DRAMA: FRANKREICH, 1960
Regie: Peter Brook
Darsteller: Jeanne Moureau, Jean-Paul Belmondo
Jeanne Moreau spielt Anna, die gelangweilte Gattin eines Industriellen, die nichts zu tun hat als sich aufopferungsvoll um ihren Sohn zu kümmern und spazieren zu gehen. Eines Tages geschieht ein Mord , der sie aus ihrer Lethargie reißt. Sie ist fasziniert von dem Fall und möchte mehr darüber wissen. Unter den Schaulustigen lernt sie den jungen Fabrikarbeiter Chauvin (Jean-Paul Belmondo) kennen. Die beiden sind fasziniert voneinander. Und erkennen in der Geschichte um den Mord ihre eigene ...
KRITIK:Bei alldem überzüchteten Zeugs, das man so vorgesetzt bekommt, tut es richtig gut wieder einmal einen Nouvelle-Vague-Film zu sehen. Einfache Menschen in einfachen Geschichten, unaufgeregt inszeniert, aber trotzdem mit dieser traumhaft lockeren Kameraführung, die schwarzweißen Bilder aus einer anderen Welt liefert.
In Moderato Cantabile wird, basierend auf dem gleichnamigen Roman von Marguerite Duras, das alte Motiv der Gefangenschaft im goldenen Käfig durchgespielt. Es ist schon faszinierend wie sich diese Variation des menschlichen Schicksals über die Jahre geändert hat.
Juliane Moore in The Hours verließ die bedrückende Enge, musste aber fortan als Monster gelten, Kate Winslet in Zeiten des Aufruhrs bezahlte gar mit dem Leben, Tilda Swinton in I am Love hatte die Sympathien dagegen schon auf ihrer Seite und Amanda Seyfried in Mamma Mia musste gar nicht erst heiraten. Stück für Stück kämpfen sich die Frauen frei.
Jeanne Moreau als Anna hatte nicht so viel Glück. Sie ist auch Teil dieser Bewegung, sie hat aber im Grunde keine Chance, sie ist sozusagen eine Pionierin. Sie kann nicht weggehen, sie ist eine wirkliche Gefangene in einem trostlosen Dasein, ihre kurzes Glück mit dem Arbeiter Chauvin währt nicht lange, sie kann dem langen Atem ihres Ehemannes und der Gesellschaft nicht entkommen.
Jeanne Moreau spielt sich dabei wahrlich die Seele aus dem Leib, ihre melancholische Miene und ihr sich gequält durch die Welt schmiegender Körper erzählen von einem verinnerlichten Schmerz, der es nicht wagt auszubrechen. Sie dafür wurde ganz zu Recht in Cannes als beste Darstellerin ausgezeichnet. In diesem Film kommt es nicht einmal zu einem Kuss, das Verlangen der beiden Liebenden brennt sich ins Zelloluid, kann aber den Druck, der auf ihnen lastet nicht überwinden.
Wir müssen dankbar sein, dass sie es versucht hat, denn das alleine hat schon gewaltigen Mut erfordert.
P.S.: Erschienen ist dieses Schmuckstück zum ersten Mal überhaupt auf DVD bei Colosseo Film.
Moderato Cantabile von Theaterspezialist Peter Brooks (Herr der Fliegen) ist ein einfaches, zärtliches und poetisches Drama über die Ohnmacht einer Frau, der es nicht erlaubt ist so zu leben und lieben wie sie möchte. Sehr sehenswert.