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Fright Night

Fright Night

HORRORKOMÖDIE: USA, 2011
Regie: Craig Gillespie
Darsteller: Anton Yelchin, Colin Farrell, Toni Collette, David Tennant, Imogen Poots, Christopher Mintz-Plasse, Chris Sarandon, Dave Franco

STORY:

Ein Vampir geht um. Ein ehemaliger Nerd setzt sich zur Wehr. Mit dabei: Schöne und kluge Frauen, ein echter Nerd und mehr Blut als man denkt.

KRITIK:

"Das hier ist echt. Er ist ein echtes Monster und er ist nicht edelmütig, denkt nicht viel nach, hat keinen Liebeskummer. Er ist der verfickte Hai aus Der Weiße Hai. Er tötet, er frisst, und er hört damit nicht auf bis alle um ihn herum tot sind." (Ed in Fright Night)

Fright Night ist einer dieser Filme, von denen ich bei Erscheinen flüchtig höre und sie sofort als nicht sehenswerten Müll abtue. Das billige, reißerische (deutsche) Filmplakat, ein Remake und eine Disneyproduktion - gibt es eindeutigere Indizien dafür, einen Film zu meiden? Doch weit gefehlt! Wie Hollywood derzeit Zombies und Vampire für seine niederen und biederen Zwecke einspannt und durch jene Massenfertigung, die bis jetzt über kurz oder lang noch jede schummerige Nische auf den hellerleuchteten Platz des Mainstreams gezerrt hat, nahe dran ist, sie für eine lange Zeit ungenießbar zu machen, darüber braucht und will man keine Worte mehr verlieren. Aber auch die (pseudo)künstlerischen Vampirfilme eines Jim Jarmusch oder Tomas Alfredson lösten in mir nichts als ein Gähnen aus.

Wie erfrischend also, dass der Fürst der Dunkelheit hier weder schmollend, noch verliebt, noch depressiv ist. Er sieht unverschämt gut aus, zugegeben, und er mag Menschenblut, aber das sind auch die einzigen Gemeinsamkeiten. Er ist zur Abwechslung mal wieder ein Vertreter seiner Gattung, dem es hauptsächlich um die Beschaffung seiner Nahrung geht, die aus geschmuggelten Krankenhaustransfusionen oder gar von Ratten eben nicht mal annähernd so gut schmeckt.

An anderer Stelle ist unser Vampir dafür moderner. Nachdem er aus seiner Vorratskammer von einer Gogo-Tänzerin genascht hat, setzt er sich erst mal mit einem Bier auf die Couch und zieht sich debil grinsend eine Realitysoap über Brustvergrößerungen rein. Nein, viel nachdenken will und muss er wirklich nicht, unser Vampir, ihm reicht sein Instinkt, der ihn das Blut seiner Opfer zielsicher erschnüffeln lässt. Und zu seinem Ziel gelangt er, koste es was es wolle. So hält es ihn auch nicht lange auf, dass er das Haus seiner Opfer ohne Einladung nicht betreten darf: mit einer Schaufel bewaffnet reißt er manisch die Gasleitung aus dem Rasenboden und fackelt das Haus kurzerhand ab.

Colin Farrell, und dieses Wort muss ich nun doch im Zusammenhang mit diesem Film verwenden, macht seine Sache brillant. Gleich bei seiner Einführungsszene zieht er alle für diese Rolle möglichen Register. Sein Blick taxiert ruhig, aber bestimmt sein Gegenüber von Fuß bis Kopf. Ein kurzer lobender Kommentar über die Baseballschuhe des Gegenübers, der sowohl ernst als auch ironisch gemeint ist. Dann heben sich seine (buschigen) Augenbrauen und die Augen ziehen sich zusammen. Was folgt, ist eins der charmantesten Lächeln der jüngeren Filmgeschichte. Bei den perfekt gelegten Pausen zwischen seinen Sätzen weiß man nie, ob er jetzt einfach verdammt cool ist oder nur den Drang unterdrücken muss seine Zähne in den nächstbesten Hals zu schlagen. Er lädt zum nachbarschaftlichen Drink zu sich ein (oder sowas ähnliches), ein kurzer, beinah dankender Blick zum nächtlichen Himmel und er verabschiedet sich fürs Erste, nur um in einer späteren Szene genauso nonchalant ein Sixpack Bier zu borgen und dabei unserem Helden eine Heidenangst einzujagen.

Dass keiner gegen Colin Farrells Vampir anstinken kann, müsste aus dieser Beschreibung bereits hervorgegangen sein. Aber dass Anton Yelchin blass bleibt, darf man ihm nicht zum Vorwurf machen, es ist wohl dem Naturell seines Wesens geschuldet und damit ist er sogleich perfekt für die Rolle des ehemaligen Nerds. Imogen Poots sehe ich wie immer sehr gerne und sie ist weit entfernt von den üblichen Sluts, die wir sonst in einem Film mit Highschool-Kids zu erwarten hätten. Der allseits bekannte, allseits beliebte Christopher Mintz-Plasse spielt seine übliche Rolle, die noch immer nicht ausgelutscht ist, was wohl allein seiner Sympathie zu verdanken ist. Als er zum Anfang des letzten Drittels wieder auftaucht, darf er auch mal wieder ordentlich böse sein (siehe Kick-Ass). Darüber hinaus hat er einige der besten Sätze im ganzen Film sagen. Toni Collette als alleinerziehende Mutter ist natürlich weit unter ihrem üblichen Niveau, aber sie überzeugt durch ihre zurückhaltende Präsenz. David Tennants Rolle als angeblicher Vampirjäger hat mich jedoch etwas genervt. Ich schätze ich bin nicht der einzige, der von den abgehalfterten Softrockern mit Drogenproblemen und langen Haaren schon von Anfang an genug hatte. In Fright Night wird dieser Charakter mit der Zeit aber immer sympathischer und offenbart den einen oder anderen Makel, über den man schmunzeln kann. Jedem der Darsteller kann man auf jeden Fall deutlich seine Spiellust anmerken, was allein schon für ein vergnügliches Betrachten des Films sorgt. Und ja, vielleicht hat Toni Collette zu wenig Screentime, aber mir persönlich war es ganz recht, dass sie im letzten Drittel wegen Gehirnerschütterung nicht mitmischen durfte. Sie wäre nichts als Ballast gewesen.

