ACTION: USA, 2013
Regie: Robert Rodriguez
Darsteller: Danny Trejo, Mel Gibson, Amber Heard, Jessica Alba, Michelle Rodriguez, Lady Gaga, Charlie Sheen,
Machete hat einen schlechten Tag: Seine Freundin wurde ermordet. Und ein texanischer Redneck-Sherrif, der Richter, Geschworene und Henker in Personalunion mimt, legt unserer mexikanischen Ein-Mann-Armee eine Schlinge um den Hals. Der rettende Anruf von US-Präsident Charlie Sheen kommt keine Sekunde zu früh. Ein psychopathischer mexikanischer Rebellenführer/Kartellboss/Geheimagent hat eine Rakete auf Washington gerichtet, und nur Machete kann die United fucking States of America noch retten ...
... und wir sitzen Sonntag spätabends im viel zu großen, fast leeren Kinosaal in der Lugner City und harren der Dinge, die da noch kommen werden. Und es kommt so einiges auf uns zu, so viel darf verraten werden.
Pendelte der erste Machete-Film aus dem verkommen Jahre des Herrn 2010 noch zwischen wahrhaftiger Bahnhofskino-Fanliebe und augenzwinkernder Genre-Parodie, die ihre satirischen Giftpfeile bevorzugt in Richtung der amerikanischen politischen Rechten verschoss - der Rezensent der Presse fühlte sich von MACHETE gar an klassische Italowestern erinnert, was den politischen Subtext anbelangte - so gibt's im Sequel MACHETE KILLS überhaupt kein Halten mehr. Alle Regler wurden konsequent nach oben gedreht: Noch mehr Action, noch mehr vollkommen absurde Polt-Twists, noch mehr launige One-Liner - "Machete don't joke" - und Hommagen an Gott und die Welt und Rodriguez' eigenes Oeuvre.
MACHETE KILLS dürfte wohl das erste Werk der Filmgeschichte sein, das mit seinem eigenen Trailer beginnt. Machete kills again - in Space. Doch bis es so weit kommt, muss unser furchengesichtiger Klingen-Schwinger erst einmal auf Mutter Erde für Ordnung sorgen, genauer gesagt an der Grenze zwischen Mexiko und den Vereinigten Staaten.
Dorthin hat das Drehbuch des bislang unbeschriebenen Blattes Kyle Ward allerlei (zwangs)originelle Charaktere platziert: Da hätten wir den Selbstjustizler-Sheriff, der seine Gefangenen der Einfachheit halber gleich im Wachzimmer aufknüpft, die schwer bewaffnete Redneck-Bande, die auf alles schießt, was irgendwie ausländisch aussieht, die obligatorischen Kartelle, mit denen bekanntlich nicht gut Kirschen essen ist, einen formwandlerischen Killer (Lady Gaga!), der sein Gesicht öfter wechselt als andere Menschen ihre Unterwäsche und zu guter Letzt noch einen Super-Bösewicht (Mel Gibson!), dem die zerstörte Welt nicht genug ist.
Der - vorsichtig ausgedrückt - experimentelle Plot dient dabei vorrangig als Aufhänger für absurd überdrehte und absichtlich (?) grottige CGI-Massaker, bei denen Baddies im Dutzendpack von Rotorblättern geköpft und um ihre Eingeweide erleichtert werden. Lustig ist der Film trotzdem oder gerade deshalb, je nachdem, was man sich erwartet hat. Robert Rodriguez dürfte selbst klar gewesen sein, dass er den Überraschungs- und Originalitätsfaktor des ersten Films nicht wiederholen kann. Die gute Nachricht: Die Mehrzahl der Pointen zündet trotzdem - auch wenn Euch diverse Verrisse in Funk, Print und Web das Gegenteil weißmachen wollen. Wie schon letztens beim COUNSELOR gilt: Don't believe the negative hype, MACHETE KILLS ist zwar kein wahnsinnig toller, aber auch kein schlechter Film.
Ich hatte übrigens das große Vergnügen, den Film mit Live-Audiokommentar aus dem Publikum verfolgen zu dürfen. Das kam so: Links von mir hatte ein junges Pärchen Platz genommen; er mutmaßlicher Bankangestellter, sie Typ Medizinstudentin, die sich sicher gegenseitig mit kreativen Kosenamen wie "Mausi", "Hengsti" oder "Bärli" ansprechen - zumindest vermute ich das, da sie sich bei jedem Macheten-Hieb auf der Leinwand reflexartig in seine starken, schützenden Arme flüchtete und dort in Schockstarre verharrte, bis: "Sag, wenn's vorbei ist!". Die beiden wußten aber auch wirklich jeden Blutspritzer auf der Leinwand mit einem fachkundigen Kommentar zu versehen: "Wäh, wie grauslich. Was für ein kranker Scheiß. Mah, wie brutal! Komm, wir gehen."
Den Auftritt von Lady Gaga haben die zwei Grindhouse-Novizen leider nicht mehr mitbekommen. Und als Mel Gibson das letzte Film-Drittel mit beträchtlichem schauspielerischen Einsatz an sich reißt und MACHETE KILLS zur Bond-Parodie macht - nein, veredelt, werden Herr Bankangestellter und Frau Medizinstudentin wohl schon in der Tiefgarage der Lugner City am Rücksitz ihres VW Golfs ein wunderschönes Baby gezeugt haben. Vielleicht lief dazu Lady Gaga im Autoradio.
Exploitation-Zitate, aufgeladen mit politischem Bewusstsein. CGI-unterstützte Metzeleien Non-Stop. Ein Super-Bösewicht, der jedem Bond-Film zur Ehre gereicht hätte. Gaga-Gags hart an der Schmerzgrenze und mittendrin der unverwüstliche Danny Trejo als Macheten schwingende Solo-Kampfmaschine from Mexiko. Ich versteh ja die miesepetrigen Verrisse nicht wirklich. Zumindest meinem leicht zu unterhaltenden Wesen hat MACHETE KILLS (fast) genau so viel Spaß gemacht wie sein Vorgänger.