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I Killed My Mother

I Killed My Mother

OT: J'ai tué ma mère
TRAGIKOMÖDIE: Kanada, 2009
Regie: Xavier Dolan
Darsteller: Xavier Dolan, Anne Dorval, François Arnaud

STORY:

Wie wohl viele Teenager hasst der 16-jährige Hubert seine Mutter, mit der er in Montreal lebt. Doch sein Hass geht über das übliche pubertäre Verhalten hinaus. So gut wie jedes Gespräch der beiden endet im Streit. Kann das auf Dauer gut gehen?

KRITIK:

Zumindest bevor der Film in Cannes drei Preise gewann, war die große Aufmerksamkeit ihm gegenüber wohl dem Alter seines Regisseurs geschuldet. Xavier Dolan war erst 19, als er "J'ai tué ma mère" drehte und gar erst 17, als er das Drehbuch dazu schrieb.

Dass Filmladen das Debüt nun auf DVD erscheinen lässt, ist Grund genug, um einen Blick auf das erste Werk des als Wunderkind gefeierten Dolans zu werfen. In "I Killed My Mother" trifft ein frühreifer, altkluger Teenager auf eine gestresste, desinteressierte Mutter. Das kann nicht gut gehen und da sie beide auch noch ziemlich streitsüchtig sind, ist jegliche Harmonie Fehlanzeige.

Im weitesten Sinne könnte man vielleicht sogar von einer modernen, an einem späteren Lebensabschnitt ansetzenden Interpretation von Truffauts großartigen "Sie küssten und sie schlugen mich" sehen. Der schier unzähligen Streitszenen sollte man sich vielleicht bewusst sein bevor man sich diese DVD zu Gemüte führt. Auch wenn sich der Film wohl als Tragikomödie versteht, ist er an manchen Stellen durchaus mühsam anzusehen.

Dass praktisch jeder Dialog der beiden Hauptfiguren im Streit endet, kann man mit Sicherheit auch als mühsam empfinden. Wenn man sich darauf allerdings einstellen kann, wird man in die irgendwie chaotische und sicher nicht perfekte Welt des Filmemachers entführt, in der aber immer und immer wieder klare Anzeichen großen Talents auftauchen.

Auffällig ist unter anderem die Kameraführung bei vielen Dialogen des Filmes. Oft werden Mutter und Sohn zunächst in einem Bild gemeinsam am Tisch sitzend gezeigt. Sobald sich allerdings ein Streit zwischen den beiden entfaltet, werden sie von der Kamera getrennt. Dann gibt es ein Close-Up des jeweils gerade Sprechenden. Dabei wird das Gesicht von Xavier, der rechts von seiner Mutter sitzt, ganz an den linken Bildrand gedrängt. Die Mutter selbst hingegen wird beim Sprechen ganz an den rechten Bildrand gedrängt. So separiert Dolan seine beiden Charaktere zwar, schiebt sie andererseits aber auch wieder aneinander. So nah und doch so fern sind sich die beiden aneinander gebundenen Figuren.

Das Highlight des Filmes ist aber zweifelsohne eine großartig inszenierte Sexszene. Nur eine gehörige Portion Homophobie könnte verhindern, dass man die geniale Komposition aus an den Wand geschütteten Farben und sinnlich aneinander klebenden Männerkörpern nicht zumindest ein wenig anziehend findet.

Neben dem auffälligen Talent Dolans ist natürlich auch seine Jugend unverkennbar. Das Hauptproblem des Filmes ist die unverkennbare Nähe zwischen dem in seiner Altklugheit manchmal etwas anstrengendem Hauptcharakter und dem Regisseur selbst. Es ist an sich schon schwer genug, sich mit dem streitsüchtigen Besserwisser Hubert identifizieren zu können. Dass der Film ihn dann aber auch noch ständig und fast gänzlich ohne Ironie in die Opferrolle schlüpfen lässt, ist dann richtig schwerer Tobak. Daher kommt am Schluss auch nur ein wirklich guter, aber sicherlich nicht großartiger Film heraus. Die Überzeichnung der Charaktere wird aus der Perspektive des selbst noch jugendlichen Regisseurs und Drehbuchautors als zu real und wie schon erwähnt mit zu wenig Ironie gesehen.

I Killed My Mother Bild 1
I Killed My Mother Bild 2
I Killed My Mother Bild 3
I Killed My Mother Bild 4
FAZIT:

An den schwächsten Stellen ist "I Killed My Mother" ein Film, wie man es von einem Teenager erwarten konnte. Die Jugendperspektive ist an den überzeichneten Charakteren und des offensichtlichen Selbstmitleids unverkennbar. An den stärksten Stellen hingegen ist "I Killed My Mother" ein klarer Beweis für das Talent von Xavier Dolan, von dem man mit Sicherheit noch viel hören wird.

WERTUNG: 7 von 10 Mutterkomplexen
TEXT © Michael Leitner
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