OT: Quella Sporca Storia nel West
ITALOWESTERN: Italien, 1968
Regie: Enzo G. Castellari
Darsteller: Andrea Giordana, Horst Frank, Gilbert Roland, Ennio Girolami
Als Django (im Original: Johnny) nach Jahren aus dem Bürgerkrieg heimkehrt, muss er erfahren, dass sein Vater nicht nur ermordet wurde, sondern auch, dass seine Mutter mittlerweile den Onkel geehelicht und diesen dadurch zum Alleinherrscher über den großen Familienbesitz gemacht hat. Doch Johnny argwöhnt, dass sein Vater durch des eigenen Bruders Hand gestorben ist. Wie einst Hamlet schwört auch dieser heimgekehrte Sohn blutige Rache und unterschätzt dabei des Onkels Bösartigkeit...
Enzo G. (KEOMA) Castellari bringt Shakespeare in den Italowestern. Der Bezug zum großen, englischen Dichter kommt im Alternativtitel (JOHNNY HAMLET) allerdings um einiges besser zur Geltung als im hiesigen Verleihtitel, der ebenso wie die deutsche Synchronisation wieder einmal den guten alten Django bemüht. So wird der Hauptprotagonist kurzerhand von Johnny in Django umgetauft.
Obwohl Hamlet tatsächlich der passendere Name gewesen wäre, denn wenn man die Inhaltsangabe mit dem klassischen Theaterstück vergleicht, stellt man rasch fest, dass sich die Schicksale unseres jungen Sezessionskriegsveteranen und des alten dänischen Königssohns wie ein Ei dem anderen gleichen. Der Vater vom eigenen Bruder gemeuchelt, der böhse Onkel reißt sich nicht nur den üppigen Besitz unter den Nagel, sondern auch gleich noch die Schwägerin. Und dem heimkehrenden Prinzen bleibt nur der Durst nach Rache.
Im ersten Drittel scheint Castellari seinen Italowestern Nummer 4 nach DJANGO KENNT KEIN ERBARMEN (1966), DIE SATANSBRUT DES COLONEL BLAKE und LEG IHN UM, DJANGO (beide 1967) einen ganz eigenen visuellen Anstrich verpassen wollen. Er steigt mit einer surrealen Traumsequenz in den Film ein, lässt uns an einem Meeresstrand erwachen, wo eine fahrende Theatergruppe gerade ihren Hamlet probt und trumpft danach mit einem mythisch dekorierten, grabstein- und kerzenübersäten Friedhof in einer Höhle (!) richtig auf.
Leider verlässt man die Pfade mit den genre-untypischen Schauwerten bereits nach zwanzig Minuten wieder und sattelt um auf einen inhaltlich handelsüblichen, aber visuell immer noch starken und vor allem recht spannenden Rache-Western, der seine Klasse nicht zuletzt seinen charismatischen Bösewichtern verdankt.
Allen voran ist hier natürlich der eiskalte Horst Frank in der Rolle des Claudius -Verzeihung!- Claude Hamilton zu nennen. Ein leichenreicher Showdown sowie ein einprägsames Kreuzigungsszenario, welches aus unserem Johnny / Hamlet / Django endgültig einen mythischen Märtyrer macht, runden diesen rundum gelungenen Italowestern ab und verzeihen dann auch die eine oder andere zu kasperig geratene Schlägerei des Mittelteils.
PS: Die Verquickung von Shakespeare und Italowestern feierte allerdings nicht in diesem Film Premiere, sondern wurde schon ein Jahr zuvor im Jahre 1967 in Gianni Puccinis GLUT DER SONNE praktiziert. In dieser Blei-Oper geben Peter Lee Lawrence und Cristina (LEICHENHAUS DER LEBENDEN TOTEN) Galbò Romeo und Julia - und die spanische Horrorlegende Paul Naschy niemand Geringeren als Gevatter Tod höchstselbst.
Enzo G. Castellari bringt Shakespeare in den Italowestern. Auch wenn es der deutsche Verleihtitel nicht vermuten lassen würde: DJANGO - DIE TOTENGRÄBER WARTEN SCHON erzählt die Geschichte Hamlets, inklusive Gold, Blei, Kreuzigung und einen herrlich schurkischen Horst Frank in der "Claudius"-Rolle. Da sagt noch einer, im Genrekino gäbe es keine Kultur!