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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Freigesprochen

Freigesprochen

DRAMA: A, 2007
Regie: Peter Payer
Darsteller: Frank Giering, Lavinia Wilson, Corinna Harfouch, Robert Stadlober, Alfred Dorfer

STORY:

Hudetz ist Bahnhofsvorsteher. Eines Tages küsst er bei seiner Arbeit die junge Anna und schon ist das Unglück geschehen. Der Zug rast ungebremst an einem Bahnübergang in einen Milchlastwagen. Der Fahrer, Hudetz Freund stirbt. Wie auch 21 weitere Zuginsassen.

KRITIK:

Schließt man bei einem unverhofften Kuss die Augen, wird die Welt rundherum belanglos und unwirklich. Naja, vorausgesetzt, man wird zurück geküsst. Nur allzu oft wünschen wir uns, dass bei einem schönen Kuss die Zeit einfriert und das Leben zum Kuss-Nirvana erstarrt.

Ein Kuss als Auslöser eines Unglücks. Kennen wir doch alle, wenn wir mal jemand Falschen geküsst haben. Am falschen Ort zur falschen Zeit. Oft wird es einem einfach nicht bewusst, wie sehr unachtsam man bei einem Kuss doch wirklich ist. Nun, das Leben ringsum geht eben weiter und ganz schnell kann dieser eine Kuss ein Leben schlagartig verändern.

Ist diese unachtsame Liebelei dann auch noch die Ursache eines Zugunglücks, na ja. Dann hat man schon mal eine Geschichte.

Peter Payer bediente sich hier an der Theaterstückvorlage "Der jüngste Tag" von Ödön von Horvàth. Und das leider nicht so unkenntlich, wie es vielleicht nötig gewesen wäre.

Man erkennt es. In Dialogzeilen, in der schauspielerischen Performance und leider sogar im Handlungsmuster selbst. Nichts wurde dramatisch verändert, nichts so adaptiert, wie es filmisch nötig gewesen wäre. Das finde ich höchst schade!

Entscheidende Szenen, wie die Momente vor und kurz nach dem Unglück wirken seltsam unbeeindruckend trotz schöner und aufwendiger Bilder. Ein großes Manko zeigt sich hier auch bei der Szenenchoreografie. Alles schon mal irgendwo gesehen. Man spürt fast nichts von diesem üblen Krampf im Bauch, den man eigentlich gewohnt ist zu spüren, wenn ein derartiges Unglück passiert.

Fast kam es mir so vor, als säße ich in einem Michael Bay Film, ohne Action. Die Wirkung auf mich war leider die gleiche. Da konnte auch Frank Giering nix mehr retten. Das Auftauchen des toten Freundes in Weiß, also des im Theater üblichen Gewissens-Geistes wirkt in "Freigesprochen" einfach nur lächerlich und patschert. Man kommt nicht umhin, diesen Auftritt so was von nicht ernst zu nehmen. Denn dieser Geist wird dann auch noch von Kabarett-King Alfred Dorfer gespielt, dessen Rolle eingangs bloß einen unbeeindruckenden Satz hatte. Kaum zu glauben, dass da wirklich ein erwachsener und intelligenter Regisseur gearbeitet hat.

Der Schuld & Sühne-Konflikt um Frank Giering und Lavinia Wilson verkommt dazu noch unter einem teils unnötigen, oft kaltem Sex-Dessert, der im Theater vielleicht den inneren Kampf der Beiden darstellen sollte, im Film aber diese Wirkung einfach nicht erzeugen will. - So verkommt's zur typisch österreichischen Fleischbeschau. Obwohl, ich bei Lavinia natürlich gern hingeguckt habe ;-)

Die Ehefrau des "Täters" (Corinna Harfouch) vergisst schon mal 12 Jahre Ehe bei einem kleinen Fremdkuss des Gatten, der Freund der "Täterin" (Robert Stadlober) ist naiv wie Bibel-Adam himself und den gesamte Rollen-Rest hätte man sich auch gut sparen können. Bis auf Performance war da auch nicht viel dahinter. Handlungskohärenz: Null!

Leider behandelt der Regisseur die Charaktere in seinem Film einfach respektlos. Wie gesagt wirken da schon zu viele Abschnitte im Film derbst "unfilmisch". Dieser Theaterbühnen-Stil wirkt in einem Film einfach nur unpassend und sogar peinlich. Dem Ende allein merkt man schon die Schwäche des Filmes im Gesamten an.

Freigesprochen Bild 1
Freigesprochen Bild 2
Freigesprochen Bild 3
Freigesprochen Bild 4
Freigesprochen Bild 5
FAZIT:

Da hätte der Regisseur einfach besser und fokussierter am Drehbuch arbeiten sollen. Eine 1:1-Umsetzung eines alten Theaterstücks auf die Kinoleinwand ist einfach nicht die Lösung. So bleibt es zwar ein recht "hübscher" Film mit toller Besetzung, er schafft es aber nicht der Stimmung des Themas würdig zu werden. Alles zu theaterhaft!

WERTUNG: 3 von 10 auftauenden Karpfen in Milch
Gastreview von Nicolae
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