MYSTERY/HORROR: CH, 2007
Regie: Markus Fischer
Darsteller: Corin Curschellas, Eva Dewaele, Jessica Früh, Mavie Hörbiger
Eine junge Frau taucht wie aus dem Nichts aus einem See auf. Niemand scheint sie zu kennen, zu vermissen und aus irgendeinem Grund spielen medizinische Geräte in ihrer Nähe verrückt. Da sie zudem mit niemanden spricht, wird sie in eine psychiatrische Klinik eingeliefert. Der frisch verheiratete Psychiater Simon Cavegn, der sie aus den See gefischt hat, wird auf die unbekannte Schönheit angesetzt. Je mehr er sich mit der mysteriösen Wasserfrau beschäftigt, desto klarer wird ihm, das sie ein düsteres Geheimnis mit sich trägt, ein Geheimnis, das auch mit seiner eigenen Geschichte, seinen Vorfahren zu tun hat und mit dem Ort, aus dem seine Ahnen stammen: Marmorera.
KRITIK:Schweiz - Das Land des Käses, der Schokolade, der Uhren und der Filme. Na ja,
letzteres vielleicht nicht unbedingt. So auf die schnelle fallen mir jetzt nicht
gerade viele filmische Ergüsse der Eidgenossen ein, aber was noch nicht ist, kann
ja noch werden. Zumal der Schweizer Mysterythriller Marmorera Lust auf mehr macht.
Marmorera wartet mit den üblichen Zutaten für einen Mysterythriller auf: einen
mystischen Background (das Geheimnis), einen Helden, dessen Geschichte irgendwie
damit zusammenhängt, einer mysteriösen Fremden, einen sich verdächtig
verhaltenden komischen Kauz und streckenweise recht holprigen Dialogen.
Hinzu kommen ein paar recht ungewöhnliche, für eine solche Produktion auch recht
brutale, teilweise ziemlich makabere Todesfälle, die bisweilen nicht eines
gewissen Trashfaktors entbehren. In solchen Momenten sieht man, dass das
filmische Budget wohl nicht an Hollywoodstandards heranreichte, die Effekte sind von
Produktionen wie beispielsweise Final Destination weit entfernt, doch wie in
Final Destination wurden unterschiedliche Todesarten ausprobiert, die aber im
Falle von Marmorera alle irgendwie mit den Ereignissen aus vergangen Tagen zu haben.
Nicht ganz klischeefrei, dafür jedoch umso bissiger, fallen Simons Versuche,
Kontakt zu den verschlossenen, wortkargen Dorfbewohnern aufzubauen, aus. Dafür
wurde der Bruch der jungen Generation mit dem archaischen Dorfleben umso besser in
den Film integriert.
Auch der Versuch, den Film um surreale Momente zu bereichern, gelang überraschend
gut. Hier liegen eindeutig die Stärken des Films. Ein besonderer Reiz liegt
natürlich auch in der Landschaft. Die oftmals leicht surrealen, brutalen Szenen
wollen so gar nicht in die idyllische Naturkulissen, die auch aus einem schlechten
Heile-Welt-Herzschmerz-Film stammen könnten, passen.
Marmorea bietet Spannung, einfallsreiche, auch recht brutale Todesarten, ein nettes
Mysterium, sogar einige leicht surreale Momente vor naturbelassener Kulisse und kommt
recht ambitioniert und experimentierfreudig daher. Das hört sich ja recht viel
versprechend an, doch leider hat der Film auch einige deutliche Schwachpunkte. So
sind die Dialoge nicht immer wirklich gut gelungen und auch der Hauptdarsteller kann
nicht so ganz überzeugen. Die restlichen Darsteller hingegen bleiben durchwegs
positiv in Erinnerung. Die Effekte und dergleichen sind natürlich auch nicht auf
extrem hohem Niveau. Und auch ein paar Klischees weniger hätten nicht geschadet.
Positiv in Erinnerung hingegen bleibt die Kameraarbeit, die den Film deutlich von
irgendwelcher TV-Dutzendware abhebt und die es nicht nur schafft, die Kulisse
richtig zur Geltung zu bringen, sondern auch für die richtige Atmosphäre sorgt,
mal düster und mal verspielt. Kein Wunder, stammen die Bilder doch von keinem
geringeren als Werner Herzogs Haus- und Hofkameramann Jörg Schmidt-Reitwein. Und
auch der großartige Score trägt einiges zum Gelingen des Films bei.
Marmorea ist im Grunde recht schwer einzuordnen, Landschaft und einige Szenen
könnten durchaus aus einem zeitgenössischen deutschen Drama stammen, wenn nur die
teilweise doch auch sehr makabren, im wahrsten Sinne des Wortes auch unappetitlichen
Szenen nicht wären
Wer hätte gedacht, dass es in der Schweiz neben Uhren, Käse, tiefen Seen auch uralte Flüche und Meerjungfrauen gibt? Klar, Marmorera ist jetzt nicht unbedingt eine filmische Offenbarung, braucht sich aber hinter 0815-Mysterythrillerware von der Stange nicht zu verstecken und ist zudem um eine Ecke sympathischer, trotz einiger Schwächen.