SATIRE: GB, 2009
Regie: Chris Morris
Darsteller: Nigel Lindsay, Riz Ahmed, Kayvan Novak, Arsher Ali
Sie heißen Omar, Waj, Hassan und Barry. Sie sind die "Four Lions", die vier islamistischen Löwen, die den Heiligen Krieg in eine britische Industriestadt tragen wollen. Doch bis es soweit ist, müssen sich die Dschihad-Azubis noch über Grundsätzliches einigen: Wo liegt eigentlich Mekka? Wie hält man eine Panzerfaust? Kann man Handys auch orten, nachdem man die SIM-Karte verschluckt hat? Und: Ist es moralisch vertretbar, eine Moschee in die Luft zu sprengen, um die gemäßigten Moslems zu radikalisieren, damit der "totale Krieg" ausbricht?
KRITIK:"Four Lions" ist der erste Film, der islamistische Selbstmordattentäter zu Protagonisten einer Satire macht - bei der - ich werfe gerne fünf Euro ins Phrasenschwein - das Lachen im Hals stecken bleibt.
Drei Jahre lang hat Regisseur Chris Morris, seines Zeichens beliebter und gefürchteter TV-Satiriker für den Film recherchiert und die Beweggründe britischer Selbstmord-Fanatiker erforscht. Die Erkenntnis mag banal sein: Die jungen Männer, die sich für Allah in die Luft sprengen, sind keine hochintelligenten Fädenzieher und Verschwörer, die irgendeinen durchdachten Masterplan verfolgen. Keine kriminellen Superhirne, sondern das glatte Gegenteil. "Ich weiß, ich bin dumm wie Dönerbrot", sagt Waj, einer der vier Möchtegern-Mudschaheddin in einem raren Moment der Selbsterkenntnis.
Aber, so die ungemütliche Erkenntnis des Films: Auch Vollidioten können eine Katastrophe auslösen. Doch der Reihe nach.
Im Stil einer verwackelten Reality-Soap blickt Morris seinen Möchtegern-Mudschaheddin bei der chaotischen Planung ihres Attentats über die Schulter. Statt westlicher Ungläubiger werden erst mal eine unschuldige Krähe, eine Mikrowelle und ein Schaf in die Luft gesprengt. Letzteres war ein kleiner Kunstfehler, den einer der Attentäter leider nicht überlebt hat.
Das ist ziemlich lustig und weitab jeglicher Political Correctness - genau der Stoff also, aus dem britische Satire in Tradition der seligen Monty Pythons oder Spitting Image (erinnert sich noch jemand?) gemacht ist.
Bemerkenswert ist, dass die ätzende Satire nicht nur das Zwerchfell des Zusehers durchmassiert, sondern sich auch redlich bemüht, die Lebensumstände der Wannabe-Gotteskrieger zu beleuchten. Omar, der Anführer und "Chefideologe", führt eine grundsolide, bürgerliche Existenz: Job, komfortable Wohnung, liebevolle Familie, Laptop, Internet, alles da.
So viel zum Gerede vom "Terror aus Verzweiflung", mit dem Stammtisch-Politikexperten, derstandard.at-Kampfposter und sonstige Blödsäcke islamistische Terroranschläge gegen "Imperialisten" schönreden. Die Realität ist halt ein bissl komplexer: Terror, das will uns dieser Film sagen, entsteht nicht aus Unterdrückung und Verzweiflung, sondern aus ideologischer Verblendung. Siehe auch den israelisch-palästinensischen Film PARADISE NOW, der sich auf ungleich ernstere Art und Weise mit dem islamistischen Terror auseinandersetzte - und zum selben Schluss kam.
In diesem Sinne: "Hat dein Bruder schon mal Jaffa-Orangen gekauft? Ja? - Dann finanziert er die israelischen Atomwaffen und ist Jude!"
Können Selbstmordattentäter lustig sein? Aber ja. Die gefeierte britische Satire FOUR LIONS blickt vier angehenden Dschihadisten bei der Vorbereitung eines Anschlags über die Schulter. Dem Film gelingt die heikle Balance zwischen Lacher und Beklemmung ziemlich gut: Er nimmt seine Charaktere ernst, zeichnet sie als grundsätzlich sympathische menschliche Wesen, die halt blöderweise einer gemeingefährlichen Ideologie aus Machokult, Hass, blanker Idiotie und Fanatismus aufsitzen, nach dem Motto: Auch Volltrottel können eine Katastrophe anrichten.
"Four Lions" läuft seit 21.4. in ausgewählten österreichischen Kinos. OmU im Filmcasino.