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In den Krallen des Hexenjägers

In den Krallen des Hexenjägers

OT: Blood on Satan's Claw
HORROR: GB, 1971
Regie: Piers Haggard
Darsteller: Patrick Wymark, Linda Hayden, Barry Andrews, Michele Dotrice

STORY:

In einem abgeschiedenen englischen Wald- und Wiesendörfchen vor vielen hundert Jahren. Der Bauer Ralph findet auf seinem Acker einen verwesten, halbmenschlichen Schädel. Als er den örtlichen Richter hinzuzieht, ist der Schädel verschwunden. Gleichzeitig kommt die jugendliche Dorfschönheit Angel in den Besitz eines weiteren unheimlichen Fundstücks: Einer pelzigen, krallenbewehrte Klaue. Damit hält der Teufel Einzug in die abgeschiedene Siedlung. Eine junge Frau verfällt über Nacht dem Wahnsinn. Die Kinder und Jugendlichen des Dorfes ziehen sich in die Wälder zurück, um satanischen Ritualen zu frönen. Und immer mehr Dorfbewohner tragen plötzlich Male des Teufels auf ihren Körpern. Es scheint, dass die Rückkehr des Satans auf Erden vorbereitet werden soll. Das ruft die Hexenjäger auf den Plan...

KRITIK:

BLOOD ON SATAN'S CLAW war der Film, der die finnische Doom Metal-Legende Reverend Bizarre zu ihrem gleichnamigen Song inspirierte. BLOOD ON SATAN'S CLAW war aber auch der Film, der die damals blutjunge Hauptdarstellerin Linda Hayden zumindest innerhalb des Kreises der Eingeweihten zur kleinen Kult-Ikone gemacht hat. 

Völlig zu recht übrigens: Die siebzehnjährige Hayden brilliert hier in einer schizophrenen Doppelrolle. Mal tritt sie als sexy Bauernlolita in Erscheinung, mal als diabolische Hohepriesterin eines aus Kinder und Jugendlichen bestehenden Satanskults. Und sie hat buschige Augenbrauen lange vor Theo Waigel und Cara Delevigne en vogue gemacht.

In den Sechzigern und Siebzigern waren die Tigon British Film Productions neben den alteingesessenen Hammer Studios und Amicus die dritte Kraft in Sachen Genrekino im britischen Königreich. Neben eher Belanglosem wie VIRGIN WITCH oder THE BEAST IN THE CELLAR haben sie den Horrorfilm zumindest einen Klassiker und einen Kultfilm beschert. Der Klassiker ist das Hexploitation-Glanzlicht WITCHFINDER GENERAL (aka DER HEXENJÄGER), in welchem der legendäre Vincent Price den gnadenlosen Inquisitor Matthew Hopkins spielt - und der Kultfilm natürlich der vorliegende BLOOD ON SATAN'S CLAW. (Auch wenn sich Tigon beim Vorspann des Letzteren im Copyright-Kleingedruckten die Peinlichkeit leistet, den eigenen Firmennamen falsch zu schreiben. Das würde uns bei Filmtripps.at selbstverständlich nie passieren.)

Nobody's perfect. Und der Film ist es auch nicht. Trotzdem: Piers (DIE SCHWARZE MAMBA) Haggard hat mit seinem zweiten Spielfilm einen wunderbar kauzigen Horrorstreifen geschaffen, der atmosphärisch irgendwo zwischen dem bereits erwähnten WITCHFINDER GENERAL und dem legendären WICKER MAN seine ganz eigenen zugegebenermaßen obskuren Bahnen im Firmament des Genres dreht.

Jede Wette, dass sich die bekifften Köpfe hinter Electric Wizard (auch so eine kauzige Doom-Stoner-Combo) nach ihrer Rollin-Sammlung immer auch noch BLOOD ON SATAN'S CLAW reinziehen, bevor es ans Texte schreiben fürs neue Album geht... Nun sollte also jeder vorgewarnt sein, der kein okkulter Dope-Smoker, Filmobskuritätenjäger und nicht Mitglied einer paganistischen Vereinigung oder dem 70er Jahre-Horror-Fanclub ist.

Den Normalsterblichen erwartet nämlich ein derart wildes Wechselbad aus satanischer Bedrohung, echter Grimmigkeit, unfreiwilliger Komik und blankem Unfug, dass an dessen Ende nur Verdutzung oder schlimmstenfalls maßlose Verärgerung stehen kann.

