OT: Modesty Blaise
EUROSPY/COMICSTRIP: GB, 1966
Regie: Joseph Losey
Darsteller: Monica Vitti, Terence Stamp, Dirk Bogarde
Modesty Blaise hat ihre große Zeit als Comicheldin hinter sich. Dennoch wird sie vom britischen Geheimdienst engagiert. Ihre Mission: Einem Ölscheich Diamtanten im Wert von 50 Millionen Pfund zu überbringen. Damit sollen die Förderrechte für die Zukunft gesichert werden. Allerdings hat es auf die Diamanten auch der geniale Juwelendieb Gabriel abgesehen. Modesty steht ihm dabei natürlich im Weg...
Peter O'Donnell ließ seinen Comicstrip Modesty Blaise 1963 das Licht der Welt erblicken. Seine Heldin ist jung, sexy und durchtrainiert, schlagfertig im doppelten Sinne und intelligent. Ihr zur Seite steht nicht nur Kumpan Willie Garvin, sondern auch allerlei technischer Schnickschnack. Die Comics entpuppten sich als Knüller und erschienen auch in deutschen Gazetten.
Bereits drei Jahre später Modesty Blaise für die Leinwand adaptiert. Dabei waren sich Autor, Produzent und Regisseur aber wohl nicht einig, wie dies geschehen soll. Peter O'Donnells Drehbuch wurde angeblich so oft umgeschrieben, bis am Ende nur noch eine einzige Zeile des Originals übrig blieb.
Und so ist die Verfilmung eine Parodie und auf einer Metaebenee zugleich Hommage an den eigenen Mythos, ein überquillendes Poptpourri überdrehter Ideen und unaufhaltsamer Spielereien mit Klischees. Nichts und niemand bleibt vom Spott verschont, selbst Fotografieikonen des zweiten Weltkriegs werden zitiert und ins Absurde überdreht. Das geht bisweilen an die Schmerzgrenze, manchmal sogar darüber hinaus.
Aber bei so vielen Einfällen findet der Film keine Balance. Als Summe vieler Einzeleinfälle funktioniert MODESTY BLAISE deutlich besser denn als ganzer Film. Joseph Loseys Regie verliert sehr schnell den roten Faden. Es ist wahrlich nicht leicht, der verwinkelten Story zu folgen, die - wenn man sie versteht - ohnehin mehr Fragen als Antworten liefert. Wer MODESTY BLAISE auf seine Narration reduziert, sieht viel Schatten und kaum Licht.
MODESTY BLAISE ist ein schwieriger Film, der es seinem Zielpublikum nicht leicht macht. Als Comicstrip-Verfilmung enttäuscht er die Fans, da sich weder die Macher noch die Hauptfigur selbst ernst nehmen. Gerade wird der sechste Sinn Modesty Blaises für gefahrvolle Situationen betont, da benimmt sie sich wie ein kleines Kind und lässt sich in der Badewanne übertöpeln.
Aber auch als James-Bond-Parodie tut sich der Film schwer, denn er verzichtet nahezu auf jede Action. Zwar präsentiert er kleine hübsche Gimmicks wie benebelnde Zigarettenschachteln oder den Pfeil-und-Bogen en miniature. Nur erzählt er seine Agentengeschichte so zäh und fast schon gelangweilt, dass mancher Zuschauer bis dahin eingeschlafen ist.
Allerdings ist MODESTY BLAISE ein exzellentes Stück Pop-Art-Psychedelica der 60er Jahre. Ein visuelles Fest in Primärfarben und nie um einen optischen Gag verlegen. Ein Pantomine soll zum Reden gebracht werden, Gabriel trinkt einen violetten Cocktail, in dem ein Goldfisch schwimmt, und die psychedelischen Wandmuster lassen auf diverse Experimente mit LSD schließen. Vielleicht ist es nicht immer leicht, der episodenhaften, unübersichtlichen Handlung zu folgen. Aber jeder Connaisseur von Style und Design der 60er Jahre findet hier sein Elixier.
Mod-Mod-Mod-Modesty. Die unglaublich poppige Leinwandadaptionen einer der Comichelden der 60er Jahre. Ein abschließendes Urteil ist aber schwierig. MODESTY BLAISE nimmt sich selbst zu keiner Sekunde ernst, erst recht nicht seine literarische Vorlage. Außerdem ist er zu lang - auch wenn ich nicht sagen kann, an welchen Stellen man hätte kürzen können. Denn dafür wimmelt es von verrückten Einfällen wie den Geheimbotschaften, die mit künstlichen Kanarienvögeln geträllert werden. Dazu gibt es zahllose Anspielungen und Gags, die sich beim ersten Sehen nicht erschließen. Und Monica Vitti wechselt ihre Frisur mit einem Fingerschnippen.