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Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll

Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll

OT: Behind the Candelabra
DRAMA: USA, 2013
Regie: Steven Soderbergh
Darsteller: Matt Damon, Michael Douglas, Rob Lowe, Dan Aykroyd, Scott Bakula, ...

STORY:

Valentino Liberace (Michael Douglas) ist Starpianist und Entertainer allererster Güte, der es perfekt versteht seine große und anspruchsvolle Kunst fürs Massenpublikum zu verpacken, indem er seine Shows mit schrillen Kostümen, gewagten Setdesigns und halbgaren Späßen garniert. Natürlich war dieser Liberace auch ein Frauenschwarm, als Kind seiner Zeit blieb ihm auch gar nichts anderes übrig. Denn in wirklichkeit fühlte er sich zu -vornehmlich- jungen Vertretern seines eigenen Geschlechts hingezogen. Dieser Film erzählt von seiner - vermutlich - längsten und intensivsten Beziehung zu einem jungen Mann, dem naiven Schönling Scott Thorson (Matt Damon)...

KRITIK:

Es ist eine dieser ganz großen Illusionen und Denkfehler, die Vergangenheit zu verklären  -vor allem, weil man aufgrund dieses "Früher war alles besser!"-Fehlschlusses scheinbar leichter dazu neigt rechtskonservative Parteien zu wählen-, aber nachdem der Vorhang nach Liberace gefallen war, dachte ich mir, dass es sich so wohl angefühlt haben muss, das Kino, bevor nur noch Plastikschrott von der Leinwand tropfte. Liberace hat sich so unwirklich klassisch und gut angefühlt, so unaufgeregt. So unaufdringlich. So nachvollziehbar. So frei von jeglicher Kunstfilmplatitüde, weil eben ganz ohne Arroganz oder überzogenem Sendebewusstsein und filmtechnischen Mätzchen. Und so kitschfrei, was bei diesem Thema gar nicht so einfach gewesen sein kann. So fein dahingleitend, unterhaltsam, berührend, aber ohne jegliche Schnörkel, geschmackslose Momente und moralische Belehrungen.

Man merkt schon, es ist eigentlich viel leichter zu sagen, was der Film nicht war, als was er war. Kurz zusammengefasst, mir sind keine Fehler aufgefallen. Es gab nichts, das man (ich) bemängeln konnte. Keine Ahnung, ob das aus Liberace automatisch einen guten Film macht, aber es war schon faszinierend, wie Steven Soderbergh das durchgehalten hat, seine beiden extremen Protagonisten durch ein Jahrzehnt von Höhen und Tiefen zu begleiten ohne sich über sie lustig zu machen, sie bloßzustellen, sie zu ernst zu nehmen, sie zu ikonisieren, sie zu verheizen oder auszubeuten.

Da haben wir einen schrecklich von sich selbst und seinem (ich wage es jetzt einfach mal zu sagen;-) schwulen Geschmack eingenommenen Künstler (Michael Douglas in der Rolle seines Lebens, da sieht Gordon Gekko echt alt aus daneben), der von seinem Narzissmus beseelt seine jungen Liebhaber nach seiner Gestalt formen möchte, und trotzdem nicht zum Täter degradiert wird. Und auf der anderen Seite den jungen Liebhaber (nicht minder beeindruckend Matt Damon, obwohl mit seinen 42 Jahren eigentlich viel zu alt für die Rolle), der mit etwas zynischerem Blick sicher ein Verlierer und Schwächling ist, und sich den Allüren seines Gott/Vater/Mentor/Mannes/Führers quasi bedingungslos ausliefert, aber eben doch niemals zum bloßen Opfer oder zur rein tragischen Figur verkommt.

Ja verdammt, Steven Soderbergh hat sich die Zeit genommen von diesen beiden Figuren so ausführlich und detailliert zu erzählen, dass einmal ein Biopic herausgekommen ist, das eben nicht nur formelhaft durch einzelne achso bedeutende Momente der Leben, die es zu erzählen gilt, rast und durch verkürzte Darstellungen und simple Psychologisierung außer einem schalen Nachgeschmack nichts in den Köpfen der Zuseher zu hinterlassen vermag. Dass er dafür das Kino aufgeben musste/wollte, erscheint natürlich wie ein großes Opfer. Aber wenn HBO ihm erlaubt fürs Fernsehen SOWAS zu drehen, dann kann ich damit leben. Dann kann ich auch damit leben, dass fürs Hollywoodkino nur mehr reines Entertainment produziert wird. Ja, das Kino ist tot, aber solange der Film weiterlebt, soll es mir recht sein. Liberace ist ein Film, der pulsiert und lebt, und so ist es gut.

Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll Bild 1
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Liberace - Zu viel des Guten ist wundervoll Bild 6
FAZIT:

"Zuviel des Guten ist wundervoll" lautet das Credo des Künstlers Liberace. Steven Soderbergh beweist das Gegenteil durch die komplette Umkehrung dieses Prinzips. Liberace wurde ein feines und ungewöhnlich berührendes Biopic, weil es sich statt auf visuelles Spektakel und dramatische Effekthascherei auf eher stille filmische Qualitäten wie Simplizität, Effizienz und Geduld besinnt, aber gerade dadurch in das Herz des Zusehers umso effektiver erobert. Von den Leistungen der ausgezeichneten Darsteller braucht man gar nicht zu reden. Sehr sehenswert.

WERTUNG: 8 von 10 dicken Klunkern
TEXT © Ralph Zlabinger
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