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Lautlos im Weltraum

Lautlos im Weltraum

OT: Silent Running
SCIENCE-FICTION: USA, 1972
Regie: Douglas Trumbull
Darsteller: Bruce Dern, Cliff Potts, Ron Rifkin, Jesse Vint

STORY:

Ein unbekannter Zeitpunkt in der Zukunft. Die gesamte Natur auf der Erde ist zerstört. Die Menschen ernähren sich deshalb einzig von synthetischen Essen. Im All treibt einsam eine Raumschiff-Flotte aus vier Schiffen, eine moderne Arche-Noah. Unter gewaltigen Glaskuppeln bergen sich die letzten überlebenden Pflanzen und Tiere. Eines der Raumschiffe - die "Valley Forge" - hat vier Besatzungsmitglieder. Unter ihnen befindet sich Freeman Lowell (Bruce Dern), der seit acht Jahren die Flora und Fauna in seinem Raumschiff pflegt.

Eines Tages befielt die Bodenstation das Projekt aus Kostengründen aufzugeben und die Kuppeln mittels kleiner Atombomben zu sprengen. Die Crewmitglieder der Valley Forge reagieren auf diese unerwartete Wendung sehr unterschiedlich. Lowells Kollegen, die dem ganzen Biokram eh nicht viel abgewinnen können, freuen sich bereits auf die Heimkehr zur Mutter Erde. Der grüne Finger Freemann ist hingegen vor Schreck wie erstarrt. Als seine Kollegen mit den Sprengungen beginnen, beschließt Freemann alles Notwendige dafür zu tun, damit das letzte Biotop überleben wird...

KRITIK:

LAUTLOS IM WELTALL ist ein Öko-Thriller im All. Im Original heißt der Film SILENT RUNNING, womit in der Militärsprache lautlos treibende U-Boote bezeichnet werden. Dies passt zu dem radikalen Vorhaben Freemans, die bedrohte Öko-Flotte im All lautlos aus dem Sichtbereich der bösen Bürokraten der Bodenstation zu bewegen. Nur macht eine ökologisch korrekte Botschaft noch lange keinen künstlerisch überzeugenden Film...

Es gibt sie: die bereits beträchtlich in die Jahre gekommenen Sci-Fi-Filme, die trotzdem keinen Deut Staub angesetzt haben. Stanley Kubricks 2001 - ODYSEE in WELTRAUM (1968) treibt dem geneigten Cinephilen aufgrund seiner gestalterischen Perfektion noch heute die Freudentränen in die Augen. Andrei Tarkowskis SOLARIS (1972) lässt mit seinem philosophischen Tiefsinn Steven Soderberghs unsäglich flaches Remake reichlich alt aussehen. George Lucas schuf mit seinem Debütfilm THX 1138 (1971) ein berührendes gesellschaftskritisches Werk, dessen zeitloses minimalistisches Design noch heute überzeugt. Mit allen drei Filmen verbindet LAUTLOS IM WELTALL etwas. Trotzdem ist der Öko-Sci-Fi-Film weit davon entfernt die Qualitäten der genanten Filme zu zeigen.

LAUTLOS IM WELTALL ist das Regiedebüt von Douglas Trumbull, der zuvor bereits bei anderen Science-Fiction-Filmen als Special Effects-Spezialist gearbeitet hatte. Für 2001 hat er sogar einen Oscar für die Effekte erhalten. Eine ursprüngliche für Stanley Kubricks Film geplante Sternentor-Sequenz hat Trumbull für LAUTLOS IM WELTALL receycelt. Doch dazu später. Nach 2001 war Trumbell für die Effekte bei ANDROMEDA - TÖDLICHER STAUB AUS DEM ALL (1971) zuständig, seines Zeichens der allererste Öko-Katastrophen-Sci-Fi-Film. Somit war auch bereits die Thematik gefunden. LAUTLOS IM WELTALL wurde 1971 gedreht, also im selben Jahr wie THX 1138, kam jedoch erst ein Jahr später in die amerikanischen Kinos, also 1972, dem Jahr , in dem auch Tarkowskis Meilenstein SOLARIS erschien.

