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GOOD MOVIES FOR BAD PEOPLE
Mammut

Mammut

OT: Mammoth
DRAMA: S/DK/D, 2009
Regie: Lukas Moodysson
Darsteller: Marife Necesito, Natthamonkarn Srinikornchot, Sophie Nyweide, Michelle Williams, Gael García Bernal

STORY:

Die Tochter, die Mutter und der Vater formen eine perfekte westliche Familie, doch das Bildnis beginnt zu bröckeln. Gloria arbeitet für die perfekte Familie, sie muss Geld verdienen, denn zuhause auf den Philippinen hat sie selbst zwei Söhne. Die Thailänderin Cookie hat auch ein Kind und um dessen Wünsche erfüllen zu können, erfüllt sie die Wünsche westlicher Touristen...

KRITIK:

Die perfekte Familie der westlichen Welt: Während Vater und Mutter erfolgreich ihrer spannenden, durchaus gesellschaftlich wertvollen, jedenfalls aber finanziell lukrativen Arbeit nachgehen, werden in der im modern-klassischem Stil gehaltenen Riesenwohnung die aufgeweckten und überaus smarten Kinder von mehrwertbringenden Betreuungskräften versorgt, die aufgrund ihrer ethnischen Herkunft zwar billige Arbeitskräfte darstellen, deren Entlohnung ihnen aber immer noch zu einem besseren Lebensstandard und erweiterten Zukunftsperspektiven für ihre eigenen Sprösslinge verhilft. MAMMUT dekonstruiert dieses Bildnis nachhaltig.

Die Mutter (Michelle Williams) läuft. Noch auf der Stelle, auf einem Laufband mit Blick auf New York um sich für den ärztlichen Alltag fitzuhalten, doch bald schon hinter etwas her. Auch der Vater (Gael Garcia Bernal) läuft. Noch in seinen heißgeliebten Jump 'n' Run´ Games mit denen er viel Geld verdient, doch bald schon vor etwas weg. Die Tochter (Sophie Nyweide) rennt im familiären Dreieck hin und her. Zu diesem gehört, zumindest für die Kleine auch Haushälterin und Kindermädchen Gloria (Marife Necesito). Gloria ist von ihrer Heimat (den Philippinen) weggelaufen, jedoch nur um in Amerika Geld für ihre Kinder zu verdienen, deshalb wünscht sie sich nichts sehnlicher als wieder zurückzugehen.

Das familiäre Stilleben, das zu Beginn von MAMMUT noch zu stimmen scheint, zersetzt sich zunehmend. Dabei geht die schwedisch-dänisch-deutsche Konglomeratsproduktion zunächst sehr bedachtsam vor. Regisseur Lukas Moodysson, der auch für ein technisch einwandfreies Buch verantwortlich zeichnet, lässt dem Publikum Zeit sich ein wenig in die Familie einzuleben, auch wenn gedeihlich eine gewisse Unruhe durch die Agierenden erzeugt wird. Dann geht alles immer schneller. Der Vater fliegt geschäftlich nach Thailand und möchte seinem Leben entfliehen, die Mutter hetzt von einem ärztlichen Nachtdienst zum nächsten und sehnt sich ihr Leben zurück. Die Tochter hetzt in eine neue Kultur und sucht nach einem familiären Leben und Gloria, die ihr diesen geben möchte, wird zunehmend von ihren eigenen Kindern gebraucht und wünscht sich überhaupt ein Leben.

Die Botschaft scheint klar: Alles Geld der Welt, sei es noch so viel (die Familie), sei es noch so notwendig (Gloria) oder sei es noch so hart verdient (die Prostituierte Cookie) kann nicht glücklich machen. Eigentlich transportiert Mammut diese Message durchaus nachvollziehbar und eindringlich, problematisch wird aber, dass Moodysson zu viele Ebenen gleichzeitig bedienen möchte. Cookie (Natthamonkarn Srinkornchot) beispielsweise, wird ebenso hastig eingeführt wie ich es eben getan habe, zudem hat auch sie einen Sohn, den sie nicht sehen kann. Der Vater erfährt durch ein Verhältnis mit ihr eine absolute Sinnkrise. Die Mutter verliert einen kleinen Patienten und so bricht auch sie zusammen. Glorias Kindern geht es schlecht und ihr Sohn wird vergewaltigt - das ist für ein 120-Minuten-Drama einfach zu viel Stoff.

Stilistisch versucht Moodysson diese Aufgabe im "Babel'schen" Schema, also mit parallel stattfindenden Episoden, zu lösen. Diese Vorgehensweise hat aber beinahe schon zu viel Ähnlichkeit mit seinem Vorbild. Dass MAMMUT trotzdem nicht dessen Intensität erreicht, hat vor allem damit zu tun, dass das Hin-und-Her-Schneiden Moodyssons weniger einer weltumfassenden Parallelmontage sondern vielmehr nationalstaatlichen Einzelbildern gleicht. So werden globale Probleme zu individuellen Schicksalen, die eine expressive Verbindung der dramaturgisch offensichtlich in Verbindung stehenden Akteuren kaum zulässt.

Jede Figur(enkonstellation) hat ihr eigenes Päckchen zu tragen, was auf der einen Seite zur deprimierenden Grundstimmung beiträgt, auf der Anderen aber das Überwinden ethnisch-sozialer Grenzen verhindert. Eigentlich ein wirksames Stilmittel, das jedoch durch einen westlich-affirmativen Epilog relativ reaktionär anmutet. Denn während die, zumindest seelisch geläuterten, Amerikaner Jackie, Ellen und Leo Vidales zurück in die Obhut der, im modern-klassischem Stil gehaltenen, Riesenwohnung, der spannenden, durchaus gesellschaftlich wertvollen, jedenfalls aber finanziell lukrativen Arbeit und der perfekten Familie finden und faktisch nicht bestraft werden, müssen die thailändische Prostituierte durch ihr Leben und die in ihr Heimatland zurückgekehrten Haushaltshilfe durch die Vergewaltigung ihres Sohnes für etwaige Fehler büßen...

Mammut Bild 1
Mammut Bild 2
Mammut Bild 3
Mammut Bild 4
Mammut Bild 5
Mammut Bild 6
FAZIT:

Lukas Moodyssons Intentionen sind allerehrenwert. Mit Bedachtsamkeit versucht sein Film ein Statement über Moral und Ethik, vor allem aber über das Wichtige und Richtige im Leben abzugeben. Leider wird dieses über zu viele Handlungsepisoden konstruiert, sodass keine emotionale Verknüpfung zwischen den einzelnen Akteuren entstehen kann. Dass die westlichen Jackie, Ellen und Leo zwar seelisch geläutert, faktisch aber nicht bestraft werden, während "die Anderen" aber büßen müssen, verleiht MAMMUT einen fahlen Beigeschmack.

WERTUNG: 6 von 10 Pen of the Year 2006
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