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King Kongs Tränen

King Kongs Tränen

KUNSTTTRASH: ÖSTERREICH, 2011
Regie: Peter Kern
Darsteller: Peter Kern, Kathrin Beck, Cornelia Albrecht, Yvonne Köstner

STORY:

Peter Kern tritt in diesem Film als Alter Ego seiner selbst namens Peter Gläubiger auf. Er trifft bei einem Casting auf eine Kritikerin, die sein Werk als überholt und bedeutungslos abtut, wodurch sich sein "aufgestautes Rachepotential" (Presseheft) in Form einer etwas schrägen und surrealen Gewaltorgie entlädt.

KRITIK:

Du meine Güte, was mache ich jetzt mit diesem Film? So als quasioffizieller Filmkritiker darf man sich ja Filme gratis ansehen, der Preis dafür ist aber die Verpflichtung darüber schreiben zu müssen. Ihr wisst ja wie das ist: Pacta sunt servanda.

Da saß ich also, ganz alleine (!) in der Pressevorführung und sah mir meinen ersten Peter-Kern-Film an. Wenn eben dieser nicht zufällig vor einer Woche bei Willkommen Österreich zu Gast gewesen wäre, ein bisschen an Elke Heidenreich herumgefummelt hätte, und die selben Geschichten wie vor zwanzig Jahren beim Phettberg in der Nette Leit Show aufgewärmt wurden, ich wüsste nicht einmal wer das ist, und wäre vermutlich auch nicht hingegangen. Obwohl mir zwei seiner Filme (Blutsfreundschaft und Haider lebt) durchaus ein Begriff sind.

Dieser Mann/Film bietet eine enorme Angriffsfläche (wow, das ist sogar doppeldeutig - und ich möchte mich gleich einmal für so ein billiges zufällig entstandenes Witzchen entschuldigen, aber irgendwie muss ich ja die Seite vollkriegen).

Es geht um einen alten, dicken, einsamen Mann, der sich über sein Schicksaal und die Gesellschaft beklagt, und diese seine Gedanken mit Rachefantasien unterlegt. Daraus könnte man ja etwas machen, wäre dieser Film nicht so schrecklich selbstmitleidig und dilettantisch. Die Laiendarsteller haben offenbar nicht einmal einen zweiten Take bekommen, falls ihr wisst was ich meine.

Aber da ich mir einbilde ein Mensch mit überdurchschnittlichem Kunstverständnis zu sein, werde ich jetzt keine spaßig zu lesende Spottorgie produzieren, denn eines hat der Film zumindest zusammengebracht: Mich zu sensibilisieren. Ich möchte Peter Kern wirklich nicht kränken, der hat es eh schwer genug. Außerdem ist nichts peinlicher als auf eine "Provokation" zu reagieren, falls das überhaupt eine Provokation war, wer weiß das schon.

Laut Presseheft leben wir also "in einer Welt der Oberflächendarstellung, der Castings, der Sensationen, auf Kosten der Träume von Kleinbürgern". Die ganze Welt? Nein, ein kleiner Künstler wehrt sich dagegen, zeigt die Zustände auf und hört nicht auf Widerstand zu leisten: Peter Kern, was für ein Held! Sein Feind hier: der Kritiker.

(Ist ja auch eine unfaire Sache, der Kritiker schafft nichts, darf aber alles zerstören. Gerade ich kann das ja durchaus nachvollziehen, und wenn es hilft, ja, ich (stellvertretend) für alle "Kritiker" gebe hiermit zu, dass ich ein kleiner quasi sinnloser Parasit und Meinungsmacher ("Journalismus" so wie ihn die Kronenzeitung betreibt) bin, der das wahrscheinlich tut, weil er selbst nicht dazu fähig ist, etwas zu kreieren. Zufrieden?

Warum hat das nicht schon ein Kritiker vor mir zu Peter Kern sagen können, dann hätten wir uns alle King Kongs Tränen ersparen können und er hätte seine Energie in ein interessanteres Projekt stecken können.)

Neben diesem Hauptmotiv gibt es ein bisschen Unterschichtpornografie (die sozial benachteiligten Nachbarn), verko(r)kster Medien- und Kulturbetrieb (eine Theaterschlampe und ihr ergebener Assistent und Toyboy, die das Casting leiten) und ein wenig Ich-armer-Künstler-Selbstmitleid (dargestellt durch das schöne Bild King Kongs, der im Tierschutzheim hinter Gittern sitzt).

Dieses Themen und Motivgefüge mögen jetzt in verschriftlichter Form ganz interessant klingen, aber so wie sie ihren Weg auf die Leinwand gefunden haben, wirkt es eher in der Art wie Opa seine Geschichten schon zum tausendsten Mal widerkäut. Es hat einfach sooo einen Bart. Ja, eh, haben 99,9% aller Themen in Filmen und Büchern. Es geht natürlich mehr um das Wie. Petern Kern wählt dafür eine assoziative, traumlogische Dramaturgie mit surrealen Einschüben, viel Gewalt und hohem Trash-Anteil.