Da bis heute kein einziger amerikanischer Sci-Fi-Film den Tiefgang eines Tarkowksi-Films wie SOLARIS oder STALKER erreicht, wäre es unfair das kleine B-Movie LAUTLOS IM WELTALL an dem Output des russischen Regie-Giganten messen zu wollen. Sehr wohl vergleichen kann man den Film jedoch mit THX 1138. Der war erstens ebenfalls das Erstlingswerk von George Lucas. Zweitens war er ein von Francis Ford Coppola produzierter Independentfilm, dem deshalb ebenso wenig ein ausuferndes Budget zur Verfügung stand. Allerdings machte Lucas diese finanziellen Beschränkungen mit einem großen Maß an Kreativität und Können mehr als wett. Doch LAUTLOS IM WELTALL verströmt bereits ab der ersten Einstellung einen unangenehmen 70er-Jahre-Muff, der den heutigen Zuschauer tödlicher, als jeder aus dem All stammende Staub trifft.

Immerhin geizen die reichlich altbackenen Effekte nicht mit skurrilen Details: Die Innenaufnahmen fanden auf einem umgebauten ehemaligen Flugzeugträger statt, der sowohl im Korea-Krieg, als auch in Vietnam zum Einsatz kam. Ihm zu Ehren wurde sein Name "Valley Forge" auch zum Namen des späteren Raumschiffs im Film. Alle Außenaufnahmen entstanden mit Hilfe eines mit acht Meter Länge recht stattlichen Modells, das im fertigen Film jedoch jederzeit als ein solches erkennbar ist. Dass dieses Modell mehr nach Spielzeug, als nach Raumschiff aussieht, mag in der Herkunft seiner Bauelemente begründet sein: Hier kamen nicht weniger als 850 japanische Modellbaukästen für deutsche Panzer (!!!) zum Einsatz...

Äußerst knuffig sind auch die drei kleinen Roboter, welche die gute Seele Freeman vom schnöden 1, 2 und 3 in Huey, Dewey und Louie umbenennt, wie Donald Ducks Neffen Tick, Trick und Track im amerikanischen Original heißen. Die lustigen Jungs wirken wie eine frühe Trash-Version von R2D2. Allerdings stecken keine kleinen Kinder und auch keine Kleinwüchsigen in den kleinen elektronischen Helfern. Diese wurden nämlich sehr pragmatisch von mehrfach amputierten Erwachsenen bedient. Daran darf man beim Betrachten des Films gerne denken, wenn Joan Baez das unglaublich kitschige "Rejoice in the Sun" oder den gleichfalls schmalzigen Titel "Silent Running" intoniert...

Aber mehr als alles andere ist LAUTLOS IM WELTALL die Ein-Mann-Show von Bruce Dern, der das kleine Häschen liebende Blumenkind im All verkörpert. Das "Spiel" des Papas von Lara Dern (BLUE VELVET) lässt sich wie auch der gesamte Film grob in drei Phasen einteilen. Das erste Drittel ist durch eine krasse Gesichtserstarrung geprägt, die Freeman Lowells Schockzustand zeigen soll. Darauf folgt eine Phase des unkontrollierten Grimassierens, welche scheinbar den gewaltigen inneren Kampf des Helden visualisiert. Nur im letzten Drittel wirken Film und Schauspiel recht differenziert. Auf Jux und Tollerei folgt auf einmal bitterer Ernst. Das verdirbt zwar die nette Flower-Power-Stimmung, macht den Film schlussendlich jedoch trotz allem sehenswert und filmhistorisch relevant.

Lautlos im Weltraum Bild 1
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FAZIT:

Der aus dem Jahr 1972 stammende Sci-Fi-Film LAUTLOS IM WELTRAUM ist alles andere, als ein Meilenstein des Genres, ist für eingefleischte Sciene-Fiction-Fans und für beinharte 70er-Jahre-Freaks aber trotzdem nicht uninteressant. Am 17. April kommt der Film bei Koch Media auf einer Blu-ray mit wunderschönen Bild heraus.

WERTUNG: 6 von 10 liebevoll gepflegte Blümchen im Weltraum
TEXT © Gregor Torinus
Dein Kommentar >>
Peter | 29.09.2019 09:57
Ein ganz toller Film.
Natürlich muss man berücksichtigen dass in damaliger Zeit die technischen Möglichkeiten noch nicht so ausgereift waren wie heute. Bei den Einstellungen mit den Liedern von Joan Baez bekomme ich heute noch eine Gänsehaut.
Die schlechte Kritik hat der Film nicht verdient.
Vielleicht sollte es mal ein Remake geben.
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Rainer | 03.11.2018 07:56
Wie man den allerbesten SF-Film aller Zeiten so schlecht bewerten kann ist mir ein Rätsel!
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