OT: Il Divo
POLITSATIRE/BIOGRAPHIE: I, 2008
Regie: Paolo Sorrentino
Darsteller: Toni Servillo, Anna Bonaiuto, Fanny Ardant
Giulio Andreotti leidet an chronischer Migräne. Kein Wunder, sein Wille zur Macht brachte ihn 33 Mal in die Regierung und davon 7 Mal zum Ministerpräsidenten. Und in einem Land wie Italien ist das eine echte Herausforderung. Vor allem wenn man keine weiße Weste hat und das immer vertuschen muss.
Giulio Andreotti wird als zwielichtige, aber auch schrullige Person portraitiert. Die Körperhaltung ist immer ein wenig zusammengezogen - als würde er sich bemühen, möglichst wenig Platz einzunehmen. Und diese Haltung ist symptomatisch für sein politisches Verhalten. Ob Parteikumpanen, Familie, potentielle Wähler oder sogar die Mafia: Er schafft es, sich überall anzupassen und die Dinge so hinzubiegen, wie er sie braucht. Und um an die Macht zu kommen, ist ihm jedes Mittel recht - ganz im Sinne von Machiavelli.
So werden ihm diverse Kontakte zur Mafia nachgesagt. Und er soll seine Finger im Spiel gehabt haben bei politischen Morden an Journalisten, Staatsanwälten, ja sogar am eigenen Parteimitglied Aldo Moro. Der ihm im Kopf herumgeistert und eine der Ursachen für die Migräne ist.
In seiner Partei - der democrazia cristiana - spielt auch die Kirche eine wichtige Rolle. Andreottis Glaube ist dabei aber nicht mehr als purer Opportunismus. Wie ein Pfarrer es treffend ausdrückt, spricht Andreotti in der Kirche nie mit Gott, sondern immer nur mit den Geistlichen. "Priester können wählen. Gott geht nicht wählen.", so erklärt der große Staatsmann sein Verhalten unverblümt.
Ihr seht schon: Keine fade Biographie, sondern ein wahrer Krimi. Und der Kriminelle ist der mächtigste Mann im Lande und das immer wieder - was für eine gefährliche Mischung! Sorrentino erzählt den Film auch als solches - mit einigen Kunstgriffen aus dem Western-Genre. In slow motion steigen die Machtprotzen aus ihren polierten Karren, lächelnd im Sonnenlicht, die schönen Frauen im Schlepptau. Hier ist die high society Gesetzgeber und Outlaw in einem. Und verwischt all ihre Spuren.
Auch wenn man nicht alle Hintergründe und Verstrickungen versteht: Genau darum geht's in diesem Film. Der Film ist Nahrung für alle Politikverdrossenen, aber auch für alle Idealisten, die die Hoffnung noch nicht aufgegeben haben.
Ein bemerkenswerter Film über die Abgründe der italienischen Politik. Tolle Musik, dramaturgisch wertvoll. Eine haarsträubende True-Story fabelhaft erzählt. Mein Fazit: Geht immer wählen, gut informiert, denn der Wähler ist letztlich für die großen politischen Katastrophen verantwortlich, die uns regieren.