckt und wer mit romantisch-verklärten, sauberen Western im Ami-Stil etwas anfangen kann, der wird mit der vorliegenden DVD bestimmt seine Freude haben.

Allen anderen, besonders den VerehrerInnen von harten, dreckigen, misanthropen Halunken und vom Leben gezeichneten (Anti-)Helden sei geraten, sich stattdessen besser einen der wahren Klassiker des Italowesterns (wie z.b. von Angesicht zu Angesicht, Knie nieder und friss Staub, Django, Leichen pflastern seinen Weg u.v.m.) anzusehen.

WERTUNG: 3 von 10 rasierten Bleichgesichtern
TEXT © Mauritia Mayer
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Marcel | 08.08.2010 10:54
Der Film ist sicher keine Ruhmestat in der langen Filmhistorie, aber den Film zu bashen, nur weil er noch nicht so innovativ wie der Leone-Western ist, geht mir ein wenig zu weit. Hier gings ums kopieren, nicht um Innovation. Und wenn mich meine Erinnerung nicht täuscht, sind PISTOLEN DISKUTIEREN NICHT (cooler Originaltitel des Films, wie ich finde) und FÜR EINE HANDVOLL DOLLAR am gleichen Set parallel entstanden. Wobei PISTOLEN die sichere Bank sein sollte und der Hauptfilm war, während sich Leone nebenbei an sein Experiment heranwagen durfte. Und das ist auch der Grund, warum Morricone bei beiden Filmen engagiert war, aber verschiedene Zielvorgaben bei der Komposition erhielt, wobei ich aber auch den Lonesome Billy sehr schätze. Und Horst Frank ist wie immer klasse. 5 von 10 kopierten US-Western
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