Aber wirkt das hier frisch? Oder spannend? Weckt einen das aus der alltäglichen Trostlosigkeit? Berührt das meine Seele? Nein, es wirkt einfach nur altvatrisch. Und ironischerweise gibt es in diesem Film auch einen Kritikerangriff, der davon redet, dass die Kunst des Peter Kern überholt sei. Wenn dieser Film die Antwort auf diese Anschuldigung sein soll, dann ist er aber gründlich danebengegangen, denn hier werden diese Worte einfach nur bestätigt.

Die Figuren sind alle auf der Suche nach Wahrhaftigkeit, aber wenn dieser Film die Wahrhaftigkeit zeigt, dann wollen wir sie nicht (könnte aber zumindest so gewollt sein). Der Film will wachrütteln, aber er ist in seinen Mitteln und Gedanken so ausgelutscht und abgestanden, dass er eher einschläfernd wirkt. Der Film versucht sich gegen diese Akzeptanz der Mittelmäßigkeit stellen, aber dabei ist er selbst aus den voran genannten Gründen ein Musterbeispiel an Mittelmäßigkeit.

Ja, hier ist Herr Kern selber zum Kritiker geworden, hat sich selbst und anderen alte, verbrauchte Gedanken gestohlen und übernommen um einen hilflosen Kommentar daraus zusammengeschustert, dessen kreative Einschübe durch Dilettantismus in der Herstellung (was aber natürlich vorwiegend am viel zu geringen Budget liegt)lächerlich wirken.

Peter Kern bemüht sich ja redlich, aber er wird vermutlich kein österreichischer Orson Welles mehr werden. Der konnte unter ähnlichen Bedingungen schon wesentlich Aufregenderes zaubern.

Aber bevor das jetzt nach einer totalen Katastrophe klingt, möchte ich auch noch einige Pluspunkte anführen. Petern Kern ist ein guter und überzeugender Schauspieler, Peter Kern ist wahrscheinlich auch, so er die Mittel hätte, ein gar nicht mal so übler Regisseur. Er erzeugt gute, ausdrucksstarke Bilder, er lässt die Kamera sehr geschickt führen (also sicher besser als unser heimischer "Big-Budget-Regisseur" Harald Sicheritz), er montiert aufregende Sequenzen, zitiert durch seinen orchestralen Score sogar den Pomp Hollywoods und schafft durchaus eindringliche Augenblicke voller Emotionen wie Zärtlichkeit oder Wut. Aber das sind meistens stille, menschliche Momente, die eigentlich nichts mit den künstlerischen Intentionen, dem Diskurs, den dieser Film beschreiten möchte, zu tun haben.

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FAZIT:

Was kann ein Film alles tun? Er kann unterhalten, beunruhigen, aufrütteln, ärgern, amüsieren, provozieren, überfordern, berühren ...
King Kongs Tränen tut nichts davon. Und wie heißt es so schön: Das Leben ist zu kurz für mittelmäßige Filme. King Kongs Tränen ist mittelmäßig, überstrahlt mit seiner krampfhaft Bemühtheit echt und bedeutend zu sein, seine starken Momente, als dass er sie unterstreicht. Wir haben es im Endeffekt mit einem Kunstfilm zu tun, der den Dingen, die er anprangert, nichts (Neues) entgegenzusetzen hat.

Peter Kern als Auteur verdient dennoch Aufmerksamkeit, denn er versucht zumindest wie gesagt "echte und bedeutende Filme" (ab mit der Digitalkamera aufs öffentliche Klo;-) zu drehen. Drücken wir in diesem Fall ein Auge zu, und freuen uns auf auf sein nächstes, hoffentlich ergiebigeres Werk: "Die Mörderschwestern".

Kinostart am 17. Juni 2011

WERTUNG: 5 von 10 Hirnlappen
TEXT © Ralph Zlabinger
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Dein Kommentar >>
Harald | 02.06.2011 13:46
Ich glaube, Peter Kern ist ein bissl der Uwe Boll unter den Autorenfilmern. Das ist nicht abschätzig gemeint. Ich mag Uwe Boll. Irgendwie zumindest.
Christoph von Moodyhorn | 04.06.2011 10:26
Also der Trailer allein erinnert mich an die Machart von Thomas Brezina Serien ala Tom Turbo...
>> antworten
Marcel | 02.06.2011 00:14
Na, immerhin hat mich die Review daran erinnert, mit die Insel der blutigen Plantage noch zulegen zu müssen. War also nicht ganz umsonst. ;-)
Ralph | 02.06.2011 10:07
Und ich bemerke gerade der Trailer ist auch besser als der Film. ;-)
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