Und Ballast hat der Film sehr wenig. Es ist schon erstaunlich wie Drehbuchautorin Marti Noxon genauestens um die Befindlichkeiten des altgedienten Horrorpublikums Bescheid weiß. Wenn der Vampir nicht ins Haus darf, fackelt er es ab. Entsprechend schnell wird auch jenes oft so langatmige Spiel des Ich-weiß-Bescheid-aber-niemand-glaubt-mir aufgelöst. Selbst die Haarpracht des Vampirjägers ist nicht was sie auf den ersten Blick schien. Wann immer man kurz davor ist, zu denken, dass es jetzt zu dumm wird, hat das Drehbuch eine neue Idee. Natürlich folgt der Film den Horrorgrundschemata: Highschool; Nerds; ein paar vollkommen persönlichkeitslose, schnelle Opfer; eine Schönheit, die gutmütiger ist, als sie aussieht; eine alleinerziehende Mutter et cetera et cetera.

Trotzdem biedert sich der Film nie an allzu ausgewaschene Klischees an. Vieles was die meisten Horrorfilme links liegen lassen oder geschickt drum herum manövrieren, wird hier angesprochen. So wird zum Beispiel äußerst schlüssig erzählt, warum der Vampir ausgerechnet in die Suburbs von Las Vegas gezogen ist und warum seine abgedunkelten Fenster nicht weiter auffallen. Das Drehbuch ist so gut, dass der Film fast gänzlich ohne Ausrutscher zurechtkommt. Die Protagonisten handeln nicht dumm und selbst der Softrocker sagt nicht allzu viel Peinliches, zwei Kriterien die einem Horrorfilm, erst recht einer Horrorkomödie, am schnellsten den Garaus machen. Der fehlende Humor ist hier also viel eher als Pluspunkt, denn als Nachteil anzusehen.

Erwartungsgemäß lässt der Film jedoch in der zweiten Hälfte nach, was aber durch das nochmals angezogene Tempo ausgeglichen wird. Trotz des Tempos sind die Schnitte übrigens nie allzu hektisch. Wie in allen neueren und mittelgroßen Horrorproduktionen erwartete ich auch hier den Showdown mit Schrecken. Wie oft ist es bereits geschehen, dass das Ende den ganzen Film rückwirkend ins Belanglose zieht? Für Fright Night kann ich aber Entwarnung geben. Das Finale wird erfreulich schnell abgewickelt und erlaubt unserem Helden sogar noch, auch einmal die coole Sau raushängen zu lassen. Wie er den Vampir besiegen will, verrate ich hier nicht, aber es ist eine großartige Idee. In einigen der Reviews, die ich las, wurde der Humor vermisst. Nein, laut losprusten muss man hier nicht, der Film ist viel besser. Es ist ein unterschwelliger (Spiel)Witz, der als Grundton den ganzen Film über beibehalten wird. Zudem wird geflucht, geblutet, Körperteile gehen verlustig und relativ viel wenn auch latente Erotik gibt es auch noch. Allerhand also für eine Disneyproduktion.

Sehr ärgerlich ist natürlich das viele CGI-Blut, das aber im Zusammenhang mit der Grundstimmung des Films noch halbwegs annehmbar ist. Viel störender war dann eher die schmalspurige Gesellschaftskritik. Diese kann man gehäuft finden, muss man aber nicht. Nur an ein, zwei Stellen wird sie einem unter die Nase gerieben, so zum Beispiel als in einer Diskothek alle besoffen sind oder miteinander rummachen und so nicht einmal merken, dass mitten unter ihnen gerade ein Vampir frisst. Diese Momente tun aber nicht weh und sind schon nach einigen Sekunden, sowohl vom Zuschauer als auch den Protagonisten selbst, wieder vergessen. Es bleibt eine wirklich grundsolide, niemals langweilige Horrorkomödie, die nur selten das ist, was sie scheint. Ich zumindest bin heilfroh, dass es solche Filme noch gibt: hochglänzende Horrorfilme mit durchweg gutem Cast, die dennoch keine Angst vor bösen Wörter und bösen Flüssigkeiten haben. Und klar, das Ende ist vorprogrammiert. Aber immerhin: unser Held darf endlich seine Braut entjungfern. Danke, Disney.

Fright Night Bild 1
Fright Night Bild 2
Fright Night Bild 3
Fright Night Bild 4
Fright Night Bild 5
Fright Night Bild 6
FAZIT:

Auf keinen Fall ein Adrenalinkick aber doch ein Horrorblockbuster, der keiner ist und auch keiner sein will. Erfrischend geradlinig und bodenständig, mit durchweg sympathischen Schauspielern und einem äußerst süffisant aufspielenden Colin Farrell.

WERTUNG: 8/10
Gastreview von Bruno
Dein Kommentar >>
Matze | 16.12.2014 14:07
Kann es sein, dass Du auf Herrn Farrell abfährst? :D
Verständlich ist es auf jeden Fall!
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