Selbst ich war mir nach dem Abspann zunächst nicht sicher, ob ich nun eben dem Kult oder dem blanken Nonsens ins Auge geblickt habe. Diese Grenzen sind fließend in einem Film wie BLOOD ON SATAN'S CLAW.

Da wird es mal unheimlich (die Dachkammerszenen im Haus des Richters), mal richtiggehend unerbittlich (Elisabeths truly garstiges Schicksal). Dann präsentiert man sich wieder schrecklich wirr, fragmentarisch und unausgegoren. Was sich allerdings dadurch erklären lässt, dass das Projekt ursprünglich als Episodenfilm konzipiert war. Als man sich letzlich doch für einen Spielfilm entschieden hatte, wurden die drei eigentlich getrennten Story-Segmente kurzerhand durchgewürfelt und dann zusammengefügt - wobei zwangsläufig die narrative Geschmeidigkeit verloren ging.

Angesichts der Hexenproben (ohne Brett!) und den unsäglichen Langhaarperücken der Herren Witham oder Knox sowie des Kunstpelz-Belial, der der finalen Teufelsbeschwörung entspringt, gibt man dem Zuschauer gar ein ums andere Mal Gelegenheit zum fleißigen Fremdschämen.

Doch der eigenwillige, genre-untypische, wunderschöne Soundtrack von Matt Wilson, der wie Musik zu einem paganistischen Märchen und nicht unbedingt nach Horrorfilm klingt, passt immer ganz wunderbar zum herrlich kauzigen Geschehen. Ungeachtet aller Verschrobenheit: Der Film ist ein atmosphärischer Leckerbissen, der von Kamera-As Dick (PHASE IV, CHINA BLUE, DRACULAS HEXENJAGD) Bush äußerst stimmig fotografiert wurde.

Schlussendlich ist BLOOD ON SATAN'S CLAW (bei uns unter dem Alias IN DEN KRALLEN DES HEXENJÄGERS bekannt) vielleicht genau das: Eine Kreuzung aus Horror- und Märchenfilm, die in dieser Form heutzutage gar nicht mehr und damals nur selten gemacht wurde. Daher erübrigt sich die Frage nach Sein oder Nichtsein, Kult oder Schrott. Ist Kult. Natürlich!  

In den Krallen des Hexenjägers Bild 1
In den Krallen des Hexenjägers Bild 2
In den Krallen des Hexenjägers Bild 3
In den Krallen des Hexenjägers Bild 4
In den Krallen des Hexenjägers Bild 5
FAZIT:

Wäre dieser britische Horrorfilm aus dem Hause Tigon ein Mensch, wär's ein satanischer Waldschrat! BLOOD ON SATAN'S CLAW schwebt im Genre-Firmament in seinen ganz eigenen kauzig- paganistischen Sphären irgendwo zwischen den drudenfussartigen Sternbildern des WICKER MAN und des WITCHFINDER GENERAL. Die Jungen und die Alten streiten immer noch trefflich darüber, ob dies nun herrlich verschrobener Kult oder doch nur unerträglicher Bockmist aus längst vergangener Filmzeit ist. Eins kann ihr keiner: Linda Hayden als laszive Bauernlolita Angel, die zur buschigen Hohepriesterin des Satans aufsteigt, herrscht majestätisch in diesem mal grimmigen, mal peinlichen, mal lyrischen, mal unausgegorenen, aber immer kultigen Teufelsreigen.

WERTUNG: 8 von 10 resignierenden Epilierern
TEXT © Christian Ade
Dein Kommentar >>
Jack | 04.03.2017 22:04
Es gibt auch einen Song mit gleichem Titel der österreichischen Band "Bloodsucking Zombies from Outer Space"
>> antworten
Dieter O. | 23.10.2013 15:22
Kleine Klugscheisserei am Rancde: auch im Song "Mean Machine" der
legendären "Cramps" wird der Filmtitel zitiert "Ya wanna go to the
Devil but you don't like the flames. Blood on Satan's Claw is my middle
name. Yeah I'm mean..."
>> antworten
Erich H. | 22.10.2013 13:01
Herrliche Betrachtungen eines paganistischen Filmtrippers (oder so). Und vor allem die Rollin-Tigon-Komponente eröffnet völlig neue Sichtweisen.
>> antworten
Pierre | 21.10.2013 08:34
sieht sehr gut aus - wird irgendwoher besorgt. Danke für den Tip!
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Johannes | 20.10.2013 21:14
FILMTRIPPS.at *zweinachobengereckteDaumen* :)
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