DRAMA: F, 2004
Regie: Christophe Honoré
Darsteller: Isabelle Huppert, Louis Garrel
Pierre ist bei seinen Großeltern aufgewachsen. Seine Eltern laden ihn in ihr Ferienhaus am Strand ein. Nach dem tödlichen Unfall seines Vaters reißt ihn seine Mutter mit ihrer ausufernden Sexualität in einen Sog der Triebhaftigkeit, der schließlich im Inzest endet. Nach der Romanvorlage von George Bataille.
Alles F***** außer Mutti! Das lernt man hierzulande bereits von bedruckten T-Shirts.
Und T-Shirts haben immer Recht. Sag ich jetzt mal einfach. Doch es scheint, dass besagte Leiberl in Frankreich nicht auf dem Markt sind. Dieser Pierre hier erliegt der Anziehungskraft seiner Mutter sofort. Widersetzt sich den Initiationsriten nicht, die sie gezielt einleitet. Lässt sie zuschauen, während er in einer Fußgängerzone seine Unschuld verliert.
Sie ist eine Hure, eine Person, die man nicht respektiert. So Frau Mama über sich selbst. Die Tabulosigkeit endet nicht einmal vor dem eigenen Fleisch und Blut. Während sie anfangs schaut, dass er mit den wildesten Weibern der Insel alle sexuellen Spielchen erlernt, die er bisher versäumt hat, knöpft sie ihn sich gegen Ende selbst vor.
Und der Tod ihres Mannes hat auch niemanden getroffen. Das erinnert an The Doors, als sie meinten: "Father, I want to kill you. Mother, I want to fuck you all night long."
Kamera und Musik sind schön. Die Handkamera bewegt sich sehr nahe an den Darstellern, und die Musik ist passend gewählt und eingesetzt. Die Schauspieler sind großartig und spielen ihre Rollen sehr glaubwürdig.
Trotzdem: Inzest ist natürlich immer ein schwieriges Thema. Zwar hat es durchaus Berechtigung, aber die Motive sind schwer nachzuvollziehen, weil die Hemmschwelle bei psychisch einigermaßen stabilen Menschen immer sehr hoch liegt. Und hier wird es dem Zuschauer insofern nicht leicht gemacht. Gut, der Junge war bei Oma und Opa, die Mutter ist aufgrund der Distanz wohl ein wenig verherrlicht worden. Ödipus lässt grüßen.
Aber bei derart harschen Aufforderungen zur Kopulation würde man zumindest ein wenig Irritation erwarten.
Der Junge tut aber bereitwillig, wie ihm geheißen.
Da würde mich interessieren, ob das Buch mehr Aufschluss über das
Seelenleben des Jungen gibt und ob der Film hier nicht auch - vielleicht durch Gedankengängen aus dem Off -
ein wenig mehr kommunizieren hätte können. Hinzu kommt noch, dass der Bub sehr christlich erzogen wurde. Zwar widmet er sich immer wieder dem Gebet, seiner Libido tut das aber keinen Abbruch.
Inzest heißt - in diesem Fall - Sex mit der eigenen Mutter. Eine Mutter ist sie ihrem Sohn, bis auf das Biologische, nie gewesen. Unfähig ihn großzuziehen, mussten das die Großeltern des Jungen übernehmen. Das heißt auch, dass die Mutter-Kind-Beziehung sich hier nie wirklich geformt hat.
Noch einen Tipp an Sprachkundige: Wer Französisch kann, schaut sich Ma Mère
am besten im Original an. Und wer nicht, dem sei das Original mit Untertiteln empfohlen.
Die abgehackt wirkenden Dialoge sind im Deutschen oft eigenartig, zur französischen Sprache passen sie besser.
Kein lockerleichter Unterhaltungsfilm. Eine schonungslose Geschichte, die an die Nieren geht und auch zum Nachdenken anregt. Wer auf Filme steht, die es einem nicht leicht machen, der sollte ihn sich anschauen.
Kinostart in A: 20.7.2007