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Mein Leben ohne mich

Mein Leben ohne mich

OT: My Life Without Me
DRAMA: CAN/E, 2003
Regie: Isabel Coixet
Darsteller: Sarah Polley, Scott Speedman, Deborah Harry, Mark Ruffalo

STORY:

Die dreiundzwanzigjährige Ann erfährt, dass sie nur noch kurze Zeit zu leben hat. Sie entschließt sich, niemandem zu erzählen, dass sie sterben muss, nicht einmal ihren nächsten Verwandten. Sie schreibt zehn Dinge auf, die sie noch tun will, bevor sie stirbt.

KRITIK:

Ganz ehrlich. Ich weine gern. Und schon so manche Filme brachte mich Sentimento zum Weinen. Edward mit den Scherenhänden, Terminator 2 oder auch Gladiator. Und sowieso bei fast allen Filmen der Neunziger mit Tom Hanks liefen mir am Ende die Tränen über die Wangen. Aber was bitte ist so traurig in Stadt der Engel? Die doofe Kuh, warum nimmt sie auch die Hände von der Lenkstange? Ne! Da hab ich nicht geweint. Fand ich blöd.

Das letzte Mal weinte ich aber bei Mein Leben ohne mich. Vielleicht weil er mich so berührte, dass diese Berührung fast schon persönlich wurde. Man sitzt da und denkt über diese Person nach, die in diesem Film dargestellt wird, setzt sich an die Stelle, überlegt und schweigt. Irgendwann drückt die Traurigkeit plötzlich das nasse Tuch hinter den Augäpfeln und man weint. Man weint Sarah Polleys Tränen.

Männer weinen hin und wieder. Vielleicht sogar erst nach einem Kinoabend, daheim im Badezimmer. Auf dem Klo oder vor dem Spiegel. Manchmal müssen Männer auch schluchzen. Und selten reicht ihnen jemand ein Taschentuch. Heißt jetzt nicht, dass Kollegen gleichen Geschlechts ebenfalls weinen werden bei Mein Leben ohne mich.

Anschauen sollte man sich diesen melancholischen aber nie depressiv werdenden Film übers Sterben aber auf jeden Fall, zählt er doch zu den rührendsten Werken des modernen Kinos abseits des Mainstreams. Ein Film von einer Frau über eine Frau, einer Mutter, einer Sterbenden. Von Isabel Coixet (Das geheime Leben der Worte, Paris je t'aime). Bis dato dachte ich immer, Frauen bringen mich ausschließlich dann zum weinen, wenn sie sich von mir trennen. ;-)

Es fängt schon großartig an, wenn man zu Beginn des Filmes glaubt angesprochen zu werden. "Du!", heißt es. Sarah Polley schließt man schon nach zwei Minuten ins Herz. Und über die ganze Länge des Filmes wächst und wächst die Sympathie für sie, wird zur Freundin

Eine junge Frau, die ihr Leben noch vor sich hat. Und nach dem Befund plötzlich ihr träumerisches Dasein durchbricht. Man erlebt wie sie als junge Mutter und Ehefrau Abschied vom Leben nimmt. Kein bisschen pathetisch. Es ist umso herzzerreißender, wenn man mit ansieht, wie hingebungsvoll sie das weitere Leben ihrer kleinen Familie plant. Über ihren Tod hinaus. Man könnte theoretisch in jeder Szene zu heulen beginnen.

Es ist ein Film von einer Frau. Und man merkt es, spätestens als Ann die Gefühle eines anderen Mannes erwidert und eine Affäre beginnt. Auch mit diesem sentimentalen Liebesreigen überzeugt der Film bis zum bitteren, subtilen Ende. Kleine humorvolle Einlagen und liebevoll entwickelte Nebenrollen runden den Film zusätzlich ab. Ich hatte wirklich Pipi in den Augen und hoffe nur, dass viele weitere Menschen diesen Film die selbe Aufmerksamkeit schenkt, die ich ihm immer noch schenke! Ich verneige mich vor Sarah Polley und Frau Coixet. Danke, dass ich dabei weinen durfte. Großartig!

Mein Leben ohne mich Bild 1
Mein Leben ohne mich Bild 2
Mein Leben ohne mich Bild 3
Mein Leben ohne mich Bild 4
Mein Leben ohne mich Bild 5
FAZIT:

Nicht zögern. In egal welcher Lebensphase ist es ein Film, der auf etwas Wertvolles aufmerksam macht. Auf was? Findet wohl jeder für sich heraus! Ganz bestimmt!

WERTUNG: 10 von 10 scharfen Ingwerbonbons
Gastreview von Nicolae
Dein Kommentar >>
Friendlys Film-Blog | 15.07.2014 13:21
Ein schöner, leiser Film. Ja - es ist ein Melodram.
Ich mag den Film trotzdem sehr und habe feuchte
Augen, wenn ich ihn sehe. Vor allem deshalb, weil
Ann die Dinge nimmt, wie sie sind und sich dem
Schicksal mit großer Tapferkeit stellt. Sie kämpft
einen hinhaltenden Abwehrkampf, den sie verlieren
wird. Aber auf dem Weg dahin wird sie noch das eine
oder andere zum Guten wenden. Da kann man wieder was
lernen.

Zum Unterschied von "Mein Leben ohne mich" und
"Boyhood": "Boyhood" verlässt sich für meinen
Geschmack zu sehr auf den Echtzeit-Trick mit "Diesen
Film habe ich 10 Jahre lang gefilmt". Die Story ist
ziellos wie das Leben, aber von einem Film erwarte
ich mehr als vom Leben - wie wäre es mit etwas
dichterischer Raffung der Ereignisse? Mit
Zuspitzung? Mit einer Form, die die Aussage
unterstützt? Das alles hat "Leben", und deshalb ist
es bei weitem der bessere Film.

Mehr zum Film: friendly101.blogspot.de/2014/07/mein-
leben-ohne-mich.